Autobauer VW kommt vergleichsweise gut durch die Krise – und hält an Dividende fest
Düsseldorf Trotz der Corona-Pandemie gibt es für die Volkswagen-Aktionäre eine ordentliche Dividende. Der Aufsichtsrat hat am Freitag festgelegt, dass 4,80 Euro für jede Stammaktie und 4,86 Euro für die Vorzugsaktie ausgezahlt werden sollen. Das entspricht exakt den Werten des vergangenen Jahres.
Relativ gesehen ist das gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Verbesserung für die Anteilseigner. Wie das Unternehmen mitteilte, steigt die Ausschüttungsquote von gut 20 auf 29 Prozent. Verantwortlich dafür sind die Corona-bedingten Rückgänge des vergangenen Jahres bei Umsatz und Ertrag.
Die vergleichsweise großzügige Ausschüttung für die Aktionäre dürfte aufseiten der Belegschaft Begehrlichkeiten wecken. IG Metall und Volkswagen verhandeln aktuell über einen neuen Haustarifvertrag. Zuletzt standen die Zeichen auf Streik: Die Arbeitnehmerseite verlangt Lohnerhöhungen von vier Prozent.
Für das gerade begonnene Jahr kalkuliert der VW-Konzern mit einer spürbaren Wiederbelebung der Geschäfte. Der Fahrzeugabsatz werde in diesem Jahr „deutlich“ über den Ergebnissen von 2020 liegen, der Umsatz „signifikant“ darüber. Bei der operativen Umsatzrendite für 2021 kalkuliert der Konzern mit einer Spanne zwischen 5,0 und 6,5 Prozent. Das ist eine deutliche Verschlechterung gegenüber den Vorjahren, als Volkswagen noch mit 6,5 bis 7,5 Prozent kalkulierte. Für 2020 liegt die Rendite bei 4,8 Prozent.
Der Wolfsburger Autohersteller erfüllt damit im Wesentlichen die Erwartungen der Börsen und der Investoren. Die VW-Aktie reagierte im Frankfurter Börsenhandel vor allem auf den recht positiven Ausblick. Am Nachmittag lag das Volkswagen-Papier mit gut zwei Prozent im Plus.
Der Volkswagen-Konzern ist im vergangenen Jahr vergleichsweise gut durch die Coronakrise gekommen. Trotz der Pandemie hat der Wolfsburger Autohersteller recht ordentlich verdient. Für 2020 beträgt der operative Gewinn (ohne Sonderlasten wie aus der Dieselaffäre) 10,6 Milliarden Euro. Das entspricht fast einer Halbierung des operativen Gewinns aus dem Jahr 2019, als der Konzern auf einen Rekordwert von 19,3 Milliarden Euro gekommen war.
Der Umsatz ist 2020 um fast zwölf Prozent auf rund 223 Milliarden Euro zurückgegangen. Der Absatz der Fahrzeuge ist weltweit noch stärker um 15 Prozent auf 9,3 Millionen gefallen. Volkswagen hat dadurch auch den ersten Rang des weltgrößten Autoherstellers an seinen japanischen Konkurrenten Toyota abtreten müssen. Der Nettogewinn nach Steuern ist bei VW um 37 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro gefallen.
Sparziele machen Konzern „nachhaltig robuster“
„Die jetzt vorliegenden finanziellen Ergebnisse sind deutlich besser als ursprünglich erwartet und zeigen, wozu unser Unternehmen gerade auch in einer Krise fähig ist“, sagte VW-Finanzvorstand Frank Witter in einer ersten Reaktion. Das starke Momentum aus dem deutlich besseren zweiten Halbjahr von 2020 wolle Volkswagen mit ins gerade begonnene Jahr nehmen.
Neue Sparziele bei Fixkosten und im Einkauf machten den Konzern „nachhaltig robuster“. „Wir sind dementsprechend optimistischer und streben das obere Ende des Korridors für die operative Rendite des Konzerns an“, ergänzte Witter, der seinen Vertrag kein weiteres Mal verlängern will und in wenigen Wochen bei Volkswagen ausscheidet.

Das starke Chinageschäft sowie die Töchter Porsche und Audi haben den Konzern 2020 deutlich in den schwarzen Zahlen gehalten.
Der ausgewiesene Netto-Cashflow im Automobilgeschäft hat sich trotz der Pandemie positiv entwickelt. VW ist dabei im vergangenen Jahr auf 6,4 Milliarden Euro gekommen. 2019 lag der Netto-Cashflow bei rund 10,8 Milliarden Euro. Beim Finanzpolster hat der Wolfsburger Konzern weiter aufgestockt: Die Nettoliquidität ist um 26 Prozent auf fast 27 Milliarden Euro angestiegen. Dazu hat vor allem die Ausgabe von Unternehmensanleihen beigetragen.
Dass Volkswagen für das Corona-Jahr 2020 doch noch einen zweistelligen operativen Milliardengewinn ausweisen kann, geht vor allem auf die starken Konzerntöchter zurück. Allen voran wird die Stuttgarter Sportwagentochter Porsche trotz Corona wieder einen Milliardengewinn nach Wolfsburg überweisen. Statt der für Porsche eigentlich üblichen operativen Rendite von 15 Prozent kommt die Konzerntochter auf etwa zehn Prozent.
Außer Porsche können auch Audi und Skoda vergleichsweise gute Ergebnisse abliefern. Am stärksten getroffen von der Pandemie ist die Hauptmarke Volkswagen Pkw, deren Absatzzahlen im vergangenen Jahr wie im Konzern um rund 15 Prozent gefallen sind. Größere Probleme gab es 2020 auch bei der spanischen Tochter Seat und bei den leichten Nutzfahrzeugen (VW Transporter).
Ein wichtiger Ergebnistreiber für den Konzern ist das China-Geschäft; Volkswagen ist mit einem Anteil von rund 20 Prozent Marktführer in der Volksrepublik. In China hatte sich der Automarkt nach dem frühen Corona-bedingten Verkaufseinbruch zu Beginn des vergangenen Jahres recht schnell wieder erholt.
Der Konzern hat 2020 in China rund 3,85 Millionen Fahrzeuge verkauft, ein Minus von etwa neun Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Der Rückgang ist also deutlich kleiner ausgefallen als im Rest der Welt.
Ausblick im Wesentlichen bestätigt
Im China-Geschäft hat der Konzern auch 2020 ein vergleichsweise normales Ertragsniveau erreicht. Das anteilige operative Ergebnis der chinesischen Joint Ventures liegt bei 3,6 (Vorjahr: 4,4) Milliarden Euro.
Mit diesem Jahresergebnis bestätigt Volkswagen im Wesentlichen den nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie korrigierten Ausblick. Der Konzern hatte für 2020 starke Einbrüche bei Absatz und Umsatz angekündigt. Ein positives operatives Ergebnis – wenn auch mit starken Einbrüchen – hatte Volkswagen zuletzt Ende Oktober bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal vorhergesagt.
Trotz des wieder erreichten Milliardengewinns will Volkswagen an seinen angekündigten Effizienzprogrammen festhalten, hieß es ergänzend in Wolfsburg. Im Dezember hatte der Konzern angekündigt, dass bis zum Frühjahr ein neues Programm zur Senkung der Fixkosten aufgelegt werden soll. Bis 2023 sollen die Fixkosten um fünf Prozent gesenkt werden. Die Verhandlungen darüber mit dem Betriebsrat laufen noch. Erste Ergebnisse werden im März erwartet.
„Volkswagen hat sich im Corona-Jahr 2020 deutlich besser als viele Konkurrenten geschlagen“, kommentierte NordLB-Analyst Frank Schwope das Jahresergebnis. Angesichts der besonderen Umstände habe der Konzern ein „starkes operatives Ergebnis vorgelegt“. Die Erholung nach dem Corona-Schock werde noch etwas länger dauern: Erst 2022 dürfte der VW-Konzern wieder die Verkaufszahlen von 2019 erreichen.
Zudem hat der VW-Aufsichtsrat am Freitag grünes Licht für das erste größere Projekt beim autonomen Fahren gegeben. Der neue Elektro-Bus ID.Buzz der Nutzfahrzeugtochter VWN soll als erstes Konzernmodell entsprechend ausgerüstet werden. Der vollelektrische „Bulli“ soll 2022 starten. Voraussichtlich von 2025 an würden dann „autonome Systeme für den Verkehrseinsatz“ eingeführt, kündigte VWN an. Erste Feldversuche sollen in diesem Jahr beginnen.
Beim autonomen Fahren kooperiert Volkswagen mit der auf künstliche Intelligenz spezialisierten US-Firma Argo AI. Wie der US-Konkurrent Ford hat auch Volkswagen dort investiert. Beide Autokonzerne wollen sich dadurch bei leichten E-Nutzfahrzeugen die Entwicklungskosten teilen. Ford und VW peilen den Einsatz selbstfahrender Systeme bei Sammel-Shuttles und Fahrdiensten an, ähnlich wie dies aktuell die VW-Tochter Moia in Hamburg und Hannover anbietet – heute allerdings noch mit Fahrer und nicht autonom.
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