Spielzeugkette Die Reste von Toys ‚R‘ Us kommen unter den Hammer

Nach sechs Jahrzehnten ist Schluss für Amerikas größte Spielzeugkette.
New York „Hier liegt Geoffrey, getötet von Wall-Street-Gier“, steht auf dem schwarzen Papp-Grabstein, den Mitarbeiter von Toys ‚R‘ Us in der Lobby des Finanzinvestors Bain in New York niedergelegt haben. Geoffrey ist die Giraffe, die der Spielzeughandelskette als Maskottchen diente. Nun liegt Geoffrey am Boden, daneben ein Sarg mit der Aufschrift: „Toys ‚R‘ Us – 1957 – 2018“.
Nach sechs Jahrzehnten ist Schluss für Amerikas größte Spielzeugkette. An diesem Montag kommen beim Insolvenzgericht in Richmond, Virginia der Name des Unternehmens, die Kundendaten und verschiedene Internetseiten unter den Hammer. Ende des Monats wird auch das letzte Geschäft schließen. Es ist eine der größten Insolvenzen in der Geschichte des amerikanischen Einzelhandels.
Was ist falsch gelaufen bei dem Einzelhändler, der einst die Spielzeugbranche dominierte wie kein anderer? Die Schuld liegt nicht nur beim Onlineriesen Amazon. Sie ist auch bei den Finanzinvestoren Bain Capital und KKR zu finden, die 2005 zusammen mit dem Immobilienfonds Vornado Realty Trust die Kette übernahmen.
Wie nach klassischem Private-Equity-Handbuch haben die Beteiligungsfirmen den 6,8 Milliarden Dollar hohen Kaufpreis vor allem dem Unternehmen in Form von Schulden aufgeladen.
Die Finanzinvestoren waren sicher nicht alleine an der Misere schuld. Aber „es hat eine schwierige Lage schlimmer gemacht“, erklärt Steven Dennis, Präsident der auf Einzelhandel spezialisierten Beratung Sage Berry Consulting.
Enorme Schulden
Statt in modernere Läden, Kundendienst und in den Onlinehandel zu investieren, floss das Geld in Zinszahlungen für die Schulden. Das zeigt auch ein Blick in die Bücher: Im vergangenen Jahr fielen allein für die Zinszahlungen 460 Millionen Dollar an. Das entsprach dem, was das Unternehmen operativ erwirtschaftete.
Aber es gab auch strategische Fehler. Toys ‚R‘ Us hat den Online-Handel fast komplett verschlafen. Außerdem hat es seinen Platz in der neuen Einzelhandelswelt nicht gefunden. Diese neue Welt spaltet sich immer mehr auf in Discounter und gehobene Spezialisten. Toys ‚R‘ Us sei weder besonders preiswert, gut sortiert oder gut erreichbar gewesen, noch habe eine interessantes Einkaufserlebnis geboten, kritisiert Berater Dennis. „Toys ‚R‘ Us ist eine Fallstudie für den Kollaps der langweiligen Mitte“, urteilt er.
Dabei war Toys ‚R‘ Us Teil einer durchaus florierenden Branche. „Die Nachfrage nach Spielwaren ist in den vergangenen Jahren sogar gestiegen“, erklärt Hunter Williams, Berater von Oliver Wyman. Aber die Verkaufskanäle wandelten sich: hin zu Amazon und Online generell, aber auch hin zu Spezialisten, die die Kunden mit neuen Produkten überraschen.
Nun steht das Ende bevor. 735 Läden haben alleine in Amerika geschlossen. Weltweit waren es mehr als 1000 Filialen mit rund 64.000 Mitarbeitern. Die 93 Geschäfte in Deutschland, der Schweiz und Österreich hat der irische Konkurrent Smyths Toys übernommen.
Berater Williams bezeichnet das Ende von Toys ‚R‘ Us als Weckruf: „Auch wenn man eine starke Marke hat und eine Branche dominiert, ist das keine Entschuldigung, sich auszuruhen.“
Steven Dennis von Sage Berry Consulting sieht es als Mahnung an alle Einzelhändler, nicht in der Mitte stecken zu bleiben, sondern ständig zu experimentieren. Toys ‚R‘ Us zeige auch, „dass man allein mit Kostensparen nicht zur Blüte“ gelangt, meint er.
Die Mitarbeiter, die in New York demonstrieren, werden im Juni ihr letztes Gehalt sehen. Die 33.000 Angestellten in den USA erhalten auch keine Abfindung. Vorstandschef Dave Brandon dagegen hat seinen Bonus noch vor dem Antrag auf Insolvenz ausgezahlt bekommen.
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