Weltvegetariertag Verloren im Siegel-Dschungel

Supermärkte vergrößern das Angebot an veganen und vegetarischen Produkten ständig. Es gibt für diese Produkte aber kein einheitliches Siegel mit transparenten staatlichen Kontrollen.
Flonheim Ein gelber Punkt mit einem großen „V“ hier, ein Schriftzug „Veggie“ dort, ein grünes „vegan+“ im Regal da, ein „fleischfrei“ darunter und eine „Veganblume“ daneben. In deutschen Läden wimmelt es derzeit von vegetarischen und veganen Lebensmitteln – wobei ein Wirrwarr aus Labeln und Bezeichnungen herrscht. Weil es kein staatliches Siegel gibt, kreieren Verbände, Hersteller und Supermärkte alle jeweils eigene Zeichen.
„Veggie zum Beispiel sagt mir gar nichts, das kann vegetarisch oder vegan sein“, sagt Nadeschda Schmitt. Die 32-Jährige steht in einem Supermarkt im rheinhessischen Weindorf Flonheim und studiert die Zutatenliste des Fertigprodukts im Kühlregal. „Johannisbrotkernmehl, das ist okay. Weizeneiweiß ist auch kein Problem. Magnesiumchlorid – da weiß ich jetzt nicht genau, was das ist.“ Da sie aber ein Label sieht, dem sie vertraut, landet die Packung im Korb.
Dabei weiß die Veganerin, dass es für die Siegel keine transparenten staatlichen Kontrollen gibt – was auch die Verbraucherzentralen bemängeln. Mehr noch: Die Begriffe vegan und vegetarisch sind derzeit lebensmittelrechtlich nicht einmal definiert. Zwar gibt es eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass vegane Produkte nicht „Pflanzenkäse“ oder „Tofubutter“ heißen dürfen. Ähnliches gilt aber nur für Milch- und nicht für Fleischprodukte – weswegen nach wie vor „vegetarischer Hamburger“ im Regal steht.
Immerhin dürfte bald klar sein, was vegetarisch und vegan bedeutet. Die unabhängige Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission arbeite gerade an einem entsprechenden Leitsatz, erklärt das Bundeslandwirtschaftsministerium. Die Festlegung ist dabei nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Was ist mit Äpfeln, deren Schale mit Bienenwachs überzogen ist? Wie bewertet man Weine, bei deren Klärung eine Blase von einem Fisch verwendet wurde? Und der rote Farbstoff in Weingummi, der aus gemahlenen Läusen stammt?
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
„Bei mir selber bin ich nicht so super streng“, sagt Schmitt. Aber wenn sie für ihr veganes Winzerhotel Trautwein einkaufe, sei es ihr wichtig, dass sie den Gästen nichts aus Versehen unterjubelt. Schmitt spricht sich für ein einheitliches Siegel aus, etwa analog zum EU-Bio-Siegel. „Gut wär ein einziges Label, das wirklich überprüft wird und den Hersteller nichts kostet.“ In Indien etwa, wo die Mehrheit vegetarisch lebt, deutet ein roter Punkt auf tierische Inhaltsstoffe hin. Ein grüner Punkt bedeutet, dass es sich um ein vegetarisches Produkt handelt.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.