Alfred Krupp: Die Anfänge eines großen Stahlkonzerns
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Alfred KruppDie Anfänge eines großen Stahlkonzerns
Ein unbekannter Stahlgießer aus der Provinz präsentiert 1851 auf der Weltausstellung eine Sensation, die zum Symbol des industriellen Aufstiegs Deutschlands wird. Die Geschichte eines perfekten Werbecoups.
Essen Bis ins kleinste Detail muss alles stimmen. Sonst geht der Plan nicht auf. Dann wäre er, der Nobody aus Essen, ganz umsonst nach London gereist, zur „Great Exhibition“, der ersten Weltausstellung der Menschheitsgeschichte. Ein letztes Mal poliert er an diesem Donnerstag, dem 8. Mai 1851, die glänzende schwarze Gussstahlkanone, die er mitgebracht hat. Der Kleinunternehmer – groß gewachsen, schlaksig, hohe Stirn – zupft noch einmal die orange-gelbe Seidenschärpe zurecht, die den Brustpanzer aus Stahl gleich neben der Kanone schmückt. Alles steht ganz schön da, unter dem preußischen Kriegszelt. Damit der Werbecoup glückt, müssen die kleinsten Rädchen ineinandergreifen. Das Vorhaben: der pure Größenwahn. Er, der unbekannte Stahlgießer aus der preußischen Provinz, will die scheinbar übermächtigen Industriekonzerne Englands in seinen Schatten stellen. Die Welt soll ihn bewundern, seinen Namen buchstabieren lernen: Alfred Krupp.
Jahrzehntelang hat er auf diesen Moment hingearbeitet. Jahre der Verluste, der Rückschläge, der Demütigung. Jetzt ist die Zeit gekommen, den Krupp’schen Dreiklang zu vollenden: „Anfangen im Kleinen, Ausharren in Schwierigkeiten, Streben zum Großen.“ Heute ist Krupp bereit für den Kampf, bereit, alles aufzubieten. „Die Engländer sollen Augen machen.“ Der Unternehmer weiß: Mit seinen Stahlwalzen, Münzstempeln, Federn und Achsen wird er auf dieser Ausstellung keinen Eindruck schinden. Zu stark sind die Engländer in diesem Beritt. Deshalb lässt er seine Mannen in Essen seit Monaten heimlich an einer Attraktion werkeln. In drei Wochen wird sie ankommen. Ein Exponat, das ihn weltberühmt machen soll.
Die größten Stahlhersteller der Welt
Der mit Abstand größte Stahlproduzent der Welt ist Arcelor-Mittal. Der Konzern mit europäischen und indischen Wurzeln stellte 2015 gut 97 Millionen Tonnen Stahl her.
Quelle: World Steel Association
Der zweitgrößte Hersteller kommt aus China: Die Hebei Iron and Steel Group stellte 2015 rund 47,8 Millionen Tonnen Stahl her. Auch dieser Konzern ging aus einer Fusion hervor, die Unternehmen Tangsteel und Hansteel schlossen sich 2008 zusammen.
Auf Platz drei abgerutscht ist der japanische Konzern Nippon Steel & Sumitomo Metal. Die beiden japanischen Hersteller hatten sich im Oktober 2012 zusammengeschlossen und kamen 2015 zusammen auf ein Produktionsvolumen von 46,3 Millionen Tonnen Stahl, knapp 3 Millionen weniger als im Vorjahr.
Mit einer Produktion von rund 42 Millionen Tonnen Stahl ist Posco der viertgrößte Hersteller. Das Unternehmen ist der größte südkoreanische Anbieter und macht viele Geschäfte mit China.
Auf Platz fünf folgt ein weiterer chinesischer Konzern: Baosteel Group. Das Unternehmen mit Sitz in Shanghai produzierte knapp 35 Millionen Tonnen Stahl. Schlagzeilen machte der Hersteller im Jahr 2000 mit seinem Börsengang, der damals in China Rekorde brach.
Im Vergleich zu Arcelor-Mittal, Hesteel & Co. ist Thyssen-Krupp ein Leichtgewicht. 2015 ging es für den größten deutschen Stahlproduzent mit einer Produktion von 17,3 Millionen Tonnen aber immerhin drei Plätze hinauf auf Rang 16. Ähnlich viel produziert der Konkurrent Gerdau aus Brasilien (17 Millionen Tonnen).
Doch die erste Stufe der Inszenierung beginnt schon heute. Die Provokation. In modischen Galoschen mit Silbersporen stolziert der 39-jährige vollbärtige Junggeselle durch den neu gebauten Glaspalast, in dem die Weltausstellung untergebracht ist, genüsslich an der lang geschwungenen Pfeife ziehend. Er passiert sprudelnde Wasserfontänen, den gewaltigen königlichen Baldachin, der von meterhohen Bäumen und Palmen gesäumt ist. Krupp hält sich nicht an dem aufwendig verzierten Elfenbeinthron indischer Handwerker auf, keine Sekunde bestaunt er die Glasbläser, die mit orange-glühendem Material ihr Können demonstrieren. Zielstrebig steuert Krupp auf den Stand eines Rivalen, der Firma Turton & Söhne aus Sheffield, zu.
Eine Menschentraube umringt dort einen Gussstahlblock, der mehr als eine Tonne Gewicht auf die Waage bringt. Bewunderung allenthalben. So einen großen Guss hat die Welt noch nicht gesehen.
Der Block ist mehr als ein Exponat, er ist eine Ansage an die Konkurrenz. Er dominiert wie ein monströser Beweis für die Überlegenheit der englischen Stahlindustrie die Messe. Wer den besten Stahl haben will, kauft ihn in England, lautet die Botschaft.
Auch Alfred Krupp umkreist die Stahlsäule, die der britische Hersteller stolz als „Monsterpiece“ preist. Doch Krupp ist nicht gekommen, um auf die Knie zu fallen. Im Gegenteil. „So Stückchen machen wir alle Tage“, tönt er in geschliffenem Englisch. „Ich schicke euch den Großpapa!“ Angst verbreitet der Essener Stahlgießer mit der Drohung, einen noch größeren Stahlblock als diesen zu liefern, wahrlich nicht. Hämisch lachen die Engländer über den Eindringling. Höchstens leise fragen sie sich, was der Deutsche vorhat.
Der Boden für Krupps Werbestrategie ist bereitet, die Saat ist gestreut.
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