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Autovermieter Erich Sixt bei seinem Abgang als Vorstandschef: „Schalten den Turbolader an“

Der Unternehmer übergibt an seine Söhne Konstantin und Alexander. Für die Zukunft sieht er goldene Zeiten – und hat einen Rat für seine Kunden.
16.06.2021 Update: 16.06.2021 - 16:28 Uhr Kommentieren
Erich, Alexander und Konstantin Sixt (von links) wie sie 2019 die App launchen in der verschiedene Services gebucht werden können. Quelle: dpa
Autovermieter Sixt

Erich, Alexander und Konstantin Sixt (von links) wie sie 2019 die App launchen in der verschiedene Services gebucht werden können.

(Foto: dpa)

München 50 Jahre hat Erich Sixt sein Unternehmen geführt. Und er geht, wie er begonnen hat: als notorischer Optimist in eigener Sache. „Ich bin extrem positiv eingestimmt auf die Zukunft des Unternehmens“, sagt der 76-Jährige am Mittwoch in München. „Wir haben das Schlimmste überstanden und schalten jetzt den Turbolader an“, kündigt Sixt auf der Hauptversammlung an, auf der er zum letzten Mal als Vorstandschef spricht. Am Ende des Aktionärstreffens übergibt der Senior an seine Söhne Konstantin und Alexander, die künftig als Doppelspitze den Mobilitätskonzern führen. Der Senior wechselt in den Aufsichtsrat.

Wenn Sixt zum Abschluss seiner Karriere noch einmal eine Herausforderung brauchte, dann hat die Corona-Pandemie sie ihm geliefert. Im Frühjahr 2020 brach das Geschäft abrupt ab, in der Spitze sackte der Umsatz um 90 Prozent weg. Mitten in der größten Expansion der Firmengeschichte musste Sixt über Nacht Zehntausende Autos loswerden und einen Großteil der Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. „Meine Söhne haben Großes geleistet und sich auf die Kosten gestürzt“, lobt Erich Sixt. Sie haben sich aus seiner Sicht bewährt – und sollen das Unternehmen nun in die Zukunft führen.

Kurzfristig stehen die Zeichen dafür gut. Das Katastrophenjahr 2020 wurde trotz des Umsatzeinbruchs von 2,5 auf 1,5 Milliarden Euro auch dank der Kurzarbeiterregelung ohne Verluste abgeschlossen – und abgehakt. Aufwärts geht es zunächst in Übersee: „Seit März steigt die Nachfrage nach Mietwagen in den USA kräftig an“, sagt Erich Sixt.

Die Deutschen sind mittlerweile an fast allen großen US-Flughäfen mit eigenen Stationen vertreten und erleben in Ferienregionen wie Florida einen Ansturm auf die Mietautos. Sixt glaubt, dass sich dieses Szenario in Europa im Sommer wiederholen wird. „Die Lufthansa will mit Jumbo-Jets nach Mallorca fliegen, wir stocken die Flotten auf.“

Am Ende könnte die angestaute Nachfrage das Angebot in den Ferienregionen übersteigen. „Ich würde rechtzeitig buchen“, sagt Sixt an die Adresse seiner Kunden. Eine Prognose für das Gesamtjahr wagt er dennoch nicht. Bereits im vergangenen Jahr glaubte die Branche mit dem Sommergeschäft an ein Ende der Pandemie – bis im Herbst der nächste Lockdown alle Prognosen zunichtemachte.

Die Sixt-Söhne mussten sich vor aller Augen bewähren

„Wir sind ein IT-Unternehmen mit angeschlossener Autovermietung“, sagt Sixt. Er selbst entscheidet aber vor allem über sein Bauchgefühl. Mit seinen aggressiven Werbekampagnen hat er die Marke tief im Bewusstsein der Deutschen etabliert. Mit einer riskanten Expansionsstrategie machte er aus einem regionalen Mittelständler einen Milliardenkonzern, dessen größte Vermietungsstationen mittlerweile in New York und Miami stehen.

Um nicht mit „dem letzten Hemdknopf“ zu haften, brachte er 1986 das Unternehmen an die Börse. 60 Prozent der Stimmanteile kontrolliert die Familie und ist damit weiter Herr im eigenen Haus. Externe Manager hatten es schwer. Erich blieb Vorstandschef, seine Ehefrau und vielfach ausgezeichnete Unternehmerin Regine übernahm die internationale Kommunikation.

Nach und nach wurden die Söhne Konstantin und Alexander in die Firma eingeführt. Konstantin kümmert sich vor allem um Vertrieb und Marketing, Alexander organisiert Finanzen, Personal und Akquisitionen. Beide sind zudem für Technologie und Digitalisierung zuständig und damit für die wichtigsten Zukunftsfelder. Dennoch ließ sich Vater Erich Zeit, bevor er die beiden in den Vorstand holte und ihnen jetzt die Führung anvertraut. Die Söhne mussten sich vor den Augen aller bewähren. Keinesfalls durfte der Eindruck entstehen, das SDax-Unternehmen sei reine Familiensache.

Die Bewährungsprobe haben die Söhne aus Sicht des Vaters bestanden, der selbst eine Lernkurve hinlegen musste. Während die Familie nach außen maximale Harmonie demonstrierte, wurde intern heftig gerungen. Die Brüder, die sich in der Zentrale in Pullach den Schreibtisch teilen, mussten oft Überzeugungsarbeit leisten.

Nach einem halben Jahrhundert übergibt Erich Sixt den Vorstandsvorsitz an seine beiden Söhne. Quelle: dpa
Sixt

Nach einem halben Jahrhundert übergibt Erich Sixt den Vorstandsvorsitz an seine beiden Söhne.

(Foto: dpa)

So war Erich Sixt lange skeptisch, ob Angebote wie Carsharing jenseits der klassischen Autovermietung funktionieren – die Söhne setzten sich durch. Auch der von Konstantin und Alexander angetriebene Aufbau der Software Hubs in Kiew und Bangalore zahlt sich aus. Seit 2019 bündelt Sixt seine Angebote für das Smartphone. Als bislang erster Anbieter will Sixt die klassische Langzeitmiete und das kurzfristige Carsharing zusammenführen.

Seit dem vergangenen Jahr bietet das Unternehmen Sixt Plus, ein Auto-Abo für Privatkunden. „Das funktioniert wie Musikstreaming – nur für die Straße“, verspricht Konstantin Sixt. Und auch für Elektroautos sind die Söhne deutlich offener als der Senior: Bis 2030 will Sixt rund 100.000 Stromautos in der Flotte haben. In den kommenden Jahren sollen für 50 Millionen Euro Ladesäulen an den Sixt-Stationen entstehen.

Am Ende wird der Gegner Uber heißen

Der Markt steht unter Strom. Während die klassischen Sixt-Rivalen Europcar und Hertz mit hohen Verlusten kämpfen, drängen kapitalstarke Mobilitätsdienste wie Uber ins Feld und versuchen ihre Mitfahrdienste in den Metropolen zu etablieren.

Auch Autohersteller wie Daimler und BMW haben in den vergangenen Jahren Milliarden in den Aufbau eigener Carsharing-Flotten investiert, wickeln diese nach hohen Anfangsverlusten aber teilweise wieder ab. „Das Problem ist nämlich: Die Business-Cases sind in den überwiegenden Fällen über Jahre negativ“, sagt Jan Burgard von der Münchener Strategieberatung Berylls. „Irgendwann wird das für die meisten Anbieter nicht mehr erträglich, sie reduzieren die Kosten, damit die Verfügbarkeit und den Service.“ Die Folge sei ein Teufelskreis, denn die Kundschaft gehe so schnell verloren. „Somit ist der wesentliche Erfolgsfaktor die Kundenorientierung und der damit verbundene sehr lange Atem, den man unbedingt braucht.“

Die Folge ist ein Verdrängungswettbewerb, in der Autovermieter wie Sixt durchaus die Chance haben, ihre Position auszubauen, glaubt Burgard. Im Gegensatz zu reinen Mobilitätsdienstleistern müssen die Autovermieter jedoch Flotten real vorhalten und entsprechend gut kapitalisiert sein. „Wer das stemmt und extrem digital ist, kann in dem Markt eine wichtige Rolle spielen“, sagt der Strategieberater.

Am Ende müssen sie sich jedoch mit den ganz großen Playern wie Uber messen, die über ihre Plattformen das Geschäft treiben werden. „Diese Gruppe denkt ganzheitlich über die Mobilität der Kunden nach, hat Zugang zu großen Cash-Reserven und wird am Ende den Markt konsolidieren.“ Einen langen Atem haben die Sixts, auch wenn die Söhne nicht ganz frei entscheiden können. „Unser Vater ist mit Sicherheit unser schärfster Kritiker“, sagt Alexander über seinen neuen Aufsichtsrat. Der aber bleibt Optimist. „Ich behalte meine Aktien“, sagt der Senior. An Uber wird er sein Lebenswerk nicht verkaufen.

Mehr: Mieten statt besitzen: Das Autoabo wird zur echten Alternative

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