Touristik Corona-Lockerungen lösen Kundenansturm auf Reisebüros aus

Spanien gehört zu den beliebtesten Urlaubsländern der Deutschen.
Düsseldorf Die in den vergangenen Tagen gelockerten Einreisebestimmungen innerhalb Europas sorgen für einen Ansturm auf die Reisebüros und die Internetseiten der Urlaubsanbieter. „Griechenlands Feriendestinationen Thessaloniki und Athen verzeichneten zwischen Ende Mai und Anfang Juni einen Suchanstieg um 550 Prozent bei den deutschen Urlaubern“, berichtet Friederike Burge vom Flugreiseportal Skyscanner.
Bei Portugals Küstenstädten Faro und Lissabon betrug der Nachfragezuwachs laut Skyscanner 340 Prozent. „Wir erleben derzeit eine deutlich gesteigerte Anzahl an Suchanfragen und Buchungen, da Reisende auf die veränderten Einschränkungen reagieren“, sagt Burge.
Fast alle Nachbarländer Deutschlands haben die Einreisemöglichkeiten für Urlauber in den vergangenen Tagen deutlich gelockert. So entfallen jetzt bei der Einreise in die Niederlande sowohl die Testpflicht als auch die Quarantäne. Auch ganz Italien zählt seit dem 6. Juni nicht länger als Corona-Risikogebiet.
Ab diesem Sonntag folgen zahlreiche weitere Urlaubsdestinationen. Wegen sinkender Corona-Infektionszahlen streicht die Bundesregierung ganz Österreich sowie Teile Griechenlands, Kroatiens und der Schweiz von der Liste der Risikogebiete. Auch für Zypern und Madeira gibt es Entwarnung: Wer von dort nach Deutschland kommt, muss dann keinerlei Einreisebeschränkungen wegen Corona mehr beachten. Die Balearen, die Kanaren und Teile des spanischen Festlands gelten schon länger nicht mehr als Risikogebiete.
Zum 1. Juli hebt die Bundesregierung die Warnung vor touristischen Reisen weltweit für fast 100 Länder auf und rät ab dem Zeitpunkt auch nicht mehr generell von touristischen Reisen ins Ausland ab.
„Wir erleben derzeit einen regelrechten Run“, berichtet Marija Linnhoff vom Verband Unabhängiger Selbstständiger Reisebüros (VUSR). „Fast alle Agenturen sind dabei, ihre Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückzuholen.“ Der Nachholbedarf in Sachen Urlaub sei bei den Deutschen offenbar enorm.
Der Gewinner heißt Griechenland
Eindeutiger Gewinner bei der Wiedereröffnung des Urlaubsmarktes ist Griechenland. „Das Land hat die Öffnung im Mai schon frühzeitig angekündigt und profitiert nun davon“, berichtet Dirk Inger vom Deutschen Reiseverband (DRV). Weil Deutschlands Reiseveranstalter umgehend reagierten, ist das Flugangebot nach Hellas aktuell sogar 23 Prozent größer als im Sommer 2019, als das Coronavirus das Reisegeschehen noch nicht beeinflusste.
Das Flugangebot für nahezu alle übrigen Feriengebiete liegt dagegen noch deutlich unter dem üblichen Niveau. Nach Spanien, Portugal, Italien und Kroatien fliegen in diesem Sommer ein Drittel weniger Flugzeuge von Deutschland aus als noch 2019. „Allein die Türkei ist wieder nahezu auf dem Stand von vor der Pandemie“, berichtet Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL).
Trotz der geschrumpften Flugkapazitäten – innerhalb Europas 34 Prozent unter dem Stand von 2019, im Fernreisemarkt sogar um 44 Prozent niedriger – sind Tickets billig zu haben. „Flüge im Juli 2021 zu den Top-Reisezielen sind bis zu 24 Prozent günstiger als noch zum gleichen Zeitpunkt im Jahr 2019“, berichtet Skyscanner-Managerin Burge. Auch im August seien manche Destinationen noch günstiger als vor der Corona-Pandemie.
Denn ausgebucht sind die Urlaubsregionen längst noch nicht. „Verglichen mit 2019 schauen wir aktuell auf ein Buchungsvolumen von 30 Prozent“, berichtet DRV-Hauptgeschäftsführer Inger. „Das ist noch kein normaler Sommer.“ Insgesamt werde man 2021 im Reisemarkt vermutlich nur auf ein Volumen von 40 Prozent dessen kommen, was von deutschen Urlaubern 2019 ausgegeben wurde.
Sorgen bereitet nämlich der Fernreisemarkt. Während aktuell jeweils 40 Prozent der Pauschalreisen für Ziele am westlichen (Spanien, Portugal) oder östlichen Mittelmeer (Griechenland, Türkei) gebucht werden, machen Trips in die Karibik, nach Neuseeland, Australien oder die USA gerade einmal 15 Prozent aus. In einige dieser Gebiete dürfen lediglich ausgewählte Personengruppen einreisen. In Ländern wie Thailand müssen selbst Geimpfte nach der Ankunft in Quarantäne.
Sorge ums Herbstgeschäft
In der Dominikanischen Republik wurden die Corona-Restriktionen nach einer kurzzeitigen Öffnung Anfang Juni erneut verschärft. Beliebte Urlaubsziele wie Ägypten, Tunesien, die Malediven oder die Seychellen gelten sogar als Hochrisikogebiete.
„Wenn es bis Oktober dabei bleibt“, warnt Reisebüroexpertin Linnhoff, „bekommen wir ein Problem.“ Denn ab Herbst bestimmen üblicherweise die Fernziele das Buchungsgeschehen. Eine Ausweichmöglichkeit, so hofft man in der Branche, könnte allenfalls das Kreuzfahrtgeschäft werden.
Wie bereits im Coronajahr 2020 bleibt aber ein Großteil der Deutschen wohl im Heimatland – wovon insbesondere die Ferienhausvermieter profitieren. Nur sieben Prozent der Unterkünfte an der Ostsee seien für Ende Juli und Anfang August noch buchbar, ermittelte die Ferienhaus-Suchmaschine Holidu, an der Nordsee zählte das Portal 16 Prozent. Auch im Chiemgau, in der Bodensee-Region und in Garmisch-Partenkirchen seien die Vakanzen mit einem Restbestand zwischen zehn und zwölf Prozent für die Sommerferien nahezu erschöpft. Entsprechend stiegen dort in dieser Saison die Preise.
Doch die Zahlungsbereitschaft ist hoch, wie Tui-Chef Fritz Joussen neulich versicherte. Weil sich viele Urlauber eine luxuriösere Ausstattung und mehr Urlaubstage gönnten, seien die verkauften Reisepakete in dieser Saison im Durchschnitt 22 Prozent teurer.
Dennoch meiden viele Urlauber, wie schon im Vorjahr, dem Vernehmen nach volle Strände und überfüllte Innenstadtlagen. Der Filter „Pool“, beobachteten die Holidu-Betreiber, sei bei der Recherche für die Sommermonate das am häufigsten genutzte Suchkriterium. Auch Apartments mit Parkplatz würden im Vergleich zum vorvergangenen Jahr 40 Prozent häufiger gesucht.
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