Ranking Zalando steigert seinen Markenwert in der Pandemie am stärksten – die fünf wichtigsten Trends

Onlinehändler Zalando konnte seinen Markenwert um 64 Prozent steigern.
Düsseldorf Zalando ist einer der Profiteure der Coronakrise. Viele Menschen bestellten ihre Kleidung bei dem E-Commerce-Händler, während die stationären Läden monatelang geschlossen waren. Das schlägt sich nicht nur in den Verkaufszahlen des Berliner Unternehmens nieder, sondern auch in dessen Markenwert: Er schoss innerhalb eines Jahres um 64 Prozent auf 5,1 Milliarden Dollar nach oben.
Zalando hat damit den stärksten Zuwachs unter allen deutschen Marken hingelegt und belegt aktuell den 18. Platz direkt hinter Porsche. Das ist das Ergebnis des BrandZ-Rankings der 50 wertvollsten deutschen Marken, das die Marketingberatung Kantar einmal jährlich erstellt und das dem Handelsblatt vorab vorliegt.
Der Gesamtwert der deutschen Top-50-Marken hat sich im vergangenen Jahr trotz der Pandemie und der damit verbundenen wirtschaftlichen Einbrüche erhöht – um fünf Prozent auf insgesamt 353 Milliarden Dollar. Den Spitzenplatz verteidigte das Walldorfer Software-Unternehmen SAP, dessen Markenwert um neun Prozent auf 55,6 Milliarden Dollar stieg.
„In diesem sehr schwierigen Jahr gehören Marken zu den wenigen Dingen im Leben, die Stabilität, Sicherheit und Beständigkeit bieten“, sagt Christoph Prox, bei Kantar verantwortlich für den Bereich Marke. Fünf Trends lassen sich aus dem diesjährigen Ranking, für das Kantar nationale und internationale Finanzdaten mit Werten aus der Marktforschung kombiniert hat, ableiten:
1. Rückzug in die eigenen vier Wände hilft manchen Marken
Viele Marken haben davon profitiert, dass sich die Verbraucher in der Pandemie in die eigenen vier Wände zurückgezogen haben. So legten die Logistiker DHL und DB Schenker um 19 Prozent beziehungsweise 16 Prozent zu, während der Sportausrüster Puma seinen Markenwert sogar um 30 Prozent erhöhte. Letzteres sei zurückzuführen auf die steigenden Umsätze mit „angesagter Athleisure-Wear und dem Trend zu Fitnessprogrammen in den eigenen vier Wänden“, meinen die Marktforscher. Der neue und beliebte Trend „Athleisure“ beschreibt allgemein die Kombination von sportlichen Kleidungsstücken und bequemerer Mode.
Aber auch Neueinsteiger in dem Top-50-Ranking wie der IT-Ausrüster Bechtle, die Helios Kliniken oder der Logistiker Hermes profitieren von den veränderten Bedürfnissen der Menschen in der Coronakrise. Bechtle hat sich nach Ansicht der Studienautoren mit der gestiegenen Nachfrage nach Fernarbeit eine Nische in dem Markt geschaffen, in der es kleine und mittlere Unternehmen mit IT-Dienstleistungen unterstützt.
Der Lockdown hat auf der anderen Seite die Reisebranche massiv unter Druck gesetzt. Der Touristikkonzern Tui und der Kreuzfahrtanbieter Aida sind dieses Jahr nicht mehr in den Top 50 vertreten. Das Gleiche gilt für die Biermarke Krombacher. Die Lufthansa büßte ein Fünftel ihres Markenwerts ein.
2. Menschen suchen verstärkt Sicherheit – und finden sie in alten Marken
In der Pandemie hat sich das Bedürfnis vieler Menschen nach Sicherheit und Stabilität erhöht. „Das zu liefern entspricht ja dem Selbstverständnis von Marken, und so überrascht es nicht, dass in diesem Fall einige seit vielen Jahren etablierte Markenikonen in den unterschiedlichsten Kategorien profitieren“, sagt Kantar-Manager Prox.
Ein Beispiel ist die Beiersdorf-Marke Nivea. Sie hat in mehr als der Hälfte ihrer globalen Märkte Marktanteile hinzugewonnen. Der Markenwert erhöhte sich um sieben Prozent auf 7,3 Milliarden Dollar. Auch die Deutsche Telekom steht nach Ansicht von Prox wie „ein Fels in der Brandung“ da – konkret heißt das: ein Markenwertplus von fünf Prozent auf 47 Milliarden Dollar und damit erneut Platz zwei im Gesamtranking.
„Keine Frage: Eine starke Marke aufzubauen erfordert erhebliche Investitionen und ein langfristiges Engagement der jeweiligen Muttergesellschaft. Ebenso unstrittig ist indes, dass Unternehmen, die ihre Marken beharrlich und zielbewusst aufbauen, langfristig belohnt werden“, sagt Prox.
3. Offenheit der Käufer für neue Marken wächst
Es gibt aber nicht nur die Rückbesinnung auf etablierte Marken, sondern auch eine steigende Offenheit für Newcomer. „Beides findet gleichzeitig statt“, meint Prox. „Je nach Kategorie kann man beide Verhaltensweisen aber sogar bei denselben Personen finden.“
Die Pandemie habe bei vielen Menschen dazu geführt, dass sie Teile ihres Lebens umgestellt haben: mehr Sport, gesündere Ernährung oder der Umbau der eigenen vier Wände. „Das ist dann mit einem Aufbruch in neue Welten verbunden und mit einer hohen Offenheit dafür, Neues zu entdecken oder auszuprobieren“, sagt Prox.
Davon profitieren Marken, die ein ausgefeiltes Onlinegeschäft haben. Zwei deutsche Beispiele aus dem Modebereich: About You von Otto sowie Mytheresa, eine im Premiumbereich angesiedelte Boutique, die „dieses Gefühl auch online sehr gut transportieren kann“, wie Prox meint.
4. Der direkte Draht zum Kunden gewinnt an Relevanz
Immer mehr Unternehmen wollen ihr Direct-to-Consumer-Geschäft (D2C) ausbauen, darunter Konzerne wie Henkel mit Marken wie Persil und Schwarzkopf oder Beiersdorf mit Marken wie Nivea. „Früher wären die Marken dafür vom Handel abgestraft worden“, meint Prox. Heute sei D2C dagegen ein „nicht mehr aufzuhaltender Trend“.
Ein weiteres Beispiel dafür, allerdings nicht aus Deutschland, ist Lego: Der Spielzeughersteller hat eine interaktive Augmented-Reality-App namens Vidiyo auf den Markt gebracht, die das Online-Markenerlebnis verstärken soll.
Darüber hinaus gibt es junge Marken, die etablierte Geschäftsmodelle mit ihrem digitalen Ansatz angreifen. Dazu gehören die Optikermarke Mister Spex, der Müslianbieter Mymuesli und der Gewürzspezialist Ankerkraut. Sie sind zwar noch nicht groß genug, um es in die Top 50 zu schaffen, führen aber die Unterkategorie „innovativste Marke“ an.
5. Kunden fordern Nachhaltigkeit
Nicht nur das Thema Digitalisierung, auch Nachhaltigkeit ist ein Trend, der sich in der Coronakrise verstärkt hat. „Marken, die Nachhaltigkeit ignorieren, laufen Gefahr, von den Kunden abgestraft zu werden“, meint Kantar-Manager Prox.
Mit dem Sonderpreis „Most Purposeful Brand“ haben die Marktforscher die Reinigungsmarke Frosch ausgezeichnet. Der Mainzer Hersteller nachhaltiger Reinigungsprodukte stifte mit seiner Produktpalette einen positiven ökologischen Nutzen, heißt es bei Kantar. Der Nachhaltigkeitsgedanke gehe bei Frosch über die Rezepturen der Produkte hinaus und betreffe etwa auch das Verpackungskonzept sowie das gesamte Umweltmanagement des Unternehmens. Das schaffe „enormes Vertrauen“ bei den Konsumenten.
Nach Ansicht von Kantar-Manager Prox gebe es im deutschen BrandZ-Ranking viele glaubwürdige Nachhaltigkeitsmarken, darunter die beiden Drogeriemarken Alnatura und Balea. Andere Länder seien diesbezüglich noch nicht so weit, sagt er.
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