Autovermieter Rückkauf erfolgreich: VW übernimmt Europcar für rund 2,5 Milliarden Euro

Das Interesse von VW fußt vor allem auf der Infrastruktur und der Technologie von Europcar.
Düsseldorf Im zweiten Anlauf ist Volkswagen die Übernahme von Europcar geglückt. Das französische Unternehmen teilte am Mittwoch mit, man habe sich mit einem Konsortium unter Führung des Wolfsburger Autokonzerns geeinigt.
Zuletzt hat das Konsortium seine Offerte auf 50 Cent je Aktie aufgestockt. Damit wurde Europcar mit 2,5 Milliarden Euro bewertet. Der Preis erhöht sich um einen Aufschlag von 0,01 Euro je Aktie, wenn 90 Prozent der Aktien angedient werden.
Zu den Käufern gehören neben VW der Vermögensverwalter Attestor und der niederländische Mischkonzern Pon Holdings. Letzterer ist offizieller Importeur von Volkswagen in den Niederlanden. Auf Volkswagen entfallen künftig 66 Prozent der Europcar-Anteile, der Rest liegt bei den anderen Käufern. Die Wolfsburger wollen zwar künftig eine Mehrheitsbeteiligung halten, werden jedoch weder das Übernahme-Konsortium noch Europcar kontrollieren.
Ende Juni war das Konsortium mit einer ersten Offerte in Höhe von 44 Cent abgeblitzt. Volkswagen hatte daraufhin sein Interesse am Rückkauf seiner 2006 veräußerten Tochter Europcar, über das das Handelsblatt bereits 2020 berichtet hatte, öffentlich gemacht. Mit dem Abschluss der Transaktion wird spätestens im ersten Quartal des nächsten Jahres und nach einer Freigabe durch die Wettbewerbsbehörden gerechnet.
Der Kaufpreis liegt um 23 Prozent über dem gewichteten Europcar-Durchschnittskurs des vergangenen Monats. Nach Bekanntwerden des verbesserten Angebots am Dienstag hatten Europcar-Titel an der Pariser Börse erneut deutlich zugelegt. Die Aktie hat bereits in den vergangenen drei Monaten zwei Drittel an Wert gewonnen. Gleichwohl: Vor einem Jahr lag der Kurs noch doppelt so hoch. Das Allzeittief von 0,25 Euro datiert aus dem Februar.
Konzernstruktur und Besitzverhältnisse von Europcar sind kompliziert. Der Autovermieter hatte Anfang des Jahres seine Schulden umstrukturiert und Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro abgelöst. Seitdem gehört Europcar mehrheitlich einer Reihe von Hedgefonds, führend sind dabei Anchorage Capital Partners und Marathon Asset Management.
Ende des vergangenen Jahres hatte Europcar in den USA Insolvenzschutz nach „Chapter 15“ beantragt. Damit schützen sich Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der USA haben, vor Klagen von US-Gläubigern, während im Ausland strategische Schritte beschlossen werden.
Was VW mit Europcar vorhat
VW dürfte mit der Übernahme vor allem auf Infrastruktur und Technologie von Europcar abzielen. Autobauer wollen in Zukunft verstärkt Sharing, Pooling und andere Mobilitätsdienste anbieten. VW hat dafür die Tochter Moia gegründet, mit der solche Dienste bereits heute in Hamburg und Hannover getestet werden. Diese werden in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen – erst recht, wenn auch autonom fahrende Autos zur Verfügung stehen.
VW-Chef Herbert Diess sagte: „Der Aufbau einer führenden Mobilitätsplattform ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer kürzlich vorgestellten "New-Auto-Strategie". Mit ihrem modernen Flottenmanagement und dem breiten Stationsnetz wird Europcar dazu beitragen, dass Volkswagen seine ambitionierten Ziele für den Ausbau von Mobilitätsdiensten schneller erreicht.“
Mithilfe der Stationen von Europcar und dem Vertriebsnetz kann VW künftig Dienste dieser Art auch außerhalb der eigenen Konzerngrenzen und nicht nur über Moia anbieten – beispielsweise einen fahrerlosen Shuttleservice über eine Mietwagenstation an einem Flughafen.
Das klassische Vermietungsgeschäft hingegen ist für VW aus strategischer Perspektive kaum von Bedeutung. Schließlich kann der Autobauer seine Fahrzeuge auch ohne eine Beteiligung an die jeweiligen Autovermieter verkaufen.
Das war auch der Grund, warum VW Europcar 2006 für 1,26 Milliarden Euro an den französischen Finanzinvestor Eurazeo verkauft hatte. Dass Autovermieter über Mobilitätsdienste wieder eine größere Bedeutung bekommen könnten, war damals noch nicht absehbar.
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