Sachin Bansal Warum der Flipkart-Gründer sein Unternehmen verlassen muss
Bangkok Sachin Bansal will jetzt erst mal zocken. Er wolle herausfinden, was die jungen Leute heute so am Computer spielen, schrieb der 36-Jährige auf Facebook.
Kurz vorher hatte der Gründer von Indiens erfolgreichstem Start-up seinen Job als dessen „Executive Chairman“ verloren. Der US-Handelskonzern Walmart hatte sich für 16 Milliarden Dollar einen 77-Prozent-Anteil an Bansals E-Commerce-Portal Flipkart gekauft. Die indische Start-up-Szene feierte den Rekorddeal als nationalen Erfolg. Für Bansal bedeutete das Geschäft seinen unfreiwilligen Abschied.
Dass die Vereinbarung mit Bansal, der Flipkart 2007 mit seinem Studienfreund und Namensvetter Binny Bansal gegründet hatte, nicht ganz reibungslos ablief, ließ bereits Walmarts Pressemitteilung vermuten: Der Text, mit dem der Konzern die Übernahme verkündete, erwähnte Sachin als Firmenchef mit keiner Silbe. Die normalerweise üblichen Dankesworte zum Abschied blieben aus. Die Trennung war offenbar die Folge eines Machtkampfs zwischen Bansal und seinem jahrelangen Förderer.

Der Walmart-CEO neben dem Flipkart-Mitgründer, der anders als sein Namensvetter Sachin Bansal im Unternehmen verbleibt.
Lee Fixel heißt der Mann, der Flipkarts Aufstieg zum wertvollsten E-Commerce-Unternehmen des Subkontinents mit ermöglichte. Das Potenzial des Start-ups erkannte der amerikanische Partner bei der New Yorker Risikokapitalfirma Tiger Global bereits früh. 2009 macht er mit zehn Millionen Dollar seine erste Investition in das damals junge Start-up aus Bangalore – obwohl sich die Gründer für Investoren damals rar machen. Als er sie anders nicht erreichte, versuchte Fixel die Kontaktaufnahme mit den Bansals über die Kundenhotline von Flipkart.
Sachin und Binny Bansal kennen einander seit dem Studium am Indian Institute of Technology in Delhi. Nach dem Studium zogen sie nach Bangalore und arbeiteten dort in einem Büro von Amazon als Software-Entwickler für die US-Plattform. Eine eigenes Portal für Indien hatte Amazon damals noch nicht. Sachin und Binny Bansal erkannten die Marktlücke. Sie kündigten bei Amazon und starteten Flipkart in ihrer Wohngemeinschaft.
Binny Bansal behält Führungsrolle
Nach dem Vorbild des US-Konzerns verkaufte Flipkart zunächst nur Bücher. In den ersten drei Monaten verzeichnete das Start-up nur zehn Bestellungen pro Woche. Ihr Inventar holten Sachin und Binny noch persönlich. Inzwischen hat Flipkart 100 Millionen registrierte Nutzer, 21 Lagerhäuser und einen Unternehmenswert von 21 Milliarden Dollar.
Doch während Binny Bansal auch künftig noch eine Führungsrolle einnehmen soll, war Sachin plötzlich unerwünscht. Dabei war er es, der zusammen mit Tiger-Global-Manager Fixel den Milliardendeal vorantrieb. Doch die beiden Geschäftspartner fanden sich kurz vor Abschluss der Verhandlungen auf unterschiedlichen Seiten wieder. Die „Times of India“ berichtet unter Berufung auf Insider über die Hintergründe des Streits. Bansal forderte in den Verhandlungen demnach eine einflussreichere Rolle in dem Unternehmen. Seine Rechte als Minderheitsgesellschafter wollte er gestärkt sehen und seine Anteile gleichzeitig aufstocken. Dafür sei er bereit gewesen, einen Kredit von mehreren Hundert Millionen Dollar aufzunehmen. Fixel überzeugte laut „Times of India“ aber sowohl die restlichen Flipkart-Eigentümer als auch Walmart-Chef Doug McMillon davon, dass dies keine gute Idee sei.
Mit dem Mentor zerstritten
Fixel und Bansal gerieten aneinander, als Bansal noch CEO von Flipkart war. 2015 traf Bansal eine Reihe an umstrittenen Entscheidungen, die Flipkart erhebliche Probleme bescherten. So beschloss er, die Flipkart-Website stillzulegen und Bestellungen nur noch per App anzunehmen. Die Verkäufe brachen daraufhin ein. Bansal musste die Entscheidung revidieren und verlor kurz darauf seinen Chefposten: Fixel ließ ihn durch den Tiger-Global-Manager Kalyan Krishnamurthy ersetzen.
Finanziell dürfte Bansal das Ausscheiden bei Flipkart verschmerzen können. Für seinen Anteil von knapp sechs Prozent erhielt er Berichten zufolge fast eine Milliarde Dollar. Sein bisheriger Weggefährte Binny Bansal zeigte sich traurig: „Das ist natürlich ein sehr emotionaler Moment“, sagte er nach dem Ausstieg. „Wir kennen uns schon so lange und waren immer eine Stütze füreinander.“
Der 36 Jahre alte Binny Bansal steht nun vor der Aufgabe, Flipkart ohne seinen Mitgründer im Wettbewerb gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Amazon voranzubringen. Der US-Konkurrent macht Flipkart in Indien seit 2013 Konkurrenz. Inzwischen liefern sich beide Firmen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Marktführerschaft.
Ganz verschwunden ist auch der geschasste Gründer Sachin Bansal aus Indiens Start-up-Welt nicht. Er investierte zuletzt unter anderem in ein Medizin-Start-up, das auf künstliche Intelligenz setzt, und in ein digitales Lernportal. Auch Flipkart will er noch weiter unterstützen, zumindest emotional. An seine Ex-Kollegen schrieb er: „Ich werde euch nun vom Spielfeldrand aus zujubeln.“
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