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Autozulieferer Transportroboter und Lastenräder statt Benzin und Diesel – Hirschvogel treibt die Transformation voran

Der Verbrennungsmotor wird zum Auslaufmodell. Der traditionsreiche Zulieferer Hirschvogel setzt darum stärker auf Elektro- und Mikromobilität.
25.11.2021 - 12:14 Uhr Kommentieren
Der Zuliefer will sich für die Zukunft neu aufstellen.
Hirschvogel-Chef Jörg Rückauf

Der Zuliefer will sich für die Zukunft neu aufstellen.

München Die Herausforderungen für die Autozulieferer sind derzeit immens. Die Rohstoff- und Energiepreise sind stark gestiegen. Die Autobauer haben wegen der Chipknappheit die Produktion heruntergefahren und rufen weniger Teile ab. Doch gleichzeitig muss die Branche kräftig investieren und die Transformation ins Elektrozeitalter schaffen.

Beim oberbayerischen Zulieferer Hirschvogel aber ist man selbstbewusst. „Wir wollen nicht nur mitlaufen, sondern den Wandel aktiv gestalten“, sagt Jörg Rückauf, seit Juli CEO.

Aktuell sei man noch zu zwei Dritteln vom Verbrenner abhängig. Investiert werde aber schon zu mehr als 65 Prozent in „grüne Geschäfte“. Auf diesem Weg solle 2025 schon die Hälfte der Produkte grün sein, fünf Jahre später dann mehr als 70 Prozent.

Damit werde man sich schneller wandeln als der Markt. Bei der Transformation setzt Hirschvogel auf eine Doppelstrategie. Zum einen entwickelt und produziert das Unternehmen mit Hochdruck Komponenten wie zum Beispiel Rotorwellen für Elektromotoren von E-Autos. In der Zentrale in Denklingen wird gerade eine große neue Halle für eine hochautomatisierte Produktion von E-Motoren-Komponenten in großen Stückzahlen hergerichtet.

Zudem baut der Konzern ein völlig neues Standbein auf: Auf der neuen Plattform Aximo für sogenannte mikromobile Fahrzeugkonzepte ruhen große Hoffnungen. Mit der neuen Plattform lassen sich unterschiedliche Kleinstfahrzeuge verwirklichen – vom Lieferroboter bis zum Lastenfahrrad. „Wir wollen damit in den nächsten zehn Jahren auf einen jährlichen niedrigen dreistelligen Millionenumsatz kommen“, kündigt Rückauf im Gespräch mit dem Handelsblatt an.

Hirschvogel stellt zum Beispiel Getriebewellen und Bauteile für den Antriebsstrang her. Der Umsatz dürfte in diesem Jahr bei etwa einer Milliarde Euro stagnieren. Der Druck auf der Kostenseite ist hoch. Zwischen 300.000 und 400.000 Tonnen Stahl und Aluminium braucht das Unternehmen im Jahr, der größte Kostenblock. „Die Preissteigerungen belasten das Ergebnis“, sagt Rückauf. Doch werde Hirschvogel auch 2021 schwarze Zahlen schreiben.

„Kleine Zulieferer kippen reihenweise um“

In diesen Zeiten kann froh sein, wer eine solide Kapitalausstattung hat, schließlich müssen die Zukunftsinvestitionen hochgehalten werden. Experten sind überzeugt, dass kleinere Zulieferer von der Doppelbelastung überfordert sein könnten. „Insbesondere die kleineren Zulieferer mit 50 bis 200 Millionen Euro Jahresumsatz kippen reihenweise um“, warnte Insolvenzexperte Rolf Hünermann von der Anwaltskanzlei Reed Smith LLP kürzlich im Handelsblatt.

Da könne froh sein, wer nicht börsengetrieben von Quartal zu Quartal denken müsse und finanziell solide ausgestattet sei, sagt Rückauf. „Unser Unternehmen ist eigenkapitalstark und wir haben die Spielräume für Investitionen.“

Dabei hilft die Gesellschafterstruktur. Hirschvogel gehört zu 61 Prozent der Familie, die restlichen Anteile liegen in einer Stiftung. Die Aufgabe, die Rückauf mit auf den Weg gegeben wurde: „Das höchste Gut ist die Sicherung der Beschäftigung.“

Der neue CEO Rückauf steht seit Juli an der Spitze des Familienunternehmens. Zuvor war er 16 Jahre bei Mahle – fünf davon als Leiter der Konzernvorausentwicklung. Auch bei Mahle war er schon für die Entwicklung von Produkten für das Elektrozeitalter wie zum Beispiel Batterie- und Brennstoffzellensysteme verantwortlich.

Bei Hirschvogel trifft er nun auch auf einen ungewöhnlich innovationsfreudigen Mittelständler. Das Unternehmen hatte früher als andere Mittelständler auf Kooperationen mit Start-ups und anderen innovativen Firmen gesetzt. So gründete das Unternehmen die Start-up-Einheit Ceravis und – gemeinsam mit den Mittelständlern Hoerbiger, Hawe Hydraulik und Max Aicher – „Fasttrack – The Familiy Business Accelerator“.

E-Bikes treiben den Umsatz

Die vielen Kooperationen tragen Früchte. Das Konzept für die Mikromobilitätsplattform hat Hirschvogel mit einem selbst gesponnenen Innovationsnetzwerk entwickelt. Der Software-Spezialist Eatron gehört genauso dazu wie der Anbieter von Elektroniksystemen Automotive Synergies und das Start-up Usaneers, das Benutzeroberflächen entwickelt.

Mit der Aximo-Plattform und Komponenten für die Mikromobilität bedient Hirschvogel nun mehrere ganz neue Wachstumsmärkte. Da ist zum einen das E-Bike- und Lastenfahrradsegment, das in der Pandemie in ungeahnte Größen gewachsen ist.

Im ersten Halbjahr 2021 stieg der E-Bike-Absatz in Deutschland nach Angaben des Branchenverbands ZIV um nochmals neun Prozent auf 1,2 Millionen verkaufte Räder. „Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Fahrrädern und E-Bikes sowie der Erschließung neuer Geschäftsfelder im Dienstleistungsbereich hat die Fahrradbranche auch in Zukunft großes Wachstumspotenzial in Bezug auf Arbeitsplätze und Wertschöpfung“, ist man beim ZIV überzeugt.

CEO Rückauf, der als leidenschaftlicher Radfahrer selbst gerne mal mit dem Mountainbike über die Alpen fährt, sieht für sein Unternehmen ganz neue Chancen. Bislang sei die Fahrradbranche noch wenig industrialisiert. Hirschvogel aber habe Erfahrung, leichte und belastbare Komponenten in hoher Präzision und Stückzahl zu fertigen.

Autonome Lieferroboter in Planung

Mit der neuen Plattform stößt Hirschvogel zudem in den Bereich der mobilen autonomen Transportsysteme vor. Diese selbstständig fahrenden Roboter sind einer der großen Hoffnungsträger der Robotikindustrie.

Nach Schätzung des Branchenverbands IFR dürfte der Absatz mobiler autonomer Roboter für die Logistik in der Industrie und im Versandhandel von 75.000 (2019) auf 259.000 verkaufte Maschinen im Jahr 2023 steigen.

Zu den Pionieren gehört die dänische Firma Mobile Industrial Robots (MIR), die inzwischen zu Teradyne gehört. Doch tummeln sich auch viele deutsche Start-ups wie zum Beispiel Energy Robotics und Arculus in dem neuen Segment. Arculus wurde gerade von Jungheinrich übernommen.

Auf der IAA präsentierte Hirschvogel zudem einen autonomen Lieferroboter. „Die Mikromobilität wird in Zukunft ein elementarer Bestandteil des Mobilitätssektors sein“, ist Rückauf überzeugt.

So ist der Optimismus bei Hirschvogel trotz der Herausforderungen groß. Nur die Rahmenbedingungen müssten stimmen, sagt der CEO. So verbraucht Hirschvogel 300 Gigawattstunden Strom im Jahr. Als Eigenbeitrag errichtet das Unternehmen in Denklingen gerade einen Solarpark, auch in Indien gibt es schon einen.

Deutschland müsse viel stärker in Erneuerbare und die Wasserstoff-Wirtschaft investieren, wenn man es mit dem Kampf gegen den Klimawandel ernst meine, betont Rückauf. „Wir müssen die Anstrengungen verhundertfachen.“ Deutschland müsse internationale Partnerschaften eingehen und Wasserstoff auch importieren.

Und auch die Autobauer müssten ihren Zulieferern helfen. Aktuell kämen die Abrufe beziehungsweise Stornierungen sehr kurzfristig. „Für uns ist die Planungssicherheit extrem wichtig.“ Das gelte auch für das aufkeimende Elektrozeitalter. Die Transformation könne man nur gemeinsam schaffen.

Mehr: Roboterverkäufe ziehen wieder an – Rekordabsatz in Sicht

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