Ruth und Heiner Oberrauch Tochter von Salewa-Eigentümer erhält mehr Macht – Neues Sportlabel für Frauen kommt bald in die Läden

Die Tochter bekommt künftig mehr Macht im Konzern.
Foto: Oberalp
München Heiner Oberrauch war 19, als er sein erstes Sportgeschäft eröffnete. Inzwischen ist der Südtiroler 64 – und er hat immer noch Freude an neuen Projekten: In diesen Tagen ist er oft auf seinem Bauernhof auf dem Ritten, einem Bergrücken unweit seiner Heimatstadt Bozen.
Für seine Tochter Ruth Oberrauch, 36, ist das ein Segen. Denn so kann sie immer stärker eine Führungsrolle im familieneigenen Sportkonzern Oberalp übernehmen. Der Vater traut seiner Tochter viel zu: In den vergangenen zweieinhalb Jahren durfte Ruth „La Munt“ entwickeln, ein neues Sportlabel speziell für Frauen.
LaMunt ist die ladinische Bezeichnung für Berg. Unter Ladinisch versteht man eine Gruppe romanischer Dialekte, die in mehreren Alpentälern Oberitaliens gesprochen werden. Nächstes Frühjahr kommt die erste Bekleidungskollektion in die Läden.
„Das wird einmal die wertvollste Marke unserer Gruppe sein“, prophezeit Heiner Oberrauch. Das will schon etwas heißen, denn zu Oberalp gehören bekannte Namen wie Salewa und Dynafit.
Den Spitzenposten bei Oberalp hat der Unternehmer seiner Tochter allerdings noch nicht übertragen – und das wird wohl auch nicht so schnell passieren. CEO ist seit gut drei Jahren Christoph Engl, ein angestellter Manager. Der Grund: Er habe gute Erfahrungen mit familienfremden Chefs gemacht, meint Oberrauch.
Tochter Ruth hat künftig das letzte Wort
Gleichwohl wird Ruth künftig wesentlich mehr zu sagen haben als bisher. Sie wird ihren Vater an der Spitze des Verwaltungsrats in nicht allzu ferner Zukunft ablösen. Sie wird sich auf der Position nicht ums Tagesgeschäft kümmern müssen, wird aber das letzte Wort in der weitverzweigten Gruppe haben.
So wie die Oberrauchs macht es seit Jahren auch der italienische Konkurrent Tecnica, zu dem unter anderem die bayerische Wanderschuhmarke Lowa und der österreichische Skihersteller Blizzard gehören. Der Spross der Eigentümerfamilie, Alberto Zanatta, ist als Präsident die letzte Instanz. Die operative Führung aber liegt beim familienfremden Management.
Tatsächlich ist es eine anspruchsvolle und zeitraubende Aufgabe, Sportunternehmen wie Tecnica oder Oberalp zu führen. Das liegt vor allem daran, dass die Besitzer über die Jahre zahlreiche verschiedene Marken und Fabriken übernommen haben. Da ist es nicht so einfach, den Überblick zu behalten.
Heiner Oberrauch ist seit mehr als 30 Jahren Eigentümer des traditionsreichen, in München gegründeten Outdoor-Labels Salewa. Ihm gehören auch der bayerische Skitourenausrüster Dynafit, Pomoca, ein Schweizer Hersteller von Skihaftfellen, Wild Country, ein britischer Felskletterspezialist sowie das Kletterschuhlabel Evolv.
Zudem betreibt der Unternehmer Museen, eine Textil- und Schuhfabrik sowie Modeläden. Außerdem besitzt er eine Burg oberhalb der Südtiroler Hauptstadt Bozen, hat seine eigenen Weinkellereien und eine Käserei.

Moderne Kletter-Architektur kennzeichnet die Firmenzentrale in Bozen.
Oberrauch ist ein Unternehmer mit Ecken und Kanten: Was immer er tut, meist hat es entweder mit den Bergen oder mit seiner geliebten Heimat zu tun. Im Idealfall kombiniert der umtriebige Vater von drei Kindern beides: Dann schreibt er etwa ein Buch über die besten Rodelreviere der Region. Zur Einweihung seines Hauptquartiers in Bozen Anfang des Jahrzehnts seilte sich Oberrauch spektakulär vom Dach ab.
Die Menschen zieht es in die Natur
Im Kerngeschäft Sport erzielte die Oberalp-Gruppe vergangenes Jahr 235 Millionen Euro Umsatz. 2021 sei der Umsatz auf 290 Millionen Euro in die Höhe geschossen, sagt Heiner Oberrauch. Wie viele Konkurrenten auch konnte die Firma mit ihren 700 Beschäftigten gar nicht so viel liefern, wie die Händler bestellt haben: „Wir sind ausverkauft“, betont Oberrauch. Kommendes Jahr dürften die Einnahmen dann auf 350 Millionen Euro klettern.
Der gesamten Outdoor-Branche geht es so gut wie lange nicht mehr. Die Coronapandemie treibt die Leute in die Natur – und dafür decken sie sich mit Ausrüstung ein. „Die Konsumenten haben mehr Geld zur Verfügung, es wird weniger gereist“, sagt Thomas Gröger, Chef des bayerischen Bergstiefelspezialisten Hanwag. So schnell werde sich daran nichts ändern. Gröger: „Für das nächste Halbjahr sieht es sehr, sehr gut aus.“
Es könnte also nicht besser laufen, und trotzdem macht sich Ruth Oberrauch Gedanken, wie es langfristig weitergehen soll. Die Mutter von zwei Kindern glaubt, dass die Gruppe künftig nicht mehr ausschließlich Produkte, sondern zusätzlich Dienstleistungen anbieten wird. „Die Leute wollen sich mit einer Community identifizieren“, meint die Unternehmerin. So könnte die Firma bald auch Kleidung und Ausrüstung ausleihen, einen Waschservice für technische Textilien aufziehen, Schulungen anbieten oder gesundes Essen vertreiben.
Aber auch das Equipment selbst soll sich verändern. „Der wichtigste Beitrag zur Nachhaltigkeit ist Verzicht. Gleich danach kommen langlebige Produkte“, sagt Ruth Oberrauch. Ihr schwebt vor, dass die Regenjacken oder Skihosen ihrer Firma bald von drei, vier Kindergenerationen getragen werden.
Spektakulärer Neubau in Kiefersfelden
Vater Heiner rechnet mit drei bis vier Jahren, bis die jüngste Marke im Verbund, „LaMunt“, so richtig bekannt ist unter bergsportbegeisterten Frauen. „Der Start war fulminant“, sagt er – obwohl die Ware noch nicht einmal in den Regalen liegt. Doch einige der besten Sporthändler Deutschlands wie Sport Conrad in Garmisch-Partenkirchen oder Sport Schuster in München würden die Kollektion bald anbieten.
Selbst wenn Heiner Oberrauch sich nun mehr und mehr zurückzieht und an die Tochter übergibt: Sein Vermächtnis wird für Reisende dies- und jenseits des Brenners auf Jahrzehnte nicht zu übersehen sein. Für 20 Millionen Euro errichtet der Unternehmer derzeit im oberbayerischen Kiefersfelden, direkt an der Autobahn in Richtung Italien, einen spektakulären Neubau. Zwei 30 Meter hohe, schneeweiße Keile sollen künftig 100 Mitarbeiter seiner bayerischen Skitourenmarke Dynafit beherbergen.
Jenseits des Alpenhauptkamms hat der Multiunternehmer bereits Anfang des vergangenen Jahrzehnts für 40 Millionen Euro einen aufsehenerregenden Komplex errichtet. Unmittelbar angrenzend an die Brennerautobahn in Bozen thront mächtig seine Zentrale hinter einer gräulich-schwarzen Fassade. Ein Gebäude wie ein Raumschiff, das zwischen den Südtiroler Apfelplantagen geradezu heraussticht.
Der Neubau im südlichen Bayern soll nun das Gegenstück dazu werden. Er könnte auch das Abschiedsgeschenk an seine Belegschaft werden.
Mehr: Die „Wanderstiefel-Dasslers": Hanwag will Lowa mit neuen Sohlen einholen
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Da zeigt sich wieder einmal, daß die Familienunternehmen das Rückgrat der Wirtschaft sind!
Klare Strategie, klare Kante im Profil, Nachfolge zielsicher -auch bei einem fremden, von Außen stammenden CEO- gelöst!
Da können sich die Herren "industrieführer" (meistens mit sich und ihrem Aufsichtsrat beschäftigt), ruhig
mal was abschauen, was eine erfolgreiche Unternehmensstrategie und Unternehmensführung bedeutet!