Versandhandel Otto schließt Retouren-Center in Hamburg – 840 Stellen fallen weg

Nach 33 Jahren wird das Zentrum in Hamburg geschlossen.
Hamburg Schlechte Nachrichten für 840 Otto-Mitarbeiter in Hamburg: Der Konzern schließt nach fast sechs Jahrzehnten seine Retouren-Bearbeitung am Stammsitz. „Der Retourenbetrieb in Hamburg ist wirtschaftlich – trotz technisch hohem Niveau und hervorragend arbeitender Kolleg*innen – nicht mehr rentabel und kann deshalb leider nicht länger aufrechterhalten bleiben“, teilte die Gruppe mit. Die Arbeit soll an zwei bestehende Standorte in Polen und Tschechien verlagert werden, wo die Arbeitskosten niedriger sind.
Die Mitarbeiter prüfen zurückgesendete Ware und arbeiten sie auf. Der Betrieb besteht seit den 1960er-Jahren für den Ottoversand. Betrieben wird er von der Otto-Logistiktochter Hermes. Schluss sein soll in der zweiten Jahreshälfte 2021. Otto begründet das mit den Kosten: „Die Bearbeitung retournierter Waren steht in einem ganz besonders intensiven Wettbewerbsumfeld.“
Die Gewerkschaft Verdi reagierte empört. „Otto betont sonst immer seine soziale Verantwortung. Davon ist jetzt nichts zu sehen“, sagte Verdi-Fachbereichsleiterin Heike Lattenkamp dem „Hamburger Abendblatt“. Die betroffenen Beschäftigten, vor allem Frauen in Teilzeit, hätten derzeit kaum Möglichkeiten, eine neue Anstellung zu finden. Zudem hätten die Beschäftigten bereits auf Lohn verzichtet. Eine im Gegenzug geschlossene Vereinbarung zur Vermeidung von Kündigungen läuft 2021 aus – pünktlich zur Schließung des Betriebs in Hamburg.
Der Beschluss wirft auch ein Schlaglicht auf die Strategie von Otto.de, sich als freundlichere, sozialere und nachhaltigere Alternative zu Amazon zu positionieren. Das soll Kunden überzeugen, bei dem deutschen Versender zu bestellen. Offenbar kann sich auch das Familienunternehmen Otto dem Kostendruck nicht entziehen – zumal in den vergangenen Jahren die Verschuldung der Gruppe deutlich gestiegen ist.
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Zudem steigt derzeit nach langer Investorensuche der Finanzinvestor Advent beim Versender Hermes ein und dürfte auf bessere Margen hoffen. Die Spielräume für höhere Löhne als bei der Konkurrenz sind also gering. Auch Amazon hat zuletzt die Logistik in Polen ausgebaut, um von dort auch den deutschen Markt in Teilen mit zu bedienen. Allerdings sei Advent an der Hermes-Gesellschaft, die das Hamburger Retouren-Center betreibt, nicht beteiligt, betonte ein Otto-Sprecher.
Otto Group: Zahl der Jobs bleibt stabil
„Notwendige wirtschaftliche Entscheidungen für die Zukunft der Unternehmensgruppe dürfen wir gerade in diesen Zeiten nicht auf die lange Bank schieben“, erklärte Kay Schiebur, Vorstand Services der Otto Group. Trotz der Schließung werde die Zahl der rechnerischen Vollzeitstellen in der Logistik der Gruppe in Deutschland in den kommenden beiden Jahren stabil bei 7300 bleiben. Damit endet der Zuwachs der vergangenen Jahre zunächst.
Da im Retourencenter viele Menschen in Teilzeit arbeiten, dürfte zudem die Kopfzahl sinken. Ob an den Standorten Lodz und Pilsen, die die Aufgaben übernehmen sollen, entsprechend Personal aufgebaut wird, teilte Otto nicht mit. In Hamburg werde die Zahl der Stellen künftig insgesamt voraussichtlich steigen, prognostizierte Otto in der Mitteilung: Statt Niedriglöhner sucht die Gruppe dort allerdings vor allem Fachkräfte für die Digitalisierung.
Im Geschäftsjahr 2019/20 erzielte die Otto-Gruppe 14,3 Milliarden Euro Umsatz – ein Plus von 4,8 Prozent. Der operative Gewinn (Ebit) lag bei 432 Millionen Euro. Ende 2019 hatte die Otto-Gruppe ihren traditionsreichen Sporthändler an Karstadt Sport verkauft. Auch hier sind Arbeitsplätze unsicher: Karstadt meldete wenige Monate später Insolvenz an.
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Kann man sich eigentlich nicht wirklich vorstellen, dass bei den erforderlichen Investitionen soviel Geld gespart werden kann?! Wenn derartige Einsparungen erforderlich sind, sollte man sich eigentlich Sorgen um die Finanzstärke der Otto-Group machen.