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Smartwatch Mechanische Luxusuhr mit Computer – Wie Frédérique Constant Apple herausfordert

Die junge Genfer Uhrenmarke Frédérique Constant verleiht mechanischen Luxusuhren smarte Funktionen – und hat damit Marktführer Apple im Visier.
23.04.2019 - 11:00 Uhr Kommentieren
Citizen-Stand auf der Baselworld: Der japanische Konzern hat Frédérique Constant 2016 übernommen und damit sein Portfolio erweitert. Quelle: Bloomberg
Uhrenmesse Baselworld

Citizen-Stand auf der Baselworld: Der japanische Konzern hat Frédérique Constant 2016 übernommen und damit sein Portfolio erweitert.

(Foto: Bloomberg)

Genf Es war wie ein Urknall für die Uhrenindustrie, als Apple im April 2015 seine erste Smartwatch auf den Markt warf. Aus dem Stand heraus wurde der IT-Gigant aus Cupertino zum Marktführer in einer damals noch kleinen Nische.

Dabei gab es in der Schweiz einen jungen Uhrenhersteller, der zwar erst seit 1997 in Genf sitzt – aber noch vor Apple ein smartes Gadget fürs Handgelenk präsentierte. Und zwar keins mit Touchdisplay, sondern eher unsichtbar, versteckt in einer klassischen mechanischen Uhr: Die „Horological Watch“ der Genfer Marke Frederique Constant war auf der Baselworld 2015, einer der größten Uhrenmessen der Welt, eine kleine Sensation.

Doch selbst heute, vier Jahre später, verweigern sich noch immer viele der großen Hersteller den smarten Funktionen. Bei Frédérique Constant machen Smartwatches mittlerweile schon 15 Prozent vom Umsatz aus, Tendenz steigend.

Einige Hersteller hoffen immer noch, dass das Phänomen wieder verschwinden wird“, sagt Peter Stas, Co-Gründer und Geschäftsführer, in seinem Genfer Konferenzraum. Zwar würden Kunden noch nicht explizit nach smarten Uhren fragen. „Aber wenn wir sie im Schaufenster haben, kaufen sie sie.“

Der Markt gibt Stas recht. Im vierten Quartal 2018 wurden laut Daten von Strategy Analyst weltweit 18,2 Millionen Geräte verkauft, ein Wachstum von 56 Prozent verglichen mit dem Vorjahresquartal. Das Gesamtjahr 2018 kommt mit rund 45 Millionen Smartwatches auf einen neuen Rekordwert, die Hälfte davon machten Apple-Uhren aus.

Per Bluetooth lassen sich Schlafzyklus oder Fitnessaktivitäten erfassen. Der Computerchip der Uhr überwacht aber zusätzlich auch die Funktion des mechanischen Kalibers.
Hybrid-Modell von Frédérique Constant

Per Bluetooth lassen sich Schlafzyklus oder Fitnessaktivitäten erfassen. Der Computerchip der Uhr überwacht aber zusätzlich auch die Funktion des mechanischen Kalibers.

Auch Anbieter wie Samsung, Garmin oder Fitbit konnten kräftig zulegen. Bis 2022 soll der Smartwatch-Markt auf mehr als 115 Millionen Verkäufe zulegen, prognostizieren die Analysten vom US-Marktforschungsinstitut Gartner. In den USA hat bereits heute fast jeder siebte Erwachsene eine Smartwatch.

„Die Apple Watch ist technisch gesehen ein wunderschönes Produkt“, sagt Stas. Vom Design her finde er sie allerdings weniger schön. „Es ist eine viereckige Box, das Display meistens schwarz, rein funktional.“ Viele Kunden trügen an einem Arm eine Apple Watch und am anderen eine traditionelle Uhr. „Das zeigt doch, dass es ein Problem gibt, das es zu lösen gilt. Es ist unsere Aufgabe und die der gesamten Schweizer Uhrenindustrie, all diese Technologien in schöne Uhren zu bauen.“

Und das tut Peter Stas, gemeinsam mit seiner Frau Aletta, die noch immer Chefdesignerin der Marke ist, die die beiden Niederländer 1988 gründeten und 2016 an den Citizen-Konzern verkauften. Die Japaner übernahmen damals nicht nur die Kernmarke, sondern auch den Sportableger Alpina und das Luxuslabel Ateliers de Monaco. Nur an MMT, einem Joint Venture mit der Silicon-Valley-Firma Fullpower, hatte Citizen kein Interesse.

Neues Hybridmodell entwickelt

Also stiegen Peter, 55, und Aletta Stas, 53, selbst ein. Ihnen gehören heute 93 Prozent von MMT. Sie übernahmen den Softwarecode, alle Patente und weltweiten Lizenzen. Für die beiden war es der Schritt, weiter involviert zu sein, nicht nur als Angestellte, sondern auch als Gestalter der Uhren-Zukunft.

Und das nicht nur für ihre eigene Marke: Immer mehr Hersteller denken über die neuen Technologien nach. „MMT ist derzeit in Gesprächen mit zwei großen Marken, die Smartwatches auf den Markt bringen wollen“, erklärt Peter Stas.

Frédérique Constant hat in dem Feld einen weiten Vorsprung. Anfang 2018 brachten die Stas‘ die nächste Revolution auf den Markt: ein Hybridmodell. Auch diese Uhr sieht aus wie eine ganz klassische. Aber sie vereint beide Welten: Ein mechanisches Uhrwerk und einen Computerchip mit smarten Funktionen, die über eine App gesteuert werden können.

Die Geschäftsführer von Frédérique Constant glauben an die Kombination mechanischer Uhren mit Smartwatch-Funktionen.
Aletta und Peter Stas

Die Geschäftsführer von Frédérique Constant glauben an die Kombination mechanischer Uhren mit Smartwatch-Funktionen.

So lassen sich damit via Bluetooth etwa der Schlafzyklus des Trägers auslesen oder Fitnessaktivitäten tracken. Und, bisher einmalig in der Uhrenwelt: der Computerchip überwacht auch die Funktionen des mechanischen Kalibers. Solche Analysefunktionen gab es bisher nur für teures Geld beim Uhrmacher. Nun können Träger direkt in der App erkennen, ob in ihrem Zeitmesser alles rund läuft.

„Die klassischen großen Marken haben beim Thema Smartwatch Angst, ihr traditionelles Image zu verlieren“, glaubt der Luxusexperte und Berater Franz-Maximilian Schmid-Preissler. Einer noch jungen, aber erfolgreichen Marke wie Frédérique Constant hingegen nehme man solche Innovationen viel eher ab.

Beim Verband der Schweizer Uhrenindustrie will man indes noch keinen Trend erkennen. „Wir können keinen signifikanten Anstieg beim Export von Schweizer Smartwatches sehen“, erklärt Verbandspräsident Jean-Daniel Pasche.

Die Stas‘ aber glauben an den Erfolg der Smartwatch. „Es wird immer gesagt, Smartwatches seien nur was für junge Leute“, sagt Peter Stas. Das stimme aber überhaupt nicht: „Je älter man wird, desto mehr möchte man über seine Gesundheit erfahren.“ Denn die Uhren wandeln sich zunehmend zu Gesundheitsüberwachern. Das neueste Modell der Apple-Watch misst etwa die Herzfrequenz und meldet Unregelmäßigkeiten an den Nutzer. Zudem kann das Gerät einen Sturz erkennen und selbstständig einen Notarzt rufen.

Auch bei Frédérique Constant wollen sie noch mehr Gesundheitsfunktionen einbauen, bei Alpina gibt es bereits jetzt Modelle mit Herzfrequenzmessung. „2020 soll sie auch in die Uhren der Kernmarke kommen“, betont Peter Stas. Für die Herzfrequenz-Funktionen arbeitet das Unternehmen mit einem großen Gesundheitskonzern zusammen.

Eigentümer Citizen offenbar zufrieden

Was Aletta Stas dabei immer wichtig ist: All die Technologien müssen sich dem Design unterordnen. „Auch die Smartwatches sollen immer noch nach klassischen Schweizer Uhren aussehen.“

Frédérique Constant sitzt erst seit 1997 in Genf. Ursprünglich gegründet hatten die beiden Niederländer die Firma in Hongkong. In den Achtzigern arbeitete Aletta Stas dort als Account Manager für die Versicherung ING, ihr Mann für den Elektroriesen Philips als Produktmarketing-Manager. Sie verliebten sich im Schweizer Skiurlaub in die Idee, dort Luxusuhren zu erschwinglichen Preisen zu verkaufen. Swiss made versteht sich.

Als sie auf den Markt kamen, war die Branche inmitten der Quarzkrise. „Daher rannten wir auch offene Türen ein, als wir damals mit Zulieferern sprachen“, erinnert sich Peter Stas. Alle schauten nach neuen Geschäften. Später zog die Industrie wieder an, viele Zulieferer wurden von großen Herstellern übernommen, die Branche konsolidierte sich, immer mehr Firmengruppen entstanden.

Über Umsatz sprechen sie bei Frédérique Constant nicht. Nur so viel lässt sich entlocken: Im Jahr 2018 ist das Unternehmen im einstelligen Prozentbereich gewachsen. Die kommenden Jahre soll das Wachstum weiter anziehen: Neben der Manufaktur in einem Genfer Gewerbegebiet entsteht gerade ein Neubau samt kleinem Museum und Erlebnis-Store. Die Produktion soll damit in den kommenden fünf Jahren von heute 160.000 auf 250.000 Uhren wachsen, die Belegschaft von derzeit 190 Mitarbeitern um 80 bis 100.

In Tokio ist man offenbar zufrieden mit der Entwicklung. „Citizen lässt uns ziemlich unabhängig“, sagt Aletta Stas. Sie würden ihnen die Designs zeigen, sie über den aktuellen Stand informieren. „Es ist bisher eine sehr reibungslose Kooperation.“

Trotzdem fühlt es sich für die beiden manchmal komisch an, nicht mehr Eigentümer ihrer Firma zu sein. Frédérique Constant sei immer noch ihr Baby, sagt Aletta Stas, „aber nun ist es erwachsen“. Ihre beiden Kinder hatten kein Interesse daran, ins Unternehmen einzusteigen. Der Sohn, 22, studiert Quantenphysik, die 18-jährige Tochter Biowissenschaften und -technologie. Für sich selbst haben die Stas‘ indes noch kein Ausstiegsdatum festgelegt. „Wir hoffen, dass es noch viele weitere Jahre werden“, sagt Peter Stas.

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