Pianofabrik Steinway & Sons: Wenn die App statt Lang Lang spielt
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Pianofabrik Steinway & SonsWenn die App statt Lang Lang spielt
Seitdem Investmentguru John Paulson eingestiegen ist, geht es bei Steinway & Sons bergauf. Jetzt bereitet der Piano-Hersteller in Hamburg die erste Innovation seit Jahrzehnten vor: einen selbstspielenden Konzertflügel.
Die Hamburger Fabrik des Herstellers hat alle Umbrüche überstanden.
(Foto: Imago)
Hamburg Christian Juhl-Sørensen hält es nicht aus im mit Klavieren vollgestellten Ausstellungsraum. Schließlich wird doch nebenan, in der Piano-Fabrik, womöglich gerade ein Instrument mit noch besserem Klang fertig. Der 71-jährige Seniorchef des Steinway-Hauses in Kopenhagen schleicht auf eigene Faust durch die Flure, die er seit Jahrzehnten kennt. Hinüber in die Intonierabteilung, wo Abteilungschefin Wiebke Wunstorf gerade mit einem Werkzeug auf die Hämmerchen eines großen Konzertflügel einsticht, immer wieder in den Filz, bis der Ton stimmt – und Juhl-Sørensen sich sicher ist: Der ist es.
Diesen Flügel muss sein Sohn Morten für die Eröffnung der neusten Filiale in Helsinki kaufen, sein Nachfolger, der für die Expansion des elterlichen Betriebs nach Oslo und Stockholm auf eine Anwaltskarriere verzichtet hat.
Es sind jahrzehntelange Verbindungen wie die mir der Familie Juhl-Sørensen, die die Hamburger Fabrik von Steinway & Sons alle Umbrüche hat überstehen lassen: die Erfindung des Radios, die Zerstörung der im Zweiten Weltkrieg, den Aufstieg der Popmusik, mehrere Besitzerwechsel. Das Produkt hat sich derweil so gut wie nicht geändert: klassische Flügel, meist schwarz hochglänzend.
Steinway & Sons - Die Chronik
Der deutsche Auswanderer Henry E. Steinway (geboren als Heinrich Engelhard Steinweg) gründet die Pianofabrik Steinway & Sons in New York.
Sein Sohn Theodore Steinweg siedelt in die USA über und verkauft sein Braunschweiger Unternehmen an Grotrian.
Die erste Steinway-Hall, ein Konzertsaal mit Verkaufsraum, eröffnet in New York.
Eine Fabrik in Hamburg nimmt für den europäischen Markt den Betrieb auf, zunächst als Montagewerk für Fertigteile aus New York, später dann als eigenständige Produktionsstätte.
Das erste Reproduktionsklavier der Marke entsteht, ein automatisch spielendes Instrument.
Das 100.000. Instrument wird ausgeliefert – an das Weiße Haus.
Eine Fabrik in Hamburg-Bahrenfeld erweitert die Produktion.
Die Werke in New York und Hamburg stellen im Weltkrieg jeweils hauptsächlich Rüstungsgüter her. Das Hamburger Werk wird in Luftangriffen weitgehend zerstört.
Die Produktion in Hamburg beginnt wieder.
Die Familie verkauft das finanziell schwache Unternehmen Steinway an das US-Medienunternehmen CBS. Das will eine Gruppe von Instrumenten-Unternehmen aufbauen.
Doch Wandel kündigt sich an. Viele neue Kunden kommen aus China. Und erstmals seit Jahrzehnten entsteht ein völlig neues Produkt – mit Elektronik.
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Da sind zum Beispiel die Flügelgehäuse aus bis zu 20 Lagen Holz, die derzeit im Erdgeschoss der backsteinernen Fabrik gepresst werden. Das helle, exotische Furnier zeigt eine wilde Maserung, die Abdeckung der Tastatur hat eine Aussparung für einen echten Saphir – eine Sonderanfertigung für eine Gruppe chinesischer Privatkunden, die bald für einige Tage nach Hamburg kommt. Neben dem Touristenprogramm – Hafen, Michel, Reeperbahn – steht ein Dinner auf dem Programm, in der Fabrikhalle, neben ihren halbfertigen Instrumenten. Wegen der Kerzen auf den Tischen wird die Brandmeldeanlage für einen Abend abgestellt.
Dabei bleibt eigentlich wenig Zeit für solche Extravaganzen. Die 320 Mitarbeiter in der Produktion haben zu tun. Gerade erst waren Professoren aus der chinesischen Stadt Hangzhou in Hamburg und haben 54 Flügel auf einen Schlag bestellt für ein neues Konservatorium - einer der größten Aufträge in der 162-jährigen Steinway-Geschichte. Verträge für zwei weitere Konservatorien in China sind bereits unterzeichnet. Und die Elbphilharmonie wird bald die Pianistin Mitsuko Uchida vorbeischicken, um die Instrumente für das Konzerthaus am Hamburger Hafen auszusuchen.