Autobauer Beim Spurwechsel Hand ans Steuer: Toyota nimmt Sonderweg zum autonomen Fahren

Die Technik soll Toyota die Tür zu höheren Stufen des autonomen Fahrens öffnen.
Tokio Toyota-Chef Akio Toyoda treibt seit seinem Amtsantritt 2009 den Umbau des Autobauers zum softwaregetriebenen Mobilitätskonzern voran. An diesem Donnerstag folgte nun ein wichtiger technologischer Schritt für die Verwirklichung seines Projekts.
Der weltgrößte Autobauer stellte seine ersten zwei Fahrzeuge vor, deren eingebaute Technik höhere Stufen autonomen Fahrens eröffnen soll: die neuen Generationen des Brennstoffzellenautos Mirai und des Lexus-Hybridfahrzeugs LS500h.
Toyota geht dabei allerdings einen Sonderweg. Während viele Hersteller in diesem Jahr schon freihändiges Fahren auf der Stufe 3 der fünfstufigen Skala zum vollautomatischen Roboterauto anbieten wollen, müssen bei Toyota die Fahrer in einigen Situationen auf der Autobahn noch selbst Hand anlegen. Das entspricht der zweiten Stufe, bei der der Fahrer den Verkehr dauerhaft im Blick haben muss.
„Toyotas Prinzip ist Automatisierung mit einem menschlichen Touch“, erklärte Technologiechef Masahiko Maeda am Donnerstag in einem Onlinebriefing die Idee für das neue System Advanced Drive seines Teammate-Konzepts. Fahrer und Auto teilen sich dabei vorerst noch die Arbeit.
Auf der Autobahn fahren die beiden Premiumautos des hochprofitablen Massenherstellers zwar in einer Spur allein. Selbst wenn Fahrzeuge vor dem Wagen einscheren, soll das System die Ruhe behalten. Aber will das Fahrzeug die Spur wechseln, bittet es den Fahrer, sicherheitshalber die Hände auf das Steuer zu legen und das Manöver zu überwachen.
Das Auto lernt mit der Zeit
An der verbauten Technik kann diese Zurückhaltung nicht liegen. Wer für einen Preisaufschlag von umgerechnet 4200 Euro Toyotas „Teammate“-System kauft, bekommt neben Kameras, Radar, hochpräziser 3D-Karte, zentimetergenauem Positionssystem und jeder Menge Rechenkraft auch drei Lidar-Sensoren dazu. Diese erfassen mit Laserstrahlen hochauflösend die Umgebung.
Die teuren radarähnlichen Geräte halten – mit Ausnahme von Tesla-Chef Elon Musk – die meisten Autoexperten für notwendig, damit Autos auch nachts und bei Regen sicher selbst fahren können.
Zudem erklärt Toyota, dass die Teammate-Modelle künftig mehr selbst fahren können, als Toyota sie bisher lässt. So kann die Software wie beim Smartphone online aktualisiert werden, um dem Auto unter anderem mehr Autonomie beizubringen. Sogar Hardware-Updates bietet Toyota den Käufern an. Die Lidar-Sensoren in der Front und an den Seiten seien beispielsweise aufrüstbar, teilt eine Firmensprecherin mit.
Toyotas Digitalchef James Kuffner, der an der Entwicklung von Googles selbstfahrenden Autos beteiligt war, wirbt daher: „Diese Autos haben das große Potenzial, unseren Kunden eine Lebenszeit Wert zu liefern.“ Kuffner soll als Chef von Toyotas Hightech-Start-up Woven Planet die neue „Software First“-Strategie des Autobauers umsetzen. Als Ziel hat er ausgegeben: Toyota soll das programmierbarste Auto der Welt entwickeln.

Der Toyota-Digitalchef will das programmierbarste Auto der Welt entwickeln.
Konzernchef Akio Toyoda setzt auf diesem Weg aber nicht auf technologische Sprünge, sondern einen schrittweisen Ansatz. Dabei ist für ihn nicht Automatisierung an sich das oberste Ziel, sondern „null Unfälle“. Gleichzeitig will Toyota den Fahrern mehr Sicherheitsgefühl geben, wenn das Auto lenkt.
Honda bietet bereits Stufe 3
So halten die Fahrzeuge beim Überholen von Lastwagen etwas mehr Abstand, genauso wie es die meisten menschlichen Fahrer machen. Ein anderer Aspekt ist für den Technologiechef von Woven Planet, Ken Koibuchi, die Fahrfreude: „Wir haben uns gefragt, wie weit wir unsere Fahrzeuge automatisieren sollen, damit die Fahrer glücklich sind.“
Lange hätten die Experten diskutiert, wo derzeit die Grenze für autonomes Fahren bei Autos liegt, die Menschen sich noch selbst kaufen. Toyota will dabei erkannt haben, dass viele Autobesitzer noch selbst fahren wollen.
Ein anderer Punkt ist Toyotas konservative Philosophie: „Wir wollen zuerst die Sicherheit betonen“, erklärt Koibuchi „Daher haben wir uns entschieden, dass das System das Steuer etwas früher an den Fahrer übergibt.“
Der Lokalrivale Honda dagegen bietet seinen Käufern schon in diesem Jahr autonomes Fahren der Stufe 3 an. Dabei darf sich der Fahrer über längere Zeiträume vom Verkehrsgeschehen abwenden, muss aber jederzeit bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen,
Vorerst werden allerdings nur Bewohner Japans ausprobieren können, ob Toyotas Strategie der kleinen Schritte aufgeht oder große Versprechen von viel Autonomie am Markt mehr überzeugen. Wann das Teammate-System in den USA und Europa eingeführt wird, will Toyota noch nicht verraten.
Mehr: Kampfansage an VW, Tesla und Google: Toyota will das programmierbarste Auto der Welt entwickeln
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