Autozulieferer Mahle-Chef Jörg Stratmann gibt Posten Ende März auf

Der Manager stand gut drei Jahre an der Spitze des Zulieferers Mahle.
Stuttgart Der Chef des Autozulieferers Mahle, Jörg Stratmann, gibt völlig überraschend seinen Posten Ende März auf und verlässt den Konzern. Darüber habe er sich mit dem Aufsichtsrats-Vorsitzenden Heinz Junker „in bestem Einvernehmen“ verständigt, teilte der viertgrößte deutsche Automobilzulieferer am Montag mit. Ein Nachfolger für den Wirtschaftsingenieur steht noch nicht fest. Auch das ist ein Indiz für einen abrupten Abgang. Vorerst soll Finanzchef Michael Frick den Vorsitz der Geschäftsführung übernehmen.
Zentrale Rolle im Unternehmen und auf der Suche nach einem neuen CEO spielt der langjährige Mahle-Chef Heinz Junker. 2014 wechselte der leidenschaftliche Ingenieur in den Aufsichtsrat. Der inzwischen 71-Jährige steht auch an der Spitze der Mabeg, der insgesamt sieben Fachleute angehören und die die Eigentümerfunktion für die Mahle-Stiftung wahrnimmt. Gegen den Willen des „Professors“, wie Junker im Unternehmen ehrfürchtig genannt wird, geht in der Stuttgarter Zentrale nichts.
Der Chefposten bei Mahle scheint mit Stratmanns Abgang zu einem heißen Stuhl zu werden. Vor knapp drei Jahren war Stratmann bereits unverhofft auf den Chefsessel des Stiftungsunternehmens gerückt, nachdem Vorgänger Wolf-Henning Scheider kurzfristig zur deutlich größeren Nummer drei in Deutschland, zu ZF an den Bodensee abwanderte. Junker hatte Scheider bei dessen Blitzwechsel keine Steine in den Weg gelegt. Reibungslos soll das Verhältnis mit Scheider, der wie Stratmann Wirtschaftsingenieur ist, jedenfalls nicht gewesen sein. Bekannt sind Junkers extrem hohen Ansprüche im Haus seit über 20 Jahren. Nun hat es schon mit dem zweiten Nachfolger nicht richtig funktioniert.
Stratmann verfolgte die duale Strategie, einerseits die Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor zu verringern und andererseits den bestehenden Verbrennungsmotor zu optimieren. Laut Stratmann erzielt Mahle inzwischen 60 Prozent seines Umsatzes mit Geschäften abseits von Verbrennungsmotorteilen.
Das Unternehmen, das lange Zeit mit Filtern, Kolben und Pumpen für den Verbrennungsmotor sein Geld verdient hat, fährt seit zwei Jahren einen harten Sparkurs mit Stellenstreichungen und Werksschließungen. Zum 100-jährigen Bestehen im vergangenen Jahr hatten Arbeitnehmervertreter der Führung um Stratmann vorgeworfen, sich zu spät und zu unentschlossen auf die neuen Erfordernisse in der Branche eingestellt zu haben.
Dabei nahm der Umbau historische Dimensionen an: 7400 Stellen hat Stratmann in den vergangenen beiden Jahren gestrichen. Zum Jahresende 2020 beschäftigte Mahle nur noch 72.000 Mitarbeiter. Bis zuletzt verhandelte Stratmann mit den Arbeitnehmern über den Abbau von weiteren 7600 Arbeitsplätzen, 2000 davon in Deutschland. Ob die Verhandlungen ein Grund für das Ausscheiden waren, ist offen. Die Arbeitnehmerseite wollte sich nicht zum Ausscheiden Stratmanns äußern. Dass Stratmann im Konzernumbau mit seiner eher technokratischen Art wenig Rückhalt bei den Arbeitnehmern hatte, liegt jedoch auf der Hand.
2020 hatte die Corona-Pandemie bei Mahle zu einem herben Umsatzeinbruch um 16 Prozent auf erstmals wieder unter zehn Milliarden Euro geführt. Allerdings haben alle großen Autozulieferer 2020 zwischen zehn und 20 Prozent Umsatz verloren. Wegen zugleich hoher Kosten in Folge des Konzernumbaus fiel das Ergebnis unter dem Strich „deutlich negativ“ aus, wie Stratmann kürzlich dem Handelsblatt sagte.
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