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Lokführer-Streik

Fahrgäste blicken am frühen Morgen auf die Abfahrtstafel am Stuttgarter Hauptbahnhof.

(Foto: dpa)

Tarifkonflikt Große Teile des Bahnverkehrs lahmgelegt – Lokführer-Chef Weselsky: „Der Streik läuft hervorragend“

Der GDL-Streik ist in der Nacht angelaufen und trifft viele Urlauber. Es gelten Ersatzfahrpläne. Tausende Fahrgäste müssen improvisieren, einige weichen auf Fernbusse und Flieger aus.
11.08.2021 Update: 11.08.2021 - 11:45 Uhr 4 Kommentare

Berlin, Frankfurt, München Für Bahnreisende und Pendler haben zwei harte Tage begonnen. Ein Streik der Lokführergewerkschaft GDL legt seit dem frühen Mittwochmorgen einen großen Teil des Personenverkehrs der Deutschen Bahn lahm. Der Ersatzplan sei angelaufen, teilte die Bahn mit. „Trotz der kurzfristigen Ankündigung ist es gelungen, die Ersatzfahrpläne im Fern- und Nahverkehr stabil umzusetzen.“

Weil deutlich weniger Züge führen, gebe es aber starke Beeinträchtigungen für die Fahrgäste. „Die DB kann nicht garantieren, dass alle Reisenden heute wie gewünscht an ihr Ziel kommen“, hieß es. Daher bitte die Bahn Fahrgäste, Reisen möglichst zu verschieben. GDL-Chef Claus Weselsky forderte den Konzern zu einem neuen Angebot im Tarifstreit auf.

Am Mittwochmorgen standen die Personenzüge in vielen Bahnhöfen still. Bahnsteige waren leer. „Zug fällt aus“, war vielfach an den Anzeigetafeln zu sehen. Der Ausstand im Personenverkehr begann am frühen Morgen, während der Güterverkehr schon seit Dienstagabend betroffen war.

Im Fernverkehr mit ICE, Intercity und Eurocity fährt nach Bahn-Angaben etwa jeder vierte Zug. Im Regional- und S-Bahnverkehr schwanke das Angebot je nach Region stark. „Ein Streikschwerpunkt liegt in den östlichen Bundesländern“, erklärte die Bahn. Auf vielen wichtigen Regionalverbindungen wie Berlin-Magdeburg gebe es ein Grundangebot. Bei großen S-Bahnen wie in Berlin und München laufe ein stabiler Ersatzfahrplan.

Die Bahn bat Fahrgäste, nicht zwingend notwendige Reisen zu verschieben. Wegen der Pandemie rief sie auch zur Rücksichtnahme in den Zügen auf. Der Ausstand trifft die Fahrgäste mitten in der reisestarken Urlaubszeit: In 11 der 16 Bundesländer sind Schulferien. Betroffen sind auch grenzüberschreitende Verbindungen.

Am Frankfurter Hauptbahnhof ging am Mittwochmorgen nicht viel. Quelle: dpa
Lokführerstreik

Am Frankfurter Hauptbahnhof ging am Mittwochmorgen nicht viel.

(Foto: dpa)

Die Passagiere wichen am Mittwoch verstärkt auf andere Verkehrsmittel aus: Wegen des Andrangs setzt die Lufthansa bis einschließlich Freitag größere Flugzeugtypen auf ihren innerdeutschen Flügen ein, wie eine Sprecherin am Mittwoch berichtete. Auf den 70 bis 80 Flügen pro Tag seien nun verstärkt auch Airbus A321 unterwegs, mit bis zu 215 Sitzen der größte Typ in der Mittelstreckenflotte des Herstellers. Es seien aber keine zusätzlichen Flugzeuge reaktiviert worden.

Höhere Preise für Fernbusse und Flugreisen

Der Fernbus-Anbieter Flixbus verzeichnet im Vergleich zur Vorwoche eine um etwa 70 Prozent höhere Nachfrage. Auch die Fernzüge der Marke Flixtrain würden um rund 30 Prozent mehr gebucht als in der vergangenen Woche. Laut der Flixbus-Leitstelle hat sich der Streik am Mittwochvormittag auf den Straßen noch kaum bemerkbar gemacht. Busse und Bahnen seien planmäßig und pünktlich unterwegs.

Bei einer erhöhten Nachfrage steigen auch die Preise für die Einzeltickets. Flixbus und Lufthansa arbeiten mit automatisierten Buchungssystemen, die automatisch höhere und teurere Buchungsklassen aufmachen, wenn die Plätze knapp werden.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnete den Streik als „völlig unangemessen und überzogen“. GDL-Chef Weselsky sagte: „Mit diesem ersten Signal muss dem Management klar werden, dass mit uns nicht gut Kirschen essen ist.“

Lokführerstreik legt bundesweiten Verkehr der Deutschen Bahn lahm

Weselsky wertet die ersten Stunden des Streiks bei der Deutschen Bahn als vollen Erfolg. Der Arbeitskampf laufe „hervorragend“, sagte er am Mittwoch im Gespräch mit Reuters TV. „Ich muss sehr deutlich sagen, dass unsere Kollegen sehr diszipliniert in den Streik eingetreten sind.“

Bereits um 6 Uhr morgens habe man um die 700 Züge zum Stillstand gebracht. Zudem hätten auch Fahrdienstleiter in mehreren Stellwerken mitgestreikt, sagte Weselsky. Dies sei für die GDL besonders ermutigend, da sie sich auch jenseits des Zugpersonals bei der Bahn ausbreiten wolle. Der Ausstand sei bundesweit und treffe Nah-, Fern- und Güterverkehr. Da es in Westdeutschland aber noch Beamte gebe, die nicht streiken dürften, seien die Auswirkungen in Ostdeutschland größer.

Überfüllte Züge in Corona-Zeiten: Weselsky wehrt sich gegen Kritik

Weselsky wehrte sich gegen den Vorwurf, der Streik sei wegen jetzt überfüllter verbleibender Züge in der Corona-Pandemie besonders gefährlich. Die Züge seien teils schon vor dem Arbeitskampf sehr voll gewesen. Zudem habe die GDL schon vor längerer Zeit ein Reservierungssystem gefordert, um die Zug-Auslastung zu steuern. Die Bahn habe dies abgelehnt.

Im ZDF-„Morgenmagazin“ bekräftigte er die Forderung an den Staatskonzern, ein neues Angebot vorzulegen. Die Offerte mit einer Laufzeit von 40 Monaten bedeute eine Entwertung des Tarifs über die Länge der Laufzeit von unter einem Prozent im Jahr. „Das ist für uns nicht verhandelbar. Das haben wir klar und deutlich gemacht“, sagte Weselsky.

Der Fahrgastverband Pro Bahn mahnte verlässliche Informationen der Bahnkunden an. „Nichts ist ärgerlicher, als bei einem Streik auf einen Zug zu warten, der dann nicht verkehrt.“ Der Verein rief Bahn und GDL dazu auf, in einer Schlichtung eine Lösung zu finden.

Die Lokführergewerkschaft kämpft um mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn. Anders als die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will sie in diesem Jahr keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptieren. So will die GDL auch bei den Mitarbeitern im Machtkampf mit der EVG punkten.

Nicht bestreikt werden Konkurrenten der Deutschen Bahn. Sie haben im Regional- und Güterverkehr beträchtliche Marktanteile. Allerdings sind auch bei ihnen Einschränkungen möglich, wenn sich auch Fahrdienstleiter dem GDL-Streik anschließen. Es ist der erste Streik bei der Bahn seit Dezember 2018, als die EVG ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufrief. Die GDL legte zuletzt vor sechs Jahren die Arbeit nieder.

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Sie fordert unter anderem Lohnerhöhungen wie im öffentlichen Dienst von rund 3,2 Prozent sowie eine deutliche Corona-Prämie im laufenden Jahr. „Wir erwarten Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit“, sagte Weselsky. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll 28 Monate betragen. Auch um Betriebsrenten wird gerungen.

Wegen Milliardenverlusten in der Pandemie will die Bahn die Erhöhung auf spätere Stufenzeitpunkte verteilen, bei einer Vertragslaufzeit von 40 Monaten. Hinzu kämen Leistungen zur Altersvorsorge und der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.

Mehr: Bahn-Streik ab Mittwoch – Im Fernverkehr fährt nur jeder vierte Zug

  • dpa
  • rtr
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4 Kommentare zu "Tarifkonflikt: Große Teile des Bahnverkehrs lahmgelegt – Lokführer-Chef Weselsky: „Der Streik läuft hervorragend“"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • War das nicht auch mit Ziel der Privatisierung, die Beamten loszuwerden, die nicht streiken dürfen?

  • Wieso jetzt alle so wütend auf die GDL sind, ist mir vollkommen schleierhaft. Sollen die etwa zu Zeiten streiken, wenn kein Mensch Zug fährt? Dann macht Streik doch überhaupt keinen Sinn. Genauso sinnlos wäre es, wenn Produktionsmitarbeiter streiken, wenn die Maschine gerade nicht läuft. Streik ist ihr gutes Recht, niemand sollte inflationsbedingte Lohnsenkungen hinnehmen. Entweder soll sich die DB endlich mit der GDL einigen oder eben die Züge automatisieren, dann ist das Problem Geschichte.

  • Na ja, jemand der als Begründung seiner Forderungen auch die Ruhestandsgehälter von Vorständen und deren Höhe anführt, diesen Menschen kann ich sowieso nicht ernst nehmen.
    Wer Vorstandsgehälter will, muss in den Vorstand. Bleib doch jedem unbenommen sich dafür zu qualifizieren.

  • Einen Streik, der hunderttausende Menschen betrifft, die über Monate von Coronabeschränkungen geplagt sind, mit "läuft hervorragend" zu bezeichnen ist zynisch.

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