Autobauer Toyota trotzt Chipkrise und profitiert von Krisenmanagement

Die Japaner legen auch in der Chipkrise verlässlich gute Zahlen vor.
Tokio Toyota hat ungeachtet der weltweiten Chipkrise im zweiten Geschäftsquartal seinen Gewinn stärker gesteigert als von Experten erwartet. Der weltgrößte Autobauer verwies am Donnerstag auf eine Erholung der Nachfrage und einen schwächeren Yen. Der operative Gewinn im Zeitraum bis Ende September stieg um 48 Prozent auf 750 Milliarden Yen (etwa 5,7 Milliarden Euro).
Experten hatten Refinitiv-Daten zufolge 593,3 Milliarden Yen erwartet. Toyota erhöhte seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr auf 2,8 Billionen Yen (21,2 Milliarden Euro) von zuvor 2,5 Billionen. Dies entspricht einer Betriebsgewinnmarge von 9,3 Prozent, ein sehr hoher Wert für einen Massenhersteller.
Allerdings erwarten Analysten hier im Schnitt 2,92 Billionen Yen. Toyota geht nun von einer Auslieferung von 10,29 Millionen Fahrzeugen im Gesamtjahr aus nach zuvor 10,55 Millionen.
Toyota hatte Mitte Oktober sein Produktionsziel für diesen Monat wegen des andauernden Halbleitermangels nach unten korrigiert. Die Produktion sollte demnach bis zu 15 Prozent geringer ausfallen, was 100.000 bis 150.000 weniger Fahrzeuge bedeutet hätte. Damals plante der japanische Konzern noch, den Ausfall im Dezember wettzumachen, und hielt an seinem Produktionsziel für das Geschäftsjahr fest.
Toyota ist zunächst besser als andere Autobauer durch die Chipkrise gekommen. Hintergrund sind Lehren, die der Konzern aus der Katastrophe von Fukushima gezogen habe: Er verbesserte sein Lieferkettenmanagement und verlangte von seinen Lieferanten, Bauteile für bis zu sechs Monate auf Vorrat zu halten.
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Zahlen sprang Toyotas Aktienkurs kurzzeitig um fast fünf Prozent in die Höhe. Denn die hohen Gewinne zahlen sich auch für die Aktionäre aus. Die von Toyota erwarteten 2,5 Billionen Yen (18,8 Milliarden Euro) Reingewinn, zehn Prozent mehr als 2020. Der Konzern will daher die Interimsdividende um 15 auf 120 Yen (0,91 Euro) erhöhen und für 150 Milliarden Yen Aktien zurückkaufen.
Toyota: Ausnahmestellung in Japans Autoindustrie
Dennoch zog Toyotas Finanzchef ein negatives Fazit und entschuldigte sich zu Beginn bei Händlern, Zulieferern, Anlegern und Kunden für die Unannehmlichkeiten, die die Produktionsdrosselung verursachte. Ohne hohe Wechselkursgewinne wäre die Vorhersage wegen höherer Rohstoffpreise deutlich niedriger ausgefallen, merkte Kon an.
Doch auch diese Vorsicht kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Toyotas neue Prognose angesichts des Halbjahresgewinns immer noch konservativ wirkt.
Denn: Toyota verbuchte für die erste Jahreshälfte immerhin eine Gewinnmarge von 11,3 Prozent. Im Vorjahr waren es im selben Zeitraum noch 4,6 Prozent gewesen. Dabei lag die Produktion in diesem Halbjahr mit 4,1 Millionen Autos wegen Chipengpässen 550.000 Autos unter dem Vorkrisenniveau. Dass der Autohersteller dennoch den Gewinn so stark erhöhen konnte, unterstreicht seine derzeitige Ausnahmestellung in Japans Autoindustrie.
Toyota hat sich auf Krisen vorbereitet
Ein Grund für den Gewinnanstieg während der Krise: Nachdem Naturkatastrophen in Japan die heimische Produktion zweimal für Monate stillgelegt hatten, durchleuchtete Toyota seine Lieferkette nach möglichen Bruchpunkten, setzte im Design mehr auf Standardbauteile und erhöhte die Lagerhaltung von Schlüsselbauteilen.
Außerdem setzte der Konzern gerade zu Beginn der Coronakrise darauf, seinen Zulieferern Zuversicht zu signalisieren. Als einziger japanischer Autohersteller wagte das Unternehmen, eine Jahresprognose herauszugeben, die einen steigenden Absatz in der zweiten Jahreshälfte annahm.
Gemeinsam mit der permanenten Kostensenkung, für die Toyota eng mit seinen Lieferanten zusammenarbeitet, zahlten sich diese Maßnahmen zu Beginn der Chipkrise aus. Während andere Hersteller zu Beginn des Jahres bereits deutlich die Produktion drosseln mussten, produzierte Toyota nahezu ungestört weiter.
Erst als in diesem Sommer eine große Coronawelle in Südostasien viele dortige Werke in der Chiplieferkette zur Schließung zwang, musste auch Toyota seine Produktion erstmals massiv herunterfahren. Doch Toyotas Finanzchef Kon erklärte, dass der Konzern die ausgefallene Produktion durch andere Maßnahmen wenigstens teilweise auffangen konnte.
So würden Händler ihre Lagerbestände abbauen, um die Einbrüche zu überbrücken. Außerdem können die Hersteller finanzielle Kaufanreize abbauen, da die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt. Auch die steigenden Gebrauchtwagenpreise wirken sich über die Finanzsparte des Konzerns positiv auf die Bilanz aus.
Dieser umsichtige Kurs zahlt sich nun aus. Allerdings schaut Toyota weiterhin vorsichtig in die Zukunft. Kon erwartete zwar, dass sich die Versorgung mit Chips und Bauteilen deutlich verbessern wird. „Aber wir sehen auch nach Dezember weiterhin Risiken“, sagte Toyotas Finanzchef.
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