Touristik-Airlines Alltours fliegt Tuifly voraus

Der Alltours-Inhaber verzichtet wieder auf eigene Flugzeuge.
Düsseldorf Raus aus dem eigenen Fluggeschäft, heißt es seit Freitag bei Tui in Hannover. Doch während Deutschlands Reisemarktführer mit seinen Plänen die hauseigenen Crews gegen sich aufbringt und Kunden um ihre Urlaubsflüge bangen lässt, rettet eine ähnliche Strategie dem Rivalen Alltours schon jetzt das Jahresergebnis. „Wir haben unser Geschäftsmodell radikal geändert“, berichtet dort Geschäftsführer Markus Daldrup. „Dies hat uns trotz der deutlich rückläufigen Urlauberzahlen das Jahresergebnis bewahrt.“
Ähnlich wie Tui war der fünftgrößte deutsche Urlaubsveranstalter – Jahresumsatz: 1,5 Milliarden Euro – bis zu diesem Jahr mit hohem Risiko im Flugreisegeschäft engagiert. Noch im Januar charterte der Alltours-Inhaber Willi Verhuven sechs Airbus-Maschinen bei Germania, um Sitzplätze für Mallorca-Flüge zu verkaufen. Zu Ostern besorgte er sich komplette Charter-Flieger bei Eurowings für Trips nach Fuerteventura und Gran Canaria, selbst bei Lufthansa lieh er sich einen Flieger aus, um die Sitzplätze dann auf eigene Kosten zu vermarkten. Zwei Airbus-321-Maschinen, die Verhuven bei Germania mietete, ließ er in eigene Firmenfarben samt dem „Alltours“-Schriftzug umlackieren.
Spätestens in diesem Sommer erwiesen sich die Aktionen als unbezahlbarer Luxus. Denn nach den Terroranschlägen im östlichen Mittelmeer blieben Maschinen leer, weil sich Urlauber lieber mit dem eigenen Auto an Nordsee und Adria erholten. „Bei vielen Vollcharterflügen mussten wir die Einzelplätze unter Einstandskosten verkaufen“, beklagt Daldrup eine Situation, die auch Tui-Chef Fritz Joussen vor einiger Zeit bei seiner Deutschlandtochter notierte. Doch die inhabergeführte Alltours reagierte schneller. Sie beendete das Verlustgeschäft, indem es sich von ihm fast vollständig trennte.
Die börsennotierte Tui tut sich indes mit ihrem geplanten Ausstieg erheblich schwerer. Nachdem Airline-Chef Henrik Homann vergangenen Freitag im Aufsichtsrat der deutschen Tuifly erläuterte, man wolle das Fluggeschäft mit der Air-Berlin-Tochter Niki unter ein gemeinsames Dach bringen und den Anteil an der Holding auf 25 Prozent begrenzen, führte dies zu massiven Protesten unter den Mitarbeitern. Am Montag hagelte es Krankmeldungen bei den Crews von Tuifly, die auch für den Betrieb von 14 an Air Berlin vercharterten Maschinen verantwortlich ist. Seither strapazieren Verspätungen und Flugausfälle bei beiden Airlines die Nerven der Reisekunden.
Selbst die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit (VC) und Verdi schalteten sich am Donnerstag ein, um mit Sofortmaßnahmen den Flugbetrieb zu stabilisieren. Mit Unterstützung der Arbeitnehmerorganisationen rief Air Berlin seine Piloten, Flugbegleiter und Bodenmitarbeiter dazu auf, auf freiwilliger Basis Sondereinsätze zu leisten.
Cleverer Arbeitskampf
In den Flughäfen Stuttgart, Hannover, Frankfurt, Berlin-Tegel und Hamburg herrschte an den Schaltern von Tuifly und Air Berlin zeitweise Chaos. Nachdem es schon seit Montag zu zahlreichen Ausfällen kam, musste Tuifly auch gestern eigenen Angaben zufolge 47 von 110 Flügen ersatzlos streichen. 63 Flüge konnten nur deshalb angeboten werden, weil die Tui-Tochter 18 Flugzeuge anderer Airlines, darunter der britischen Titan Airways, anmietete. Beunruhigt sind deshalb zahlreiche Fluggäste, weil am heutigen Freitag in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen die Herbstferien starten.
„Kollektive Krankmeldungen unterhalb von drei Tagen sind ein extrem schlaues Teflon-Mittel, gegen das sich der Arbeitgeber kaum wehren kann“, wertete der Berliner Arbeitsrechtler Robert von Steinau-Steinrück die offensichtliche Arbeitskampftaktik vieler Tuifly-Mitarbeiter. Gegenüber dem Handelsblatt bestätigte ein Unternehmenssprecher, dass erst ab dem vierten Krankheitstag ein ärztliches Attest fällig werde.
Dabei erscheint die Trennung vom Fluggeschäft als ein leichter Weg, das Geschäft der Ferienveranstalter zu stabilisieren. „Im Fluggeschäft gibt es erhebliche Überkapazitäten“, berichtet Alltours-Chef Daldrup gestern. Nicht einmal der geplante Schrumpfkurs von Air Berlin werde daran etwas ändern. „Es bleiben immer noch genügend Flugzeuge verfügbar.“
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