Systemgastronomie Burger-Grill Hans im Glück expandiert trotz Coronakrise

Die Geschäftsführer von Hans im Glück wollen in diesem Jahr das 100. Restaurant eröffnen.
Düsseldorf Den 22. März hat sich Johannes Bühler im Kalender markiert. „Dann dürfen wir Gastronomen zumindest wieder unsere Terrassenplätze öffnen – vorausgesetzt, die Sieben-Tage-Inzidenz bleibt unter 100“, sagt der Geschäftsführer von Hans im Glück, der mit bundesweit 80 Restaurants größten deutschen Burger-Kette. Doch er fürchtet einen „regionalen Flickenteppich“.
Zudem sei die Orientierung rein am Inzidenzwert mit enormen Planungsschwierigkeiten in Einkauf und Personalplanung verbunden, kritisiert Bühler, der die Geschäfte von Hans im Glück gemeinsam mit Jens Hallbauer führt. Steigen die Coronafälle über 50 pro 100.000 Einwohner, dürfen Gäste aus verschiedenen Haushalten nur mit tagesaktuellem negativen Coronatest an einem Tisch bewirtet werden.
„Wie soll das funktionieren?“, fragt sich der 37-Jährige. „Sollen unsere Mitarbeiter selbst testen, oder wird es bis dahin eine einheitliche Testurkunde geben?“ Für Bühler ist dies eine bürokratische Mammutaufgabe, zumal es bislang kaum kostenlose Tests gibt. „Das alles ist operativ nur schwer umsetzbar – und wird zunächst auch einige Gäste abschrecken.“
Einen zweistelligen Millionenumsatz hat die Restaurantkette bisher durch Corona verloren, die Erlöse sanken 2020 von 147 auf knapp 115 Millionen Euro. Von Laufkundschaft geprägte Standorte an Bahnhöfen, Flughäfen oder Kinos büßten am meisten ein.
Trotzdem gelang es der Franchise-Kette mit 3500 Mitarbeitern, den wirtschaftlichen Schaden maßgeblich einzugrenzen. Aus der Not startete Hans im Glück im zweiten Lockdown den Lieferdienst „Glücksbringer“. „Unser Bringservice ist extrem erfolgreich, sodass wir ihn auch nach der Pandemie beibehalten“, so Bühler.
„Gewinner der Krise werden die Gastronomen sein, die Flexibilität gezeigt haben – etwa mit Außer-Haus-Angeboten“, sagt Moritz Dietl, Geschäftsführer der Hotel- und Gastro-Beratung Treugast. Die Lage der Branche ist dramatisch. Der Umsatz brach 2020 um real 35 Prozent ein. Drei von vier Unternehmen bangen um ihre Existenz, so eine Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga).

Der Terrassenbetrieb im Sommer sowie das Liefergeschäft haben die Kette durch die Krise gebracht.
Die Burger-Kette wiederum haben das gute Terrassengeschäft im Sommer und der Außer-Haus-Service bislang durch die Krise gebracht. Zudem haben die Eigentümer von Hans im Glück mit einem achtstelligen Euro-Betrag die Liquidität aufrechterhalten – bis die staatlichen Hilfen ankommen.
Trotz Pandemie ging die Expansion weiter. Acht neue Restaurants öffneten 2020, etwa in Heidelberg, Kiel und Winterthur in der Schweiz. In diesem Jahr soll der 100. Burger-Grill aufmachen. Das Interesse von Franchisenehmern an der Marke sei groß. „Deshalb gibt es keine Notwendigkeit, unsere Expansionspläne zu verlangsamen“, so Bühler. 160 Restaurant im Jahr 2024 hält er für „absolut realistisch“.
Die Gefahr, dass sich die Restaurantkette wie das zwischenzeitlich insolvente Vapiano mit der Expansion überhebt, sieht Gastro-Berater Axel Weber nicht. Die Pandemie schaffe für Hans im Glück klare Chancen – auch weil Standorte durch die Marktkonsolidierung frei würden.
Dabei hatte das Unternehmen vor Corona unruhige Zeiten und einen Eigentümerwechsel durchlebt. 2010 eröffnete Thomas Hirschberger in München den ersten Burger-Grill unter dem Namen. Zuvor hatte er bereits die Kette Sausalitos gegründet. Hans im Glück, dessen Markenzeichen die Birkenstämme im Gastraum sind, wuchs rasant durch Franchising. 2014 gab es bereits 30 Restaurants und etwa 1200 Mitarbeiter. „Die Idee, über den Namen, die Story und ein unverwechselbares Design unvergessliche Bilder in den Köpfen zu erzeugen, war brillant und richtungsweisend“, meint Weber.
Peter Pane spaltete sich ab
2016 gab es den ersten Dämpfer. Es kam zum Bruch mit Franchisenehmer Paniceus, der zwölf Filialen vor allem im Norden betrieb. Paniceus-Chef Patrick Junge benannte seine Restaurants in Peter Pane um. Es folgten heftige juristische Querelen. „Peter Pane sehen wir als Wettbewerber, der extrem ähnlich zu uns war, von Design über Produkte bis Menüaufbau“, so Bühler. „Nach einigen Gerichtsprozessen haben wir aber einen ordentlichen Vergleich geschlossen.“
2017 eröffnete Hans im Glücks 50. Restaurant auf der Orchard Road in Singapur. Doch bei dem hohen Wachstumstempo schwächelte der kaufmännische Überblick. „Wenn eine Firma so schnell wächst, ist das immer eine Krisensituation“, erklärt Bühler, der seit 2014 in der Geschäftsleitung ist. „Die strukturellen Engpässe im Rechnungswesen haben wir behoben.“
Die Expansion brachte Liquiditätsengpässe. Ab 2017 stieg Bühlers Vater Gerd mit insgesamt mehr als zehn Millionen Euro ein, um Gründer Hirschberger finanzielle Luft zu verschaffen. Als dieser Finanzinvestoren suchte, stellte sich der Minderheitsgesellschafter quer. „Im Mittelstand kommt es eben häufiger zu Meinungsverschiedenheiten der Eigner“, meint Johannes Bühler dazu. Sein Vater durfte laut Vertrag selbst auf Käufersuche gehen und wurde bei den Gründern der Backwerk-Kette, Dirk Schneider und Hans-Christian Limmer, fündig. Im Januar 2020 verkaufte Hirschberger seinen Anteil von 90 Prozent an Hans im Glück.
Die neuen Eigentümer können die Burger-Kette weitgehend frei von Altlasten weiterentwickeln. Die Backwerk-Gründer halten über eine GmbH mehr als 50 Prozent der Anteile, Gerd Bühler mit seiner Frau 35 Prozent. Bühlers Geschäftspartner Klaus Mutschler besitzt ebenso Anteile wie die kaufmännische Leiterin Vera Weiß.
Jeder dritte Burger ist veggie
Die Backwerk-Gründer geben neue Impulse. „Vor allem im Bereich Immobilien und Franchising haben wir gelernt, noch besser zu wirtschaften“, so Bühler. Gastronomisch mischen sich die beiden nicht ein. Geschäftsführer Hallbauer ist überzeugt, dass das Konzept „Gourmetburger“ seine besten Zeiten noch vor sich hat, frühere Hypes wie Sushi oder die Tex-Mex-Küche hätten sich dauerhaft etabliert. Experte Weber gibt dieser Einschätzung recht: „Die Premiumisierung der letzten 20 Jahre hat den Burger gesellschaftsfähig gemacht.“ Auch Fast-Food-Ketten bieten längst sogenannte Better Burger an.
Fast jeder dritte Burger, den Hans im Glück heute verkauft, ist vegan oder vegetarisch. Die Tierschutzorganisation Peta zeichnete die Kette 2020 als „veganfreundlichsten Systemgastronomen“ aus. „Das Angebot bauen wir weiter aus“, sagt Hallbauer, 31.

Hans im Glück setzt schon länger auf fleischlose Alternativen.
Die Geschäftsführer kennen sich seit ihrer Ausbildung in der Sterneküche. Bühler hatte nach dem Wirtschafts- und Philosophiestudium eine „Quarterlifecrisis“, wie er sagt. Er suchte etwas Praktisches. Mit 27 Jahren fing er bei Sternekoch Wolfgang Becker in Trier an – „als wahrscheinlich ältester Koch-Azubi Deutschlands“.
Dort traf er Hallbauer, der ihm sofort auffiel als „absoluter Ruhepol in der hektischen Küche“. Letzterer stieg nach dem BWL-Studium 2014 in der Zentrale von Hans im Glück ein.
Kulinarische Experimente wie Erdbeer-Rosmarinsauce für einen Burger mit Hirschpattie ließen beide schnell sein. Bestseller in Coronazeiten ist der vegane Burger Naturbursche. „Wir hoffen sehr, dass wir den unseren Gästen bald wieder im Burger-Grill servieren dürfen.“
Mehr: Wie Gustavo Gusto die Tiefkühlpizza vom Junkfood-Image befreit hat.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.