Autohersteller Manipulationsverdacht bei Porsche: KBA nimmt Genehmigungsprozess wieder auf

Das Kraftfahrt-Bundesamt geht einem neuen Verdacht nach.
Düsseldorf Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nimmt den Sportwagenhersteller Porsche wegen des vor wenigen Tagen bekannt gewordenen neuen Manipulationsverdachts genauer unter die Lupe. Das bestätigte am Freitag ein Sprecher der Behörde. KBA-Vertreter sind in dieser Woche zwei Tage bei der VW-Tochter in Stuttgart gewesen, um mit Detailuntersuchungen zu beginnen.
Bei Fahrzeugen aus aktueller Produktion hat das KBA allerdings keine Abweichungen zu den Typgenehmigungen gefunden. Die Vorort-Untersuchung habe keine Unregelmäßigkeiten ergeben, teilte die Behörde am Freitag mit. Die vorübergehende Aussetzung der Erteilung von Typgenehmigungen sei daher aufgehoben worden. Die Untersuchung der Fahrzeuge mit Ottomotoren, die vor 2017 für den europäischen Markt produziert worden seien, dauere an.
Porsche hatte am vergangenen Wochenende selbst bestätigt, dass interne Untersuchungen wegen eines möglichen neuen Manipulationsverdachts begonnen hatten. Behörden wie das KBA und die Stuttgarter Staatsanwaltschaft seien zusätzlich eingeschaltet worden. Das KBA geht dem Verdacht nach, dass an verschiedenen Porsche-Modellen nach deren Typzulassung nachträglich unzulässige Veränderungen vorgenommen worden sein könnten.
„Es geht dabei auch um Hardware“, sagte der KBA-Sprecher. Dazu gehörten beispielsweise Getriebe und Achsen, alle Komponenten der Fahrzeuge würden betrachtet. Beim Kraftfahrt-Bundesamt seien solche sogenannten „Konformitätsüberprüfungen“ ein alltäglicher Standard. Deshalb sei es zu früh, im Fall Porsche von Manipulationen zu sprechen. Das KBA sei von der Volkswagen-Tochter Mitte August auf den Verdacht hingewiesen worden. Es gehe dabei um Fahrzeuge, die vor 2017 produziert worden seien.
Kein Überblick über die Zahlen
Porsche hatte schon zu Wochenbeginn darauf hingewiesen, dass es keine Probleme in der laufenden Produktion gebe. Bei den aktuell verkauften Fahrzeugen seien keine Verdachtsmomente für mögliche Manipulationen vorhanden. In Verdacht geraten sind vor allem Modelle aus den Jahren 2008 bis 2013. Dabei geht es um Autos mit Benzinmotor wie der 911er und der Panamera.
„Porsche prüft regelmäßig und kontinuierlich technische und regulatorische Aspekte seiner Fahrzeuge“, sagte der Sprecher. Im Rahmen solcher internen Prüfungen seien die möglichen aktuellen Probleme entdeckt worden. In Einzelfällen könne es auch zu „Abweichungen von Serienständen“ gekommen sein, so der Sprecher weiter.
Betroffene Porsche-Modelle könnten nachträglich nach der Typzulassung so verändert worden sein, dass sie geltende Abgasvorschriften nicht mehr einhalten. In den USA sind die gesetzlichen Vorgaben häufiger verändert worden. Deshalb untersucht Porsche jetzt besonders Fahrzeuge, die auf dem US-Markt verkauft worden sind.
Porsche hat noch überhaupt keinen Überblick, wie viele Fahrzeuge am Ende tatsächlich betroffen sein könnten. Das wird erst dann möglich sein, wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind. Die Aufklärung wird allerdings ihre Zeit brauchen. Einzelne Modellreihen müssen jetzt nach und nach von Porsche durchgemessen werden.
Auch das KBA kontrolliert dabei mit. „Das kann bis zum Jahresende dauern“, sagte ein Insider. Finanzielle Folgen und mögliche neue Strafzahlungen sind damit ebenfalls nach aktuellem Stand nicht kalkulierbar.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart sagte, dass sich die Behörde mit den Vorgang befasse. „Porsche hat sich selbst bei uns gemeldet. Wir schauen uns das nun genau an“, erklärte die Sprecherin. Aktuell handele es sich noch um eine Vorprüfung. Erst wenn ein Anfangsverdacht auf eine Straftat begründet werden könne, werde man ein förmliches Ermittlungsverfahren einleiten.
Verantwortung stets bei Audi gesehen
Porsche musste sich bereits wegen der Manipulation von Autos mit Dieselmotoren mit der Staatsanwaltschaft auseinandersetzen. Das Unternehmen konnte das Verfahren gegen eine Zahlung von 535 Millionen Euro abschließen. Nicht beendet sind dagegen die Ermittlungen gegen womöglich beteiligte, teils hochrangige Mitarbeiter. Erst im Frühjahr weitete die Staatsanwaltschaft den Kreis der Verdächtigen auf sieben Personen aus.
Unter ihnen ist Porsche-Manager Jörg Kerner, der Ende April 2018 zwischenzeitlich sogar in Untersuchungshaft genommen wurde. Zu den Beschuldigten gehört außerdem Entwicklungsvorstand Michael Steiner. Die Beschuldigten haben die Vorwürfe stets bestritten.
Porsche hatte die unmittelbare Verantwortung an den Dieselmanipulationen stets von sich gewiesen und allein die Schwestermarke Audi dafür verantwortlich gemacht. Der Premiumhersteller aus Ingolstadt hatte die Dieselmotoren an Porsche geliefert, weil die Stuttgarter selbst keine Selbstzünder entwickeln und produzieren.
Würden Porsche jetzt auch bei Benzinmodellen umfassende eigene Manipulationen nachgewiesen, wären die Konsequenzen wahrscheinlich noch viel weitgehender als beim Diesel. Porsche könnte dafür keine Schwestermarke aus dem VW-Konzern mehr verantwortlich machen.
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