Suezkanal Havarierte „Ever Given“ ist vollständig frei – Verkehr soll wieder aufgenommen werden
Düsseldorf Für die erhoffte Freilegung des Frachters „Ever Given“, der seit vergangenen Dienstag den Suezkanal blockierte, hatte Ägyptens Staatsfernsehen in der Mittagszeit eigens einen Livestream per Youtube geschaltet. Doch das Schiff bewegte sich erst, als der Sender seine Kameras schon frustriert wieder abgeschaltet hatte.
Gegen 15 Uhr kam dann vom Kanaldienstleister Leth Agencies die erlösende Mitteilung: Es sei ihm eine „außerordentliche Freude zu bestätigen“, teilte er auf Twitter mit, „dass es der Kanalbehörde und ihren Mitarbeitern gelungen ist, die Ever Given wieder in Umlauf zu bringen“. Das Schiff hat am frühen Montagabend den Großen Bittersee erreicht, eine breitere Ausweichstelle innerhalb des Suezkanals. Dort wartet laut Daten der Schiffsortungswebsite Vesselfinder.com bereits ein gutes Dutzend großer Frachter auf die Weiterfahrt.
Der Kanalbetreiber SCA teilte am Montag weiter mit, dass der Verkehr in der für die globale Schifffahrt so wichtigen Wasserstraße wieder aufgenommen werden soll. Als der Frachter am frühen Montagabend ägyptischer Zeit in Gang kam, gab es Applaus und ein Hupkonzert der Schlepper-Crews, wie in Social-Media-Videos zu sehen und zu hören war.
„Der Schleppbetrieb für das Schiff sollte bei Flut sehr bald beginnen“, teilte die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd daraufhin ihren Kunden mit. Der beschädigte Bereich des Kanals werde nun inspiziert und gegebenenfalls repariert. „Wir erwarten“, freute sich Deutschlands größter Containerreeder, „dass die Transite später am Abend beginnen.“
Schon am frühen Dienstagmorgen war es dem Bergungsteam der niederländischen Firma Boskalis gelungen, das Heck der „Ever Given“ wieder frei zu bekommen. Der Durchbruch sei nach intensiven Bemühungen während einer Springflut erfolgt, hatte die Kanalbehörde erklärt. Zehn Schlepper waren dazu aus vier Richtungen im Einsatz.
„Heute werden wir unseren Plan beginnen, damit alle Schiffe den Kanal durchqueren können“, sagte Mohab Mamish, ein Berater des ägyptischen Präsidenten, der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Es könnte ungefähr eine Woche dauern, bis alle Schiffe den Suezkanal-Korridor verlassen.“ Aktuell sollen 369 Schiffe auf die Einfahrt in den Suezkanal warten.
Auflösung des Rückstaus wird bis zu vier Tage dauern
„Es ist wahrscheinlich, dass der normale Betrieb morgen wieder aufgenommen wird“, erwartet der Ulmer Logistikdienstleister Transporeon, der sich auf Waren- und Transportverfolgung spezialisiert hat. Es werde etwa vier Tage dauern wird, um den Rückstand der an beiden Enden wartenden Schiffe zu beseitigen.
Gegenüber dem maritimen Nachrichtendienst „Splash“ erklärten Mitarbeiter der Kanalbehörde, dass bei einer Wiedereröffnung zunächst Schiffe vorgelassen würden, die lebendes Vieh an Bord haben. Nach Angaben von Tierschützern sollen sich 130.000 Schafe auf den Schiffen befinden. Hapag-Lloyd berichtete, man habe noch keine Informationen darüber, in welcher Reihenfolge die Schiffe durch den Kanal gelassen werden.

Mehrere Schlepper ziehen den Frachter in Richtung Norden.
Das Containerschiff war vergangene Woche im Suezkanal auf Grund gelaufen und hatte die wichtige Route in beide Richtungen blockiert. Der unter panamaischer Flagge fahrende Frachter war in Richtung Rotterdam unterwegs, als er havarierte.
Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit den kürzesten Schifffahrtsweg zwischen Asien und Europa. 2020 durchfuhren nach Angaben der Suezkanal-Behörde fast 19.000 Schiffe die Wasserstraße. Durch die Blockade gingen dem Kanal bisher täglich Einnahmen von rund 13 bis 14 Millionen Dollar verloren.
Mehr: Frost, Dürre, Suezkrise – Die Just-in-Time-Ökonomie gerät in Gefahr
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Mir ist eine Sache nicht klar: Benötigen die Schiffe auf dem Suez-Kanal eigentlich keine Lotsen, wie sie auf anderen Kanälen (z. B. Panam-Kanal) üblich sind?
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.
Mit welcher heißen Nadel schreiben sie eigentlich ihre Berichte. Jetzt wird aus einem Containerschiff schon ein Tanker!!!
Mit welcher heißen Nadel schreiben sie eigentlich ihre Berichte. Jetzt wird aus einem Containerschiff schon ein Tanker!!!
"Durchbruch im Suezkanal" - tolle Schlagzeile - gab es schon mal, vor etwa 150 Jahren ...
Der Fluch der bösen Tat: Einseitiges sich abhängig machen von einem relativ kleinen Kanal. Größenwahn der Reeder, die nach immer mehr Größe trachten. obwohl Experten Jahrzehnte vor solchen Entwicklungen warnten. Auslagerung der Produktionen von der sog. westlichen Welt nach Fernost und Südost-Asien. Ausnutzung sog. komparativer Kostenvorteile zu Gunsten weniger und zu Lasten vieler Beteiligter. Zusammenbruch der Lieferkette (supply chain). Herzlichen Glückwunsch westliche Welt. Ihr seid Helden (des Chaos).