Sportartikelhandel Reebok ohne Adidas: Experten sehen eine Chance nur in der Fokussierung

Reebok werde sich verstärkt auf Frauen und Fitness konzentrieren müssen, sagt Branchenexperte Klaus Jost.
New York/München In den kommenden Tagen bringt Reebok die neue Kollektion der Rapperin Cardi B auf den Markt. Nach der Abspaltung von Adidas muss die Sportartikelmarke aus den USA ihr Profil schärfen, und Frauen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Experten sind überzeugt davon, dass sich das Unternehmen unter dem künftigen Eigentümer Authentic Brands Group (ABG) spezialisieren muss, wenn es endlich wieder an erfolgreiche Zeiten anknüpfen will.
Denn der Neustart wird nicht leicht werden. Reebok sei zwar eine sehr bekannte Marke und habe mit einem neuen Eigentümer das Potenzial, wieder relevanter zu werden, sagt Steve Dennis, Präsident und Gründer der Beratung Sageberry Consulting. „Doch spielt Reebok heute in einer Welt mit so vielen Wettbewerbern, dass es viel mehr Gegenwind gibt als früher.“
Adidas hatte Anfang August den Verkauf der seit vielen Jahren schwächelnden US-Marke für rund zwei Milliarden Euro an die Authentic Brands Group verkündet. Das Dax-Unternehmen will sich jetzt ganz auf die Kernmarke konzentrieren. Reebok, dessen Umsätze im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf rund 1,4 Milliarden Euro gesunken waren, muss nun seinen neuen Platz im Markt finden. Denn zu den Weltmarktführern Nike und Adidas wird die Marke wohl nicht mehr aufschließen können. „In diesen Megakampf kann sich kein anderer mehr einschalten“, sagt der Branchenexperte und Ex-Präsident von Intersport International, Klaus Jost. Die Marketingetats der beiden Weltmarktführer seien höher als die Umsätze von Konkurrenten wie Reebok.
Deshalb müsse Reebok sein Heil in der Nische suchen. Asics zum Beispiel habe dies vor allem bei sehr funktionalen Laufschuhen und im hochwertigen Indoor-Bereich gefunden. Bei Reebok lägen die Stärken insbesondere im Frauen- und im Fitnesssport. „Diese müssen ausgebaut werden.“
Mit der Authentic Brands Group (ABG) ist Reebok bei einem ganz besonderen Käufer untergekommen, der schon andere, fast totgesagte Marken unter sich versammelt hat. Dazu gehören die Kleidungsmarken Brooks Brothers, Barneys New York und Eddie Bauer ebenso wie die Rechte am Nachlass von Marylin Monroe und Elvis Presley.
Inventar wird nicht gehalten
Matt Powell, Sportartikelexperte der Beratung NPD, ist überzeugt, dass sich Reeboks Geschäftsmodell unter ABG-Gründer Jamie Salter grundsätzlich ändern wird. Gegenüber dem Branchendienst „Women’s Wear Daily“ hat Salter bereits erklärt, dass er kein Inventar halten wolle.
„Wie bei den anderen Marken wird Authentic Brands auch bei Reebok stärker zu den Einzelhändlern gehen und fragen, was sie wollen“, schätzt Berater Powell. Statt selbst die Produkte zu entwerfen und dann zu sehen, wer sie kauft, gehe der ABG-Gründer Salter lieber auf Nummer sicher und produziere nur das, was auch wirklich gefragt sei, erklärt Powell das Modell.
„Das könnte bedeuten, dass Reebok vielleicht nur eine kleine Zahl an Produkten im Sortiment haben wird, die aber dafür sehr profitabel sind“, sagt Powell. Der Experte weist darauf hin, dass im Moment zum Beispiel vor allem Retroschuhe aus den 80er- und 90er-Jahren gut liefen und auch Lifestyleprodukte. Die echten Sportler spricht Reebok derzeit nicht an.

Der Experte Powell ist überzeugt: Mit seinen Retro-Schuhmodellen ist Reebok besser aufgestellt als mit Kleidung für richtige Sportler.
Angesichts des immer noch moderaten Kaufpreises müsse Reebok nicht unbedingt zu Nike oder Adidas aufschließen, um sich für ABG als Investment zu lohnen, sagt Berater Dennis von Sageberry Consulting. „Wenn sie die Marke effizient führen, reicht auch ein geringerer Umsatz, damit sich das Investment gelohnt hat.“ Authentic Brands sei bekannt dafür, einst glorreichen Marken mit effizientem Marketing, Licensing und Produktbeschaffung wieder Leben einhauchen zu können.
Der Berater könnte sich auch eine Variante vorstellen, bei der Reebok quasi zur Hausmarke eines Einzelhändlers wie Kohl’s oder Target in den USA wird, der die Marke dann exklusiv vertreibt. Zuletzt versuchten immer mehr Einzelhändler, sich durch exklusive Kooperationen mit bestimmten Marken abzuheben. Ob Reebok jedoch als ganz kleine Marke überleben kann, daran hat der Berater Dennis seine Zweifel: „Ich bin überzeugt, dass man immer noch eine gewisse Präsenz im Einzelhandel braucht, um bei den Kunden relevant zu bleiben.“
Nach der Trennung von Adidas wieder fähig aufzublühen
Zumindest Reebok-Chef Matt O’Toole ist überzeugt, dass die Marke nach der Trennung von Adidas aufblühen kann. Es könne kaum gutgehen, wenn zwei Consumer-Marken innerhalb eines Konzerns miteinander konkurrieren, sagt er „Sportbusiness“ mit Blick auf die Zeit bei Adidas.
Am Ende werde immer eine Marke der große Bruder, die andere der kleine sein. Er verwies auf eine starke Position im Segment Frauenfitness und auf die jüngsten Investitionen in den E-Commerce. O’Toole hat die Fünf-Jahres-Strategie „Reebok unleashed“ (entfesselt) entwickelt. Dabei will er nicht so stark auf „Hardcore Performance“ setzen, sondern Reebok an der Schnittstelle von Sport und Style positionieren.
Adidas will nun befreit von der Last Reebok so richtig durchstarten. Für das laufende Jahr rechnet Konzernchef Kasper Rorsted mit bis zu 20 Prozent Wachstum. Im Rahmen der Mittelfriststrategie sollen die Erlöse dann bis 2025 im Schnitt jedes Jahr um acht bis zehn Prozent steigen.
Und Reebok? In einem sind sich Käufer, Unternehmen und Experten einig: Auch wenn sie in den vergangenen Jahren verwässert wurde, ist die Marke Reebok immer noch einiges wert. Im Gegensatz zu manchen Newcomern habe Reebok den Vorteil, eine traditionsreiche Marke mit einem starken Heritage (Erbe) zu sein, drückt es Jost aus.
In der Sportartikelbranche gebe es immer wieder Retro-Revivals alter Modelle. „Reebok hat da einen Fundus im Keller.“ Wenn die neuen Eigentümer alles richtig machten, habe Reebok zumindest die Chance, wieder um Platz drei oder vier unter den großen Sportartikelkonzernen mitzuspielen.
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