Tarifstreit GDL droht mit weiteren Streiks – Bahn will noch am Wochenende verhandeln

Die Bahn wurde seit Mittwoch bestreikt.
Berlin Die Deutsche Bahn hat die Lokführergewerkschaft GDL nach dem Streik-Ende zu sofortigen Verhandlungen aufgerufen. Dazu sei man auch noch am Wochenende bereit, erklärte die Bahn am Freitagnachmittag. Von einem verbesserten Tarif-Angebot ist in der Mitteilung allerdings nicht die Rede.
Dieses hatte die GDL als Voraussetzung für Gespräche und einen Verzicht auf neue Arbeitskämpfe genannt. "Entweder es kommt ein verbessertes Angebot auf den Tisch, oder wir lassen erneut die Züge in diesem Land stehen", hatte GDL-Chef Claus Weselsky gewarnt. Der Ausstand zwischen Dienstagabend und Freitagfrüh sei ein „großer Erfolg“ gewesen, die Mitglieder weiter wütend und streikbereit. Man werde der Bahn-Spitze nicht viel Zeit für ein neues Tarifangebot geben.
Ein weiterer Arbeitskampf werde aber für die Reisenden mit größerem Vorlauf als die 15 Stunden in dieser Woche angekündigt. Die Bahn hatte zuvor erklärt, die GDL-Spitze habe ihr Ziel verfehlt, da nur ein Viertel der 20.000 Lokführer gestreikt habe. Allerdings seien Millionen Reisende getroffen worden. Ob sie nun ein verbessertes Angebot vorlegt, ließ sie offen.
Am Freitagmorgen pendelte sich der Bahn-Verkehr wieder ein. Im Laufe des Tages soll er normal rollen. Allerdings rechnet die Bank am Freitag wie am Wochenende mit deutlich volleren Zügen als üblich. „Wir erwarten die verkehrsreichsten Tage des Jahres“, sagte ein Bahnsprecher. Dies hat mit den Wochenend-Pendlern, den Sommerferien und vor allem mit den nachgeholten Fahrten nach dem Streik zu tun.
Nach Angaben der Bahn fiel während der Streiktage etwa drei Viertel des Fernverkehrs- und 60 Prozent des Nahverkehrs-Angebots aus. Im Nahverkehr fahren auch Konkurrenten der Deutschen Bahn, die nicht bestreikt wurde. Getroffen wurde auch der Güterverkehr: Etwa 300 Güterzüge blieben stehen. Dies habe die Lieferketten aus dem Gleichgewicht gebracht und habe bis ins europäische Ausland ausgestrahlt, erklärte die Bahn. Mit großem Aufwand habe man Kraftwerke und große Industriebetriebe noch beliefern können.
GDL-Chef Weselsky warf dem Management des Staatskonzerns vor, den Streik kleinzureden. Es provoziere damit nur neue Arbeitskämpfe. Der Not-Fahrplan für den Fernverkehr sei keineswegs stabil gewesen. Die GDL will nun zunächst einen Protesttag am kommenden Dienstag vor der Bahn-Zentrale in Berlin organisieren.
Weselsky weist Kritik zurück
Scharf kritisierte Weselsky auch Aussagen des Bahn-Beauftragten der Bundesregierung, Enak Ferlemann. Dieser hatte die Tarifforderungen der GDL als vorgeschoben bezeichnet. Die GDL wolle als kleinere Gewerkschaft das Tarifrecht ändern und zudem einen Umbau des Konzerns. Dies seien aber politische Forderung seien, für die nicht gestreikt werden dürften. „Wir lassen uns nicht einreden, dass dies ein politischer Streik ist“, sagte Weselsky.
Der Bund als Eigentümer solle vielmehr auf die Bahn für eine Lösung des Konflikts einwirken. Das Bundesverkehrsministerium hielt sich bedeckt und verwies auf die Tarif-Autonomie. Verkehrsminister Andreas Scheuer hoffe, dass sich die Lage bald wieder normalisiere, sagte ein Sprecherin.
Die Bahn hatte der GDL zuletzt Lohnerhöhungen in zwei Schritten angeboten: 1,5 Prozent zum 1. Januar 2022 und 1,7 Prozent zum 1. März 2023, bei einer Laufzeit bis Ende Juni 2024. Der GDL reicht dies nicht. Sie fordert unter anderem frühere Lohnerhöhungen, eine kürzere Laufzeit und einen Corona-Bonus von 600 Euro.
Mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte der auch durch die Coronakrise angeschlagene Konzern bereits im vergangenen Jahr einen Sanierungstarifvertrag geschlossen, den die GDL als völlig unzureichend kritisiert hat. Zusätzlich kompliziert wird die Tarifrunde dadurch, dass EVG und die GDL beide den Anspruch erheben, für fast alle der 185.000 Beschäftigten in Deutschland beim Schienenpersonal zu verhandeln.
Die Bahn sieht sich aber gezwungen, das Tarifeinheitsgesetz anzuwenden. Danach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Laut Bahn hat die GDL nur in 16 der rund 300 Einzelbetriebe des Konzerns die Mehrheit. Die GDL bestreitet das und zieht deswegen vor Gericht.
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