Autozulieferer Reifengeschäft rettet Continentals Bilanz – Kerngeschäft schwächelt weiterhin

Unsicherheit bringt nach wie vor die weltweite Knappheit bei Elektronik-Bauteilen.
Düsseldorf Auf den ersten Blick kann sich das Quartalsergebnis sehen lassen, das Continental an diesem Donnerstag präsentiert hat. Bei einem Umsatz von 9,9 Milliarden Euro erzielte der Dax-Konzern eine operative Gewinnmarge von 7,2 Prozent. Der Free Cashflow erhöhte sich im Vorjahresvergleich um 2,2 Milliarden Euro auf 327 Millionen Euro. Doch bei genauem Hinsehen fällt auf, dass eine Sorge weiterhin bestehen bleibt: das Zukunftsgeschäft mit Autokomponenten, Sensorik und Software.
Eigentlich sollen Entwicklungen beim automatisierten Fahren und der Auto-Software künftig die Marge von Conti treiben. Doch davon war die Sparte Automotive Technologies im zweiten Quartal weit entfernt und schrieb in den abgelaufenen drei Monaten sogar Verluste. Bei einem Quartalsumsatz von knapp 3,8 Milliarden Euro rutschte die Ebit-Marge auf minus zwei Prozent.
Im gesamten ersten Halbjahr liegt die Marge bei kümmerlichen 0,8 Prozent – und das, obwohl die Sparte insgesamt die Investitionen im Vergleich zum Vorjahr von 5,8 auf 4,6 Prozent gesenkt hat. Die Continental-Aktie lag am Donnerstagvormittag gut 2,5 Prozent im Minus.
Ein Problem bleiben die nach wie vor zu hohen Kosten bei Automotive Technologies. Laut Finanzchef Wolfgang Schäfer seien diese bereits gesenkt worden. „Im Strukturprogramm, das diese Kosten weiter reduzieren soll, sind wir voll im Plan. Bislang haben wir bereits rund ein Viertel davon umgesetzt“, sagte Schäfer im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Continental-Chef Nikolai Setzer macht für das magere Ergebnis im Kerngeschäft auch die Chipkrise verantwortlich. „Nach einem bereits verhaltenen Jahresstart hat der anhaltende Mangel an Halbleitern die Automobilproduktion im zweiten Quartal wie erwartet stark gebremst“, sagte Setzer am Donnerstag. „Insgesamt werden der Chipengpass sowie steigende Rohstoffpreise die Automobilindustrie im gesamten Jahr 2021 belasten.“
Weil die Mangelware Chips teilweise per Luftfracht transportiert wird, um die Lieferketten der Autoindustrie aufrechtzuhalten, belasten Sonderfrachtkosten das Ergebnis. „Im Moment arbeitet eine Taskforce mit rund 700 Mitarbeitern daran, unsere Kunden fristgerecht mit Chips zu beliefern“, sagte Finanzchef Schäfer. Conti lässt zudem Container teilweise nur halb gefüllt per Seefracht transportieren. Es gilt die Devise: Wenn Chipmaterial vorhanden ist, wird bestellt. Allerdings wird auch bei einem halbvollen Container der volle Frachtpreis fällig.
Im laufenden Jahr rechnet der Konzern daher mit einer zusätzlichen Belastung von bis zu 200 Millionen Euro. In den ersten sechs Monaten des Jahres betrugen die Kosten hierfür bereits 110 Millionen Euro.
Das betrifft vor allem die Sparte Automotive Technologies, die stark auf Halbleiter angewiesen ist. Höhere Ausgaben für Forschung und Entwicklung für das automatisierte Fahren in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro belasten ebenfalls das Ergebnis. Darüber hinaus kommt mit der Abspaltung der Antriebseinheit Vitesco ein rechnungslegungsbedingter Einmaleffekt in Höhe von 80 Millionen Euro hinzu.
Entspannung in der Chipkrise sieht Finanzchef Schäfer nicht. Zwar entspanne sich die Lage derzeit im wichtigen Chipstandort Malaysia. „Allerdings bleibt der Halbleitermangel über das gesamte Jahr weiterhin akut. Und auch 2022 wird uns die Chipkrise voraussichtlich beschäftigen“, sagte Schäfer.
Hochprofitables Reifen- und Industriegeschäft
Vitesco wiederum schlug sich im Vergleich zur Automotive-Sparte deutlich besser. Unter anderem angetrieben von der hohen Nachfrage nach Elektromobilität stieg die Ebit-Marge im zweiten Quartal auf 6,4 Prozent. Im Vorjahr lag sie noch knapp 22 Prozent im Minus. Der Umsatz legte um fast 62 Prozent zu.
Dass Conti im zweiten Quartal dennoch passabel dasteht, verdankt der Konzern seinem starken Reifen- und Industriegeschäft. Der weltweite konjunkturelle Aufschwung schlägt sich im Ergebnis nieder. Bei einem Umsatz von über 4,3 Milliarden Euro erwirtschaftete die Sparte Rubber Technologies eine operative Gewinnmarge von über 14 Prozent. Vor allem das Reifengeschäft treibt das Ergebnis der Sparte an.
Für das Gesamtjahr erhöht Conti daher die Ziele für Rubber Technologies. Statt mit bis zu 17,5 Milliarden Euro rechnet das Unternehmen nun für das laufende Jahr mit einem Umsatz von bis zu 17,8 Milliarden Euro. Die bereinigte Ebit-Marge könnte statt 12,5 nun einen Wert von bis zu 13 Prozent erreichen.
Die höheren Rohstoffpreise, beispielsweise für Synthese- und Naturkautschuk, die Conti auf bis zu 500 Millionen Euro in diesem Jahr beziffert, ändern kaum etwas an der optimistischen Prognose.
Anders jedoch sieht es bei den Zielen für das Kerngeschäft aus. Hier rechnet Conti nur noch mit einem Umsatz von 16 bis 16,5 Milliarden Euro statt der ursprünglich angepeilten 16 bis 17 Milliarden Euro. Beim Gewinn sieht der Zulieferer nur noch das Potenzial für eine Marge von maximal einem Prozent. Zuvor hatte Conti mit bis zu zwei Prozent gerechnet.
Insgesamt peilt Conti für das laufende Jahr bei einem Umsatz von 33,5 bis 34,5 Milliarden Euro eine Gewinnmarge von 6,5 bis sieben Prozent an. Die Antriebssparte Vitesco, die im September abgespalten wird und als eigenständiges Unternehmen an die Börse geht, ist hier bereits rausgerechnet.
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