Übernahme Brillenspezialist Rodenstock bekommt neuen Eigentümer: „Hochzeit wie im Himmel“

Der Rodenstock-CEO sieht den neuen Investor als idealen Partner.
Foto: Rodenstock
München Der traditionsreiche Brillenhersteller Rodenstock bekommt wieder einmal einen neuen Eigentümer. Der Finanzinvestor Apax Fonds übernimmt die Mehrheit vom Private-Equity-Investor Compass. „Apax ist der ideale Partner für uns, das ist wie eine Hochzeit im Himmel“, sagte Rodenstock-CEO Anders Hedegaard dem Handelsblatt.
Für Rodenstock ist es schon der vierte Finanzinvestor als Eigentümer in den vergangenen knapp 20 Jahren. Der Kaufpreis dürfte laut Branchenkreisen bei etwa 1,5 Milliarden Euro liegen. Rodenstock hatte in früheren Jahren mit einer verpatzten US-Offensive, hohen Schulden und den häufigen Eigentümerwechseln zu kämpfen.
Unter Hedegaards Führung hatte sich das Unternehmen aber noch stärker auf hochwertige – und hochpreisige – Gleitsichtgläser konzentriert und war so robust durch die Coronakrise gekommen. Zwar seien die Umsätze im Gesamtjahr 2020 wegen des Einbruchs im Frühjahr gesunken, sagte Hedegaard, doch habe man Marktanteile hinzugewonnen. Vor allem im November und Dezember sei die Nachfrage „raketenhaft“ angestiegen, Rodenstock habe auch unter dem Strich schwarze Zahlen geschrieben.
2019 waren die Umsätze um sechs Prozent auf erstmals 450 Millionen Euro gestiegen. Das operative Ergebnis legte um 13 Prozent auf 103 Millionen Euro zu. Die genauen Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor.
Nun soll es mit dem neuen Eigentümer weiter aufwärtsgehen. Rodenstock soll im Rahmen des Deals frisches Kapital für die weitere Expansion bekommen. Ob ein Teil des Kaufpreises als Schulden auf das Unternehmen übertragen wird, ließ der Vorstandschef offen.
Apax habe Erfahrung im Medizintechnikbereich und setze auf Innovationen und Wachstum, meinte Hedegaard. „Apax kann dabei helfen, das Wachstum noch einmal zu beschleunigen.“ Rodenstock wolle in den kommenden Jahren zwei- bis dreimal so stark wachsen wie der Markt.
Hedegaard hat einen guten Ruf in der Medizintechnikbranche und hat unter anderem schon einen Hörgerätehersteller geführt. Laut Branchenkreisen schätzt Apax den CEO und will mit ihm weitermachen.
Rodenstock: Biometrische Messtechnik
Rodenstock passe perfekt zur Apax-Strategie, in innovative Unternehmen mit überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial zu investieren, sagte Apax-Partner Steven Dyson. Unter Hedegaards Führung sei trotz der Corona-Pandemie ein solides Fundament für den zukünftigen Erfolg gelegt worden.
Hedegaard sieht den Eigentümerwechsel auch als Chance, unabhängig zu bleiben. Im Familienbesitz ist das 1877 in München gegründete Unternehmen allerdings schon lange nicht mehr.
Der Konzern hatte sich an der Eroberung des US-Markts verhoben, und die Familie verkaufte ab 2003 schrittweise Anteile an Permira. 2006 reichte der Finanzinvestor die Beteiligung nach erfolgreicher Umstrukturierung an Bridgepoint weiter.
Hedegaards Vorgänger Oliver Kastalio hatte die Fertigungsstruktur vereinfacht, das Engagement bei Brillenfassungen reduziert und die Wertschöpfungskette digitalisiert. Zudem konzentrierte sich Rodenstock noch stärker auf hochwertige Gleitsichtgläser.
Der Konzern hat eine biometrische Messtechnik entwickelt, mit der die Brillen eine verbesserte Sehleistung ermöglichen sollen. Mit einem Scanner wird das Auge vermessen und die Gläser individuell angepasst. Die Messgeräte werden an die Optiker verkauft. So versteht sich Rodenstock zunehmend als Medizintechnikunternehmen.
„Wir sind das BMW der optischen Industrie“, sagte Hedegaard. Schließlich setze man auch auf eine Premiumstrategie und innovative Technologien. Auf diesem Weg hatte Rodenstock eine Nische gefunden. Dies war notwendig geworden, weil sich der Markt in den vergangenen Jahren stark konsolidierte.
So fusionierten der weltgrößte Brillenhersteller Luxottica aus Italien, zu dem Marken wie Ray Ban und Oakley gehören, und der französische Brillenglasweltmarktführer Essilor zu einem neuen Branchenriesen mit weit mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz. Rodenstock mit seinen etwa 4900 Mitarbeitern war nur noch der kleinste unter den vier großen Anbietern.
Mit seinen Messgeräten und den Gleitsichtgläsern ist Rodenstock vor allem Lieferant von unabhängigen Optikern. Das Unternehmen bedient aber inzwischen auch die Ketten, die sich in den vergangenen Jahren vermehrt durchsetzten.
Laut Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) entfielen auf die zehn größten Ketten wie Fielmann, Apollo und Pro Optik zuletzt 48 Prozent des Branchenumsatzes in Höhe von gut sechs Milliarden Euro in Deutschland.
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