Selbstmachtrend Handlettering: Malbücher waren gestern
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Selbstmachtrend HandletteringMalbücher waren gestern
Laptop und Smartphone schienen vor ein paar Jahren die Totengräber der Stifte-Industrie zu sein. Dann kamen die Malbücher für Erwachsene und bescherten der Branche unerwartete Umsatzsprünge. Nun folgt der nächste Trend.
Die Nürnberger Designerin und Typographie-Künstlerin Hannah Rabenstein schreibt mit weißer Acrylfarbe auf eine Glasscheibe. Rabenstein gehört zu den Pionieren des neuen Gestaltungstrends.
Nürnberg Sie hatte den deutschen Stifteherstellern geradezu einen Boom beschert – die Lust von Erwachsenen am Bilderbuch-Ausmalen zwang im Vorjahr die Branche zu Sonderschichten. Inzwischen ist der Buntstift-Hype erst einmal vorbei. Seit ein paar Monaten, so heißt es beim Stiftehersteller Staedtler Mars, bewege sich das Ganze eher in Richtung einer „klassischen Hobby-Beschäftigung“. Andere sprechen von einem Rückgang auf „Normalniveau“. Sonderschichten in der Produktion fährt inzwischen keines der großen Unternehmen mehr.
Umsatzsorgen haben die Großen der Branche – ganz gleich ob Staedtler Mars, Schwan-Stabilo oder Faber-Castell – deswegen trotzdem nicht. Denn schon verspricht den Firmen der nächste Selbstmachtrend gute Geschäfte: Das „Handlettering“. Hinter dem englischen Begriff verbirgt sich nichts anderes als die Lust am Zeichnen und Malen von Buchstaben. Nach Einschätzung von Branchenkennern ist das der neueste Trend der „Do-it-Yourself“-Welle – angeblich eine Gegenbewegung zur Digitalisierung von Alltag und Freizeit.
Schwan-Stabilo – Von Stiften und Regenjacken
Es war 1865, als ein Familienmitglied der Schwanhäußers das erste Mal Geld für ein fremdes Unternehmen ausgegeben hat. Damals kaufte Gustav Adam Schwanhäußer die Nürnberger Bleistiftfabrik Großberger Kurz. Der Kaufmann legte damit den Grundstein für Schwan-Stabilo, einen der heute bekanntesten Hersteller von Stiften weltweit. Im vergangenen Geschäftsjahr kam Schwan-Stabilo auf einen Umsatz von 601 Millionen Euro und beschäftigte 4 600 Mitarbeiter. Zum Gewinn macht die Firma keine Angaben, sie will bankenunabhängig wachsen, und die Eigenkapitalquote liegt bei knapp 50 Prozent.
Bekannt ist das Unternehmen für seine Textmarker und Buntstifte. Der Umsatz dieser Sparte stieg im vergangenen Geschäftsjahr um drei Prozent auf 170 Millionen Euro. Knapp sieben Prozent mehr – 319 Millionen Euro – setzt das Unternehmen weltweit aber vor allem mit Kosmetikstiften für andere Markenhersteller um.
Sie ist der jüngste und kleinste Bereich, mit einem Umsatz von zuletzt 112 Millionen Euro. Allerdings wächst diese Sparte mit zuletzt 15 Prozent am stärksten.
„Hier geht es nicht wie bei der Kalligraphie um Perfektion, sondern um eine spielerische Auseinandersetzung mit dem Thema Schrift“, stellt Faber-Castell-Sprecherin Sandra Suppa klar. Im Geschäftsjahr 2015/2016 erzielte das Unternehmen einen Rekordumsatz von 631 Millionen Euro - zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Ob sich das Handlettering zu einem ähnlichen Trend entwickelt wie die Erwachsenen-Malbücher, bleibe abzuwarten. Dafür sei der Trend zur manuellen Buchstabengestaltung womöglich dauerhafter.
Dabei ist nach Einschätzung von Marion Korbel vom Stifte- und Rucksack-Hersteller Schwan-Stabilo das Handlettering im Grunde genommen nichts anderes als die Weiterentwicklung des Ausmaltrends. Sie ist davon überzeugt, dass viele Ausmalfans nach und nach zum Handlettering „konvertieren“ werden. Um Umsatzzahlen nennen zu können, sei es aber noch zu früh, sagt sie. „Denn Handlettering nimmt beim Verbraucher gerade erst Schwung auf.“ Im Geschäftsjahr 2015/2016 hatte das Unternehmen seinen Schreibgeräte-Umsatz um 9,1 Prozent auf 185,1 Millionen Euro gesteigert – vor allem dank des Ausmaltrends.
Auch Staedtler-Sprecherin Britta Olsen sieht im Handlettering einen der wichtigsten Kreativtrends der vergangenen Monate – in ihren Augen allerdings eher parallel zu dem weiter gut laufenden Ausmaltrend. Den versucht man derweil mit der Kampagne „Mut zur Pause“ weiter am Köcheln zu halten. Der Stifte-Hersteller (Umsatz 2015: 323 Millionen Euro) hat dabei vor allem Büromenschen im Blick. Die sollten, so hofft man bei Staedtler Mars, in kurzen Auszeiten am Arbeitsplatz beim Ausmalen entspannen und Stress abbauen.
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