Bayer-Crop-Science-Chef Liam Condon „Das wäre der Heilige Gral der Agrarwirtschaft“

Liam Condon, Vorstandsvorsitzender von Bayer Crop Science, will das Geschäft mit Soja- und Weizen-Saatgut ausbauen.
Wer das Firmengelände von Bayer Crop Science in Monheim betritt, wähnt sich eher auf dem Campus einer Universität als in einem Chemieunternehmen. Unweit des Rheins und der Konzernzentrale in Leverkusen suchen die Bayer-Forscher hier nach neuen Wirkstoffen für den Pflanzenschutz und nach neuem Saatgut. Liam Condon führt seit drei Jahren die zweitgrößte Sparte von Bayer. Der locker wirkende Ire kennt das Pharmageschäft ebenso gut wie die Agrochemie – beides soll künftig im integrierten Konzern zusammenwachsen.
Herr Condon, in Ihrer Branche redet im Moment offenbar jeder mit jedem über eine Zusammenarbeit.
Ja, angeblich.
Mit wem sprechen Sie am intensivsten?
Es ist ganz normal, dass es in unserer Branche einen Austausch gibt. Unsere Industrie besteht im Wesentlichen aus sechs großen Anbietern, und keiner verfügt über jede Technik, jedes Produkt. Wir arbeiten etwa auf Forschungsebene schon lange intensiv zusammen.
Wir meinen aber die Gespräche über eine große Fusion, wie sie etwa Dow und Dupont vereinbart haben. Wie wird die Bayer-Strategie im Agrargeschäft davon beeinflusst?
Ich möchte die Strategien anderer Unternehmen nicht kommentieren. Was unser Geschäft angeht, sind wir mit unserer Wachstumsstrategie sehr gut gefahren, und wir haben kontinuierlich unsere Marktposition ausgebaut.
Bayer hat keine Ambitionen, im Fusionswettlauf der Agrochemie mitzuspielen?
Ich möchte mich an Spekulationen nicht beteiligen. Unabhängig davon haben wir immer schon gesagt, dass wir zum Beispiel das Geschäft mit Soja- und Weizen-Saatgut ausbauen wollen. Darin haben wir schon stark investiert. Wenn sich Gelegenheiten für eine externe Verstärkung ergeben, werden wir sie prüfen.
Was hat dazu geführt, dass die Agrochemie heute ein Oligopol ist?
Das ist unter anderem eine Folge der sehr hohen regulatorischen Anforderungen an unsere Produkte. Kleinere Firmen können sich den Aufwand für die Entwicklung, Registrierung und Vermarktung neuer Wirkstoffe auf Dauer kaum noch leisten. Auch die Produktion ist sehr kompliziert und teuer. Aber um das klar zu sagen: Der Wettbewerb in der Agrarindustrie ist sehr intensiv.
Trotzdem kommt die jüngste Konsolidierungswelle für viele überraschend und schnell. Was sind die Treiber?
Neben dem generellen Konzentrationstrend spielen verschiedene Motive eine Rolle. Zum einen die aktuelle Schwächephase im Markt, die bei einigen Firmen die Margen unter Druck setzt. Zum anderen sicherlich auch die relativ günstigen Finanzierungsmöglichkeiten sowie Pläne zur Steueroptimierung.
Wenn nur noch vier Akteure übrig bleiben – wer wird dazugehören?
Sicherlich Bayer. Wer noch dabei ist, werden wir sehen.
Der US-Konzern Monsanto hat angekündigt, man könne anstelle von Syngenta aus der Schweiz Bayer Crop Science kaufen. Gab es entsprechende Avancen?
Nein, ein Verkauf käme für uns auch gar nicht infrage. Das war wohl ein Missverständnis.
Wie entscheidend ist Größe denn wirklich?
Sie ist in unserem Geschäft sicher wichtig. Aber ab einem gewissen Punkt steigt auch die Komplexität. Die Frage ist dann, welche Vorteile sich wirklich daraus ergeben. Bei Bayer interessieren wir uns vor allem für die Frage, wie wir unsere Innovationsfähigkeit noch weiter verstärken können.
Welche Schwerpunkte setzen Sie?
Wir sind im Saatgutgeschäft führend bei Raps, Baumwolle und Reis sowie gut aufgestellt bei Gemüsesaaten. Was uns fehlt, ist Saatgut für großflächige Kulturen, also etwa Soja und Weizen. Vor allem bei Weizen wollen wir weltweit eine starke Position aus eigener Forschungskraft aufbauen.
Warum gerade Weizen?
Es ist mit Abstand die größte Anbaupflanze in der globalen Landwirtschaft. Im Gegensatz zu andere Sorten hat sich der Ertrag aber nur wenig verbessert. Die Chancen sind riesig: Wer erfolgreich eine wesentlich ertragreichere Weizensorte entwickelt, wird ein lukratives Geschäft auftun.
Welche Rolle spielt der Einfluss des Klimawandels? Gerade Weizen reagiert anfällig auf Temperaturveränderungen.
Die Sorten, die wir züchten wollen, sollen Hitze besser vertragen können. Das ist ein Riesenthema in vielen Ländern. In anderen Regionen dagegen wird das Problem darin bestehen, dass die Getreidesorten auch zu viel Regen aushalten müssen. Das Wetter wird extremer werden. Wir versuchen daher generell, Pflanzenkulturen zu entwickeln, die besser in einem widrigen klimatischen Umfeld gedeihen.