Autozulieferer Staatsanwaltschaft ermittelt im Dieselskandal gegen ZF Friedrichshafen

Ein Sprecher bestätigte die Ermittlungen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.
Düsseldorf, Stuttgart Auch der drittgrößte deutsche Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen ist jetzt im Abgasskandal mit einem offiziellen Ermittlungsverfahren konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart geht dem Verdacht nach, dass in von ZF gelieferter Getriebesteuerungssoftware Codes enthalten waren, die dazu führten, dass bei Abgastests falsche Emissions- und Verbrauchswerte festgestellt wurden.
Die Behörde ermittelt deshalb wegen des Verdachts des Betrugs und der mittelbaren Falschbeurkundung gegen zwei namentlich bekannte Mitarbeiter des mittleren Managements von ZF sowie gegen weitere namentlich nicht bekannte Mitarbeiter. Gegen das Unternehmen selbst leitete die Behörde außerdem ein Bußgeldverfahren ein, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte. Es bestehe der Verdacht, dass der Konzern notwendige Aufsichtsmaßnahmen nicht getroffen habe.
Ein Sprecher von ZF erklärte auf Nachfrage: „Wir kooperieren mit der Staatsanwaltschaft.“ Darüber hinaus wolle sich das Unternehmen nicht zu dem laufenden Verfahren äußern. Die fraglichen Vorgänge sollen schon einige Jahre zurückliegen. Zuerst hatte die „Wirtschaftswoche“ über die Ermittlungen berichtet.
Erst vor gut einem halben Jahr hatten die Stuttgarter Staatsanwälte Vorprüfungen im Hinblick auf eine mögliche Verwicklung von ZF in den Abgasskandal aufgenommen. Vorwürfe und erste Hinweise auf Verdachtsmomente gegen ZF bestanden indes schon weit länger.
So warfen US-Anwälte dem am Bodensee beheimateten Zulieferer in einer Sammelklage bereits 2017 eine Beteiligung an Abgasmanipulationen bei Autos der VW-Tochter Audi vor. In der gut 520 Seiten langen Klage bezeichneten sie ZF als „Mitverschwörer“.
Demgegenüber hielt ZF fest, dass man „in dieser Klage weder als Beklagte geführt noch benannt“ sei. Vor wenigen Monaten wurde das Verfahren dann per Vergleich beendet, für ZF entstanden daraus keine finanziellen Belastungen. Rückstellungen für Risiken aus dem Ermittlungsfall hat ZF nach früheren Aussagen nicht gebildet.
Darauf dass die Vorwürfe gegenüber ZF gleichwohl nicht aus der Luft gegriffen sein könnten, hatte es auch andere Anhaltspunkte gegeben. So war es ein offenes Geheimnis, dass der Konzern ab Herbst 2015 intern ermittelte und sich mit Blick auf mögliche Verfehlungen von mehreren Mitarbeitern getrennt hat und weitere arbeitsrechtlich belangte. Auch der plötzliche Abgang des langjährigen Entwicklungschefs im November 2017 sowie des Leiters der Pkw-Getriebeentwicklung soll damit im Zusammenhang stehen. Der Konzern äußerte sich dazu nicht.
ZF ist nach Bosch der zweite große schwäbische Zulieferer, gegen den die Staatsanwälte ermitteln. Bosch akzeptierte im Mai 2019 eine Strafe von 90 Millionen Euro, weil der Konzern Motorsteuerungen geliefert haben soll, mit deren Software VW Diesel-Emissionen manipulierte.
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