Roland Alter hat das erste Buch über die Schlecker-Pleite geschrieben. Die frühere Siemens-Führungskraft ist heute Professor für Betriebswirtschaft und erfolgreicher Autor. In seinem Buch „Schlecker oder: Geiz ist dumm“ (Rotbuch Verlag) fasst er die Gründe für den Niedergang zusammen. Es folgen die wesentlichen Punkte...
Die Grundthese des Autors ist: Anton Schlecker ist an seiner übertriebenen Sparsamkeit gescheitert. „Was diesen einstmals erfolgreichen Unternehmer in seiner nach innen gewandten Allmacht zu Fall gebracht hat: Geiz.“
Und dieser Geiz bezog sich genauso auf die Mitarbeiter. Das Menschenbild von Anton Schlecker beschreibt der Autor so: Menschen besitzen eine natürliche Abneigung gegen Arbeit. Diese Abneigung macht eine strenge, kontrollorientierte Führung notwendig. Der Autor fasst es mit drei Verben zusammen: „Knüppeln, knausern, kontrollieren.“
Keine andere Kette im Einzelhandel hat seine Filialen mit einer simplen, nicht verkleideten Neonröhre ausgestattet. Sie war ein wesentlicher Bestandteil der „Nicht-Atmosphäre“ der Filialen, wie Roland Alter es nennt.
Die Röhren stehen auch für die Weigerung, am eigenen Konzept zu arbeiten. Schon vor Jahren hätte Schlecker die Röhren abschrauben müssen – die Filialen verschönern müssen. Denn am Ende des Tages passte diese Umgebung nicht zu hochwertigen Drogerieartikeln. Zu Waschmitteln mochte die Neonröhre noch einigermaßen passen, aber nicht zu Gesichtscremes.
Hätten die Konkurrenten dm, Müller und Rossmann vielleicht nicht so viel Oberwasser bekommen mit ihren schönen, großen, angenehmen Läden, in denen sich die Kunden so viel wohler fühlten.
Als die Krise 2004 auch in der Bilanz abzulesen ist, sind die massiven strukturellen Defizite längst da. Vermutlich wusste Anton Schlecker lange Zeit nicht einmal, wie ernst die Lage genau ist. Es trauten sich offenbar zu wenige Entscheidungsträger, Anton Schlecker über die Missstände aufzuklären. Die Überbringer von schlechten Nachrichten hatte ja auch nichts Gutes zu erwarten, schreibt der Autor.
2007 kauft Schlecker „Ihr Platz“. 150 Millionen Euro zahlt man für die fünftgrößte Drogeriekette Deutschlands. Doch dadurch stieg nur Schleckers Umsatz – in der Sache half der Kauf kein Stück weiter. Das Geld hätte viel besser für Modernisierungsmaßnahmen in den bisherigen Schlecker-Filialen gesteckt werden müssen.
2008 wird für Schlecker zum Schicksalsjahr. Der Tanker dreht aber viel zu langsam: Größere Filialen sollen die Rettung bringen. Und tatsächlich halten Experten das Konzept des Konzeptes „Schlecker XL“ für gut. Läden mit bis zu 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche und 13.000 Artikeln können mit denen der Konkurrenz mithalten. Aber bei Schlecker gibt es zu wenige der großen Filialen.
In dieser Phase rächte sich am meisten, dass Anton Schlecker die Mitarbeiter nicht als Erfolgs-, sondern als Kostenfaktoren ansah. Sie waren für ihn nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. So kann kein Comeback
gelingen.
Und so kam es zur Unzeit – 2009 und 2010 – auch noch zur öffentlichen Debatte über die Arbeitsbedingungen bei Schlecker. Der Patriarch verhindere die Gründungen von Betriebsräten und das Maß an Kontrolle sei untragbar. Für viele Kunden war der Skandal ein weiterer Grund, die blau-weißen Filialen zu meiden.
In diesen Jahren baut Schlecker kräftig um: kleine Filialen werden geschlossen, große XL-Läden eröffnet. Das Thema Liquiditätssicherung spielt noch keine Rolle. In einem Interview betont Schlecker 2010 die solide Finanzbasis. Dabei ist es längst ein Schneeballsystem, die Schlecker noch über Wasser hält.
Schleckers Strategie ist widersprüchlich: Zum einen schließt die Kette viele kleine Filialen, auf der anderen Seite steht im Firmenslogan „For you – vor Ort.“ Doch vor Ort ist Schlecker eben immer seltener. Dabei plädiert Fachmann Alter dafür, dass Schlecker viel konsequenter das Nachbarschaftsprinzip hätte aufgeben müssen.
Zudem hielt Anton Schlecker viel zu lange am Prinzip der Selbstständigkeit fest – vermutlich aus falschem Stolz. Dabei hätte das Unternehmen externe Hilfe viel eher gebraucht, seien es Berater oder Finanzinvestoren gewesen.
Damit hängt auch zusammen, dass Anton Schlecker und seine Frau Christa viel zu lange an der Firmenführung festgehalten haben. Sie hätten es mit einem rechtzeitigen Rückzug nicht nur den Kindern leichter gemacht, sondern auch ermöglicht, dass Finanziers das benötigte Vertrauen bekommen hätten. So war kein wirksames Change Management möglich.
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Bei manchen Kommentaren rollen sich mir die Fußnägel auf. Wieso ist eine Verkäuferin gering qualifiziert? Das ist ein Lehrberuf mit 2 Jahren Ausbildungszeit. Und es ist ein Knochenjob mit Familien unfreundlichen Arbeitszeiten.
Ja, die vermeintliche "Verkäuferin" im Lebensmittelladen, die null Ahnung hat und auch noch unfreundlich ist, ist eben keine Verkäuferin, sondern eine ungelernte Billigkraft.
Früher übernahm ein Arbeitgeber immer eine gewisse Verantwortung für seine Arbeitnehmer, heute übernimmt die Politik für kräftig sprudelnde Gewinne der (großen) Unternehmer, niemals aber nur für einen einzigen Arbeitnehmer, es sei denn, er ist Bankster oder Manager im hohen Bereich.
>>> Deswegen gibt es ja im Regelfall zwei Jahre ALG 1 <<<
Woher ham sie das denn ? Die Regel sind max. 12 Monate. Erst ab dem 58sten Lebensjahr haben sie u.U. die Chance auf 24 Monate.
Den Rest ihres Geschreibsels zu kommentieren erspare ich mir.
Um die Problematik umfänglich beurteilen zu können, empfehle ich ihnen, in diesem Sinne etwas für ihre Qualifikation zu tun.
Wenn man auf Seite der Beamten, Industriearbeiter und zu hoch bezahlten Büromenschen und vor allem der Halbverbeamteten aus ehemaligen Staatsbetrieben (Lufthansa, Bahn etc) mal eine ordentliche Kürzung vornehmen würde, dann könnte man auch den Hartz4lern und Kleinstverdiener mehr zahlen.
Wieso sollte man immer den Lohn erhöhen? Die Spirale wird sicherlich auch mal ander herum laufen. Wieso muss jeder in der absoluten hedonistsischen Kaufanfall geraten. Brauchts ein Iphone und 20mal Urlaub im Jahr? Fressen und Essen wegschemissen im Überfluss? Wenn Einschränkungen da sind würde das nicht nur der Einstellung sondern auch der Umwelt zugute kommen.
Sie haben ja so recht. Wir können es noch steigern: Die Menschen müssten noch bezahlen müssen, damit sie Arbeiten dürfen! Die sollen alle froh sein, wenn sie nicht im Stau stehen oder das blöde Fernsehprogramm anschauen müssen!!
Man könnte es auch so formulieren: Innerhalb eines Jahres hat die Hälfte (also weit über Zehntausend) der gering qualifizierten Argbeitskräfte (gemessen am deutschen Bildungsdurchschnitt) bereits einen neuen Job gefunden. Und die meisten anderen dürften noch ein weiteres Jahr ALG1 bekommen und haben also Zeit. Wo ist das Problem? Dass es ein bis zwei Jahre dauert einen Job zu finden ist vollkommen normal. Deswegen gibt es ja im Regelfall zwei Jahre ALG1. 50% haben einen Job, 30% werden innerhalb des nächsten Jahres vielleicht einen finden, 10% wollen nicht mehr arbeiten sondern begnügen sich mit der Grundsicherung (ist ja legitim, da rechtlicher Anspruch), mit dem Einkommen des Lebenspartners oder gehen ohnehin bald in Rente. Und 10% haben: Pech. Das ist unschön, aber das Leben ist kein Ponyhof und vollkommene Sicherheit gibt es nie. Aber wenn unser Wirtschafts- und Sozialsystem es schafft in Zeiten einer "Krise" 90% der von Not betroffenen Menschen zu versorgen, dann ist das ein Wort. Man zeige mir ein alternatives System...
Das nur mal so als Anmerkung
am pranger müßte die gewerkschaft stehen, die die beschäftigten verführt hat und offensichtlich spitzenverdienste im vergleich der mitbewerber durchgesetzt hat- aber dieser teil der mitbestimmung entzieht sie sich. dass die schleckerdamen beschäftigungen zu niedrigeren entgelten ablehnen können spricht nicht gerade für einen druck der Arbeitsverwaltung über die zumutbarkeit neuer beschäftigung. machen wir weiter mit den minderstlöhnen - dann sind die abweichungen innerhalb einer branche vielleicht weg - aber vielleicht auch die arbeitsplätze. dann bedauern wir wieder die zunahme von minijobs.
Geld verdienen im Job gehört überhaupt verboten! Auch 1,- Euro ist noch zuviel! Das muss alles völlig ehrenamtlich werden! (so vergehört von Kirche, Caritas & Co. - Dementi nur vom Finanzamt)
Ihr Kommentar:
Zu hoher Lohn ist das Übel überhaupt - höchste Zeit auch hier das Lohnniveau auf ein erträgliches und gar vernünftiges Maß à la Bangladesch, China & Co. zurückzuführen. Lohnveredlung muss auch hier wieder möglich sein; der unerträglichen Gier der Arbeitnehmerschaft muss Einhalt geboten werden.
Jaja Geiz ist geil. Billig einkaufen, Schnaeppchen jagen und sich dann wundern das Loehne in Einzelhandel unter 12€ liegen.
soll wohl mehr oder weniger heissen das die Scleckerfrauen daran schuld sind weil sie so HOHE Löhne bekommen haben????
Ist ja wie ein Schlag ins Gesicht. Die Gewerkschaften haben Jahrelang Schlecker wegen der niedrigen Bezahlung an den Pranger gestellt.
Kurz vor der Pleite haben die Schlecker Kinder noch mit den XL Märkten die Löhne halbiert. Mit den Leiharbeitsfirmen vom Bruder und nun haben die Schlecker Angestellten plötzlich zuviel Lohn bekommen???
Wer lebt den da auch einem fernen Planeten??? Ich finde das ist eine Frechheit.....