Autobauer VW bittet Mitarbeiter stärker zur Kasse, die im Dienstwagen rauchen

Für die Reinigung des Dienstwagens müssen rauchende Mitarbeiter nun 100 statt 58 Euro zahlen.
Wolfsburg Der VW-Konzern muss in den nächsten Jahren gewaltige Summen für die geplanten neuen Elektroautos aufbringen. Allein bis 2024 will der Wolfsburger Autohersteller 44 Milliarden Euro für den Einstieg in die Elektromobilität ausgeben. Doch zugleich fehlen die 30 Milliarden Euro, die Volkswagen in den zurückliegenden vier Jahren zur Bewältigung der Dieselaffäre aufbringen musste.
Also wird überall im Konzern nach Möglichkeiten Ausschau gehalten, wie sich die Produktivität steigern und die Kosten senken lassen. Dazu gehört, dass Konzernchef Herbert Diess auch an vermeintlichen kleinen Stellschrauben drehen und nach Einsparmöglichkeiten suchen lässt.
Im vergangenen Jahr verordnete er in Wolfsburg das Ende der Farbkopien. Die Mitarbeiter müssen sich seitdem mit Ausdrucken in Schwarz-Weiß begnügen. Außerdem verschwanden die Kekse, die sonst als Konzernstandard bei jedem Meeting auf dem Tisch standen. In Wolfsburg gibt es inzwischen Manager, die die süße Zwischenmahlzeit auf ihre eigene Kosten auffahren lassen.
Zur Besserung der Ertragslage gehört auch, dass die Einnahmen an möglichst vielen Punkten gesteigert werden. Jetzt hat der Konzern die Raucher entdeckt. Besser gesagt: die Raucher, die einen eigenen Dienstwagen fahren dürfen. Wenn sie ihre Dienstautos an das Unternehmen nach einigen Monaten zurückgeben, wird der Preis für die dann fällige Raucher-Reinigung deutlich angehoben.
Erst vor einer Woche hat Konzernchef Diess vor 120 Topmanagern des eigenen Konzerns unmissverständlich klar gemacht, dass strenges Kostenmanagement unverändert weit oben auf der Agenda des Wolfsburger Autoherstellers stehen müsse. „Wir haben das Potenzial dazu, um die Potenziale dieses Konzerns voll auszuschöpfen und wo nötig auch heilige Kühe zu schlachten“, sagte er in seiner viel beachteten Brandrede in Berlin.
Im Fokus stehen dabei auch besonders die heimischen Volkswagen-Standorte. „In allen Marken laufen Kostensenkungsprogramme. Insbesondere in den deutschen Standorten liegt hier Potenzial. Und bei ihnen liegt auch ein großer Hebel“, ergänzte er. Und in Deutschland hat der Konzern immer noch seine meisten Beschäftigten und die größte Zahl von Dienstwagen – die eben auch von passionierten Rauchern gefahren werden.
Bislang mussten rauchende VW-Mitarbeiter 58 Euro für die Reinigung bezahlen, wenn ihr Dienstwagen an das Unternehmen zurückging. Dieser Preis wird nun drastisch erhöht: auf 100 Euro. „Was bislang von den rauchenden Dienstwagen-Fahrern als Eigenleistung verlangt wurde, war alles andere als kostendeckend“, berichtet ein Insider.
Ozon-Verfahren für Autos
Die Reinigung eines Autos vom Zigarettenqualm ist vergleichsweise teuer und aufwendig. Die Reinigungsbranche hat dafür ein sogenanntes Ozon-Verfahren entwickelt. Diese professionelle Reinigung kostet je nach Aufwand zwischen 60 und 150 Euro. Die jetzt von Volkswagen verlangte Pauschale von 100 Euro steht also ungefähr für den Mittelwert der anfallenden Kosten.
Bei einer Ozon-Reinigung wird der Innenraum eines Fahrzeugs vollständig abgedichtet und im zweiten Schritt vollständig mit reinem Ozon gefüllt. Danach bleibt das Gas für 24 Stunden im Auto. In dieser Zeit ist das Ozon dazu in der Lage, alle Gerüche zu entfernen und dauerhaft zu binden. Zudem zerfällt das in das Auto geleitete Gas nach einigen Stunden und wird zu reinem Sauerstoff.
Auch der stark riechende Zigarettenqualm ist dann wieder definitiv verschwunden. Alles riecht wie neu im Auto, versprechen professionelle Reinigungsunternehmen. Hausmittel wie Kaffee, frische Äpfel und Essig gelten als längst nicht so zuverlässig wie das deutlich stärker wirkende Ozon.
Dienstwagen dürfen nicht durch üble Gerüche auffallen. Für den Volkswagen-Konzern sind diese Autos ein durchaus lukratives Geschäft. Denn sie werden nach ihrem meist nur wenige Monate dauernden dienstlichen Einsatz im Unternehmen als junge Gebrauchte für gutes Geld an private Kunden weiterverkauft.
Innerhalb des gesamten Konzerns sind bei Volkswagen jedes Jahr Zehntausende von Dienstwagen unterwegs. Wenn der Kostenbeitrag der rauchenden Dienstauto-Fahrer jetzt nahezu verdoppelt wird, könnte bei VW ein durchaus stattlicher Betrag zusammenkommen. „Die genaue Summe hängt natürlich von der tatsächlichen Zahl der Raucher ab. Aber auf ein ganzes Jahr gerechnet, könnte das schon ein kleinerer einstelliger Millionenbetrag sein“, meint ein Wolfsburger VW-Manager.
Konzernchef Diess hätte also sein Ziel erreicht und wieder eine Stelle im Konzern gefunden, mit der sich die Einnahmen erneut ein wenig verbessern lassen. Ob die rauchenden Wolfsburger VW-Mitarbeiter nun künftig einen besonderen Groll gegen den eigenen Vorstandsvorsitzenden hegen, darüber ist bislang noch nichts bekannt.
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