Seefahrt Containerschiff „Elbblue“ tankt erstmals „grünes“ Gas

Der 1037-TEU-Frachter ist das erste Containerschiff, das mit klimaneutralem Gas in See sticht.
Foto: MAN Energy Solutions
Düsseldorf Zum ersten Mal geht an diesem Mittwoch ein Containerfrachter mit synthetischem Erdgas (SNG), das zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt, auf große Fahrt. Unter Beteiligung des Ersten Hamburger Bürgermeisters Peter Tschentscher und des Koordinators der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann, nahm die „Elbblue“ in Brunsbüttel 20 Tonnen des klimaneutralen Treibstoffs auf, was für eine 20-stündige Fahrt ausreichen soll.
Ziel des 2011 gebauten Frachters, der bis vor Kurzem noch den Namen „Wes Amelie“ trug, ist das russische St. Petersburg. Auf der geplanten Rückfahrt nach Rotterdam wird die „Elbblue“ abermals einen Tankstopp in Brunsbüttel einlegen.
Das für 1036 Standardcontainer (TEU) ausgelegte Schiff gehört der Reederei Elbdeich aus Drochtersen bei Stade, betrieben wird es allerdings vom Charterer Unifeeder, der den vergleichsweise kleinen Frachter für Zubringerdienste auf Nord- und Ostsee einsetzt.
Hergestellt wird der klimaneutrale Treibstoff auf einer Power-to-Gas-Anlage der Kiwi AG in Werlte bei Cloppenburg. Eigenen Angaben zufolge erzeugt sie seit Herbst 2013 per Windkraft eine Nennleistung von 6,3 Megawatt und damit bis zu 1300 Kubikmeter grünen Wasserstoff pro Stunde. Dieser wird in der Methanisierungsanlage mit CO2 versetzt, um synthetisches Methan zu produzieren. 2021 nahm man zusätzlich eine spezielle Verflüssigungsanlage für SNG in Betrieb. Das für den Prozess benötigte CO2 bezieht Kiwi aus dem Abgasstrom der benachbarten Biomethan-Anlage.
Den Schiffsmotor der „Wes Amelie“ hatte MAN Energy Solutions – ebenfalls eine Premiere – schon 2017 auf Gasantrieb (LNG) umgerüstet. Die ursprünglich mit Schweröl betriebene Maschine kann seither alternativ auch flüssiges Gas als Treibstoff nutzen.
LNG-Schiffstankstelle fehlt noch
Angeliefert werden muss das Gas in Brunsbüttel allerdings per Tanklaster. Eine LNG-Schiffstankstelle an der Elbmündung ist zwar seit Jahren geplant, droht aber am Protest von Anwohnern und Umweltschützern zu scheitern. Die Aktionsgruppe „Ende Gelände“, ein örtliches „Klimabündnis gegen LNG“ und die Deutsche Umwelthilfe demonstrierten noch Ende Juli gemeinsam gegen die Pläne.
Der Augsburger MAN-Manager Stefan Eefting setzte am Mittwoch dagegen: „Heute zeigen wir, dass jedes für den LNG-Betrieb nachgerüstete Schiff auch mit grünen Kraftstoffen aus Power-to-X betrieben werden kann.“
Noch sei das klimaneutrale SNG drei- bis sechsmal so teuer wie übliches LNG-Flüssiggas, räumt man bei MAN Energy Solutions ein. Grund sei, dass SNG aktuell aus eher kleinen Versuchsanlagen stamme, weil große industrielle Anlagen fehlten. „Sobald hier der Markthochlauf stattfindet und industrielle Produktionskapazitäten entstehen, rechnen wir auch mit deutlichen Skalen- und Preiseffekten“, sagte ein Sprecher.
Um ihren Ruf als „schwimmender Klimasünder“ abzustreifen, setzt die Schifffahrt zunehmend auf alternative Kraftstoffe. Marktführer Maersk bestellte vor wenigen Wochen die ersten acht Seecontainerschiffe, die mit kohlenstoffneutralem Methanol betrieben werden können. Die Megafrachter mit 16.000 TEU sollen von der südkoreanischen Werft Hyundai Heavy Industries (HHI) gebaut werden. Auch Hapag-Lloyd bestellte im Juni sechs 23.500-TEU-Schiffe mit Dual-Fuel-Motoren, die sich auf Gasantrieb umstellen lassen.
Zudem beschloss die Uno-nahe Schifffahrtsorganisation IMO vor wenigen Monaten, den CO2-Ausstoß auf See 2030, gemessen am Wert von 2008, um 40 Prozent zu reduzieren. Bis 2050 wollen ihn die Reedereien halbieren. 174 Mitgliedsländer haben unterzeichnetet. Die Seefahrt steht für rund drei Prozent der weltweiten Klimagasemissionen.
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