In der Europäischen Union gelten seit 2010 für Feinstaub und Schadstoffe wie Stickstoffdioxid (No2) Grenzwerte zur Luftreinhaltung. Wegen hoher Luftverschmutzung kommt es laut EU-Kommission in Europa jährlich zu 400.000 vorzeitigen Todesfällen, wegen Stickoxiden seien 2003 rund 70.000 Menschen gestorben. In Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien wird das Limit von 40 Mikrogramm je Kubikmeter wiederholt überschritten. Deshalb droht die EU-Kommission den Ländern mit Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof. Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat auf Basis dieser Vorschriften gegen die Luftreinhaltepläne von 16 Städten vor Verwaltungsgerichten geklagt.
Die EU-Kommission listete 28 Gebiete mit Grenzwertüberschreitungen auf. Darunter sind die Ballungsräume Berlin, München, Stuttgart und Hamburg. Auch in Köln, Düsseldorf und fast allen größeren Städten in Nordrhein-Westfalen besteht das Problem. Das Umweltbundesamt hat im vergangenen Jahr in fast 50 Städten zu hohe Belastungen gemessen, häufig nur an einzelnen Plätzen und Straßen. Stuttgart ist mit seiner Kessellage besonders betroffen und plant ab 2018 Fahrverbote an Tagen mit hoher Schadstoffbelastung auf bestimmten Straßen. Für Lieferverkehr, Taxis oder Handwerker soll es Ausnahmen geben.
Nach Angaben der EU entfallen auf den Straßenverkehr 40 Prozent der Stickoxidemissionen. Rund 80 Prozent davon stoßen wiederum Dieselautos aus. Laut Umweltbundesamt sind Diesel-Pkw in Deutschland für 13 Prozent der Emissionen verantwortlich. Betroffen von Fahrverboten wären nach den Plänen in Stuttgart und München alle Dieselfahrzeuge ab Euro-5 abwärts. Das wären vier von fünf Diesel-Pkw.
Aber auch bei den neuesten Pkw mit Euro-6-Standard ergaben Messungen des Umweltbundesamtes im Realbetrieb viel zu hohe Ausstöße von Stickoxid. Die Autoindustrie hält dagegen, das werde mit den nun auf den Markt kommenden Dieselmotoren gelöst. Ab 2019 dürfen die Selbstzünder auf der Straße den vorgeschriebenen Grenzwert nur noch um das Doppelte übertreffen, zwei Jahre später um das Anderthalbfache. Der Spielraum wird eingeräumt, weil wegen Beladung, Tempo oder Steigungen eine konstante Einhaltung der Laborwerte technisch nicht möglich ist. Bis die neue Diesel-Flotte aber die Luft spürbar verbessert, dauert es nach Schätzungen des Umweltbundesamt bis etwa 2025.
Die Städte betrachten ein Fahrverbot als größten Hebel neben vielen anderen Maßnahmen der Verkehrssteuerung oder Anreizen für Bürger, auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. Baden-Württemberg verhandelt deshalb mit der Autoindustrie über eine Nachrüstung von Euro-5-Motoren, die rund 40 Prozent der Diesel-Fahrzeuge ausmachen. Sollte der Stickoxid-Ausstoß dadurch genauso viel wie durch Fahrverbote sinken, könnte auf die drastische Maßnahme verzichtet werden. Doch es ist unklar, wie hoch die Kosten sind und wer sie übernimmt - die Autohersteller oder auch die Verbraucher oder der Staat? Ob Dieselfahrverbote rechtlich zulässig sind, muss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erst entscheiden. Einen Termin dafür gibt es noch nicht.
Die Länder dringen auf eine bundesweite Klärung. In der Diskussion war die Blaue Plakette, mit der Städte allen Diesel-Autos beispielsweise unterhalb der Euro-6-Norm die Einfahrt verbieten könnten. Doch Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die die Plakette selbst vorgeschlagen hatte, ist davon inzwischen abgerückt, da auch die Euro-6-Fahrzeuge zuviel ausstießen. Sie setzt auf Nachrüstungen durch die Industrie. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist gegen Fahrverbote, sieht die Verantwortung aber bei Städten und Ländern. Er argumentiert, wenn Busse, Taxen und Behördenfahrzeuge elektrisch oder mit alternativen Antrieben ausgerüstet würden, könne das Problem für Privatfahrer entschärft werden.
Quelle: Reuters
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Verbrennungsmotoren, egal ob Diesel oder Benziner, sind out. Dem Elektroantrieb wird die Zukunft gehören.
Prognose : Die 1. preisgünstigen E-Autos werden die Chinesen auf den Markt bringen und es werden dann Marktrenner sein, wenn gleichzeitig die Batterie-Probleme gelöst wurden.
Eine neue Software für Diesel? Vielleicht kann man damit erreichen, dass die Politik für ein oder zwei Jahre auf Fahrverbote verzichtet. Aber eine solche Notlösung kann den Diesel nicht dauerhaft retten.
Die Hersteller müssen sich endlich fragen, was die Kunden wirklich wollen. Sie sollten sich darüber klar werden, dass die Kunden in erster Linie nicht irgendeinen Firlefanz, sondern die Einhaltung der gesetzlichen Abgasvorschriften verlangen. Ultimativ verlangen. Und zwar nicht auf dem Prüfstand, sondern im Fahrbetrieb. Wer diese Kundenwünsche nicht ernst nimmt, sollte seine Bude dicht. "Schummelei bis zum Ende aller Tage?", nicht mit mir.
@ Frau Me Law04.07.2017, 13:47 Uhr
Beim Stickoxid würden grössere Harnstofftanks und kürzere Nachfüllintervalle helfen. Beim Feinstaub bewegen wir uns in eine fragliche Richtung. Die kleineren Partikel der Fahrzeuge mit Russpartikelfilter sind giftiger, als die der alten Dieselfahrzeuge ohne....
Steigen wir auf Benziner um, sind die CO2-Ziele obsolet. Bleibt nur das Fahrrad und das pedelec.
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-7792-2008-02-12.html
Bei dem Thema kommt bei mir die blanke Wut hoch. Zig Untersuchungen, auch vom Umweltbundesamt, haben ergeben, dass kaum ein Diesel-PKW (sei es Euro4, 5 oder 6) auch nur in der Größenordnung seines Normgrenzwerts liegt. Da sind Euro6-Fahrzeuge, die so weiter verkauft werden dürfen, obwohl sie selbst den Grenzwert für Euro3 deutlich übersteigen. Zu diesem Sachverhalt gibt es keinen Mucks aus Politik und Industrie. Das wird einfach so hingenommen. Schlimmer noch, dieselben Grenzwerte sollen nur entscheiden, ob ein Fahrzeug in die Stadt darf oder nicht.