Autozulieferer Hella schüttelt das Corona-Geschäftsjahr ab

Der MDax-Konzern konnte seinen Gewinn im Vergleich zum Corona-Geschäftsjahr verdoppeln.
Düsseldorf Bei den wohl letzten Jahreszahlen von Hella als eigenständiges Unternehmen wartet der Autozulieferer mit soliden Zahlen auf. Erst am Wochenende hatte sich die Eigentümerfamilie mit dem französischen Konkurrenten Faurecia auf eine 6,8 Milliarden Euro schwere Übernahme geeinigt.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr, das im Mai endete, steigerte Hella den Umsatz um über 13 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro, wie das Unternehmen aus Lippstadt am Donnerstag bekanntgab. Der Gewinn legte von 227 auf 510 Millionen Euro zu, was eine bereinigte Gewinnmarge von acht Prozent ergibt.
Damit lag das Ergebnis am oberen Ende der im Dezember erhöhten Prognose. Auf der Hauptversammlung, die Ende September stattfinden wird, will die Konzernführung um Vorstandschef Rolf Breidenbach daher eine Dividendenzahlung in Höhe von 96 Cent pro Aktie vorschlagen.
„Hinter uns liegt erneut ein Geschäftsjahr, das von zahlreichen Herausforderungen und Kraftanstrengungen geprägt war“, sagte Breidenbach am Donnerstag. Einen starken Aufschwung habe Hella im zweiten Quartal erlebt. „Wir haben dabei von der starken Entwicklung des Automarktes in China profitiert.“
Allerdings hinkt der Vergleich des aktuellen Ergebnisses mit den Vorjahreszahlen, da das Geschäftsjahr 2019/2020 durch die Auswirkungen der Coronakrise verzerrt ist. Vergleicht man die jetzige Bilanz mit den Daten von 2018/2019, zeigt sich, dass Hella ein gutes, aber kein herausragendes Geschäftsjahr hinter sich hat. Vor zwei Jahren hatte der MDax-Konzern noch einen Umsatz von knapp sieben Milliarden Euro und eine Gewinnmarge von 8,4 Prozent erzielt.
Einer der Haupttreiber des abgelaufenen Geschäftsjahrs war das Geschäft mit Auto-Komponenten. In Hellas größter Sparte stieg der Umsatz um über elf Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Besonders gut verkaufen sich hier offenbar Hellas Radarsensoren.
Im Bereich der 77-GHz-Radare, die beispielsweise bei Abbiegeassistenten verwendet werden und die ab 2022 in Neufahrzeugen in der Europäischen Union zur Pflichtausstattung gehören müssen, habe Hella Breidenbach zufolge bereits jetzt mehr Aufträge an Land gezogen als jemals im Bereich der 24-GHz-Radare, wo das Unternehmen Marktführer ist.
Allerdings hinkt die Gewinnmarge mit 7,1 Prozent der Marge des Gesamtkonzerns hinterher. Hier schnitten die beiden anderen Sparten, das Ersatzteilesegment und das Geschäft mit Spezialmaschinen, mit Margen von 13,4 und 12,8 Prozent deutlich besser ab.
Hella ist schuldenfrei
Eine Seltenheit ist auch die finanzielle Verfassung von Hella. Der Zulieferer hat keine Schulden. Statt Nettofinanzverbindlichkeiten verfügt das Unternehmen über eine Nettofinanzliquidität von über 100 Millionen Euro. In der Zuliefererbranche ist Hella damit eine absolute Ausnahme.
Ebenfalls besser als bei den meisten Wettbewerbern ist die Eigenkapitalquote von über 40 Prozent. Der bereinigte Cashflow lag mit über 200 Millionen Euro in etwa auf Vorjahresniveau, was mehr als erwartet gewesen sei „Wir hatten angesichts des kostenintensiven Hochlaufs unserer Werke nach der coronabedingten Zwangspause im vergangenen Jahr damit gerechnet, dass das höhere Working-Capital den Cashflow belastet“, sagte Breidenbach.
Angesichts dieser Daten erscheint der Rückzug der Eigentümerfamilie Hueck überraschend. Diese hatte am Samstagabend verkündet, ihren 60-prozentigen Hella-Anteil an den französischen Zulieferer Faurecia für rund vier Milliarden Euro zu verkaufen. Blickt man auf die Finanzkennzahlen und den Ausblick von Hella sowie die angekündigte Dividendenausschüttung, hätte sich das wirtschaftliche Risiko, die Anteile zu behalten, eher in Grenzen gehalten.
Trotz des Chipmangels rechnet Konzernchef Breidenbach im laufenden Geschäftsjahr mit einem Umsatz zwischen 6,6 und 6,9 Milliarden Euro. Die bereinigte Ebit-Marge solle wie im abgeschlossene Geschäftsjahr bei etwa acht Prozent liegen.
„Die Marktentwicklung ist weiterhin durch sehr hohe Unsicherheiten geprägt“, sagt der 58-Jährige. Er rechne wegen des Mangels an Rohstoffen und des Halbleiterengpasses weiterhin mit Problemen bei den Lieferketten. „Das wird sich auch auf unser Geschäft auswirken“, sagt Breidenbach.
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