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Bezahlung von Betriebsräten Gericht eröffnet Hauptverfahren gegen vier VW-Manager wegen Untreue

Eine „ungerechtfertigte Vergütung“ soll VW mehreren Mitgliedern des Betriebsrats gezahlt haben. Nun kommt der Fall vor Gericht.
28.07.2020 Update: 28.07.2020 - 18:06 Uhr Kommentieren
Arbeitgeberseite und Betriebsrat sind bei dem Konzern traditionell eng verbandelt. Quelle: dpa
Volkswagen

Arbeitgeberseite und Betriebsrat sind bei dem Konzern traditionell eng verbandelt.

(Foto: dpa)

Braunschweig, Wolfsburg Das Landgericht Braunschweig hat eine Anklage gegen drei ehemalige und einen aktuellen VW-Konzernmanager wegen mutmaßlich überhöhter Bezahlung von Betriebsräten zugelassen. Das Hauptverfahren wegen des Verdachts der Untreue beziehungsweise der Untreue in besonders schwerem Fall sei eröffnet worden, teilte das Gericht am Dienstag mit. Vor Gericht müssen sich die ehemaligen VW-Personalvorstände Karlheinz Blessing und Horst Neumann verantworten.

Angeklagt sind außerdem die früheren Personalchefs der Marke Volkswagen, Martin Rosik und Jochen Schumm. Rosik ist aus dem Kreis der vier Beschuldigten der einzige aktive VW-Konzernmanager. Bis zum Jahresanfang arbeitete er als VW-Personalchef in Wolfsburg. Im Februar war er als Personalvorstand zur Konzerntochter MAN Energy Solutions (MES) gewechselt. MES ist ein Hersteller großer Dieselmotoren wie etwa für die Schifffahrt.

Die Angeklagten sollen überhöhte Gehälter und Boni an fünf Mitglieder des Betriebsrats genehmigt haben. Alle vier Personalmanager haben die Vorwürfe bisher stets zurückgewiesen.

Insgesamt 20 Einzeltaten legen die Strafverfolger Horst Neumann zur Last, Blessing machen sie für fünf Taten verantwortlich. In einer ersten Reaktion auf die zugelassene Anklage kommentierte Blessings Verteidiger Hanns Feigen: „Die Vorwürfe sind in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unbegründet. Wir streben einen Freispruch an.“ Fast identisch äußerte sich auch Neumanns Anwalt Ferdinand Gillmeister. Blessing selbst sagte gar: „Nach vier Jahren bin ich froh, dass es zur Gerichtsverhandlung kommt und ich endlich meine Unschuld beweisen kann.“

Bei den Personalchefs rechnet die Staatsanwaltschaft Rosik 27 Taten zu und Schumm eine. Neumann war von 2005 bis Ende 2015 VW-Personalvorstand, sein Nachfolger Blessing von Anfang 2016 an im Amt, bis er den Posten im Frühjahr 2018 abgeben musste. Schumm wurde 2008 Leiter Personal, 2011 übernahm Rosik den Posten.

Mehr als fünf Millionen Euro Schaden sollen die Manager zwischen Mai 2011 und Mai 2016 durch überhöhte Gehälter und Boni an Betriebsräte verursacht haben. Die größten Verfehlungen sieht die Staatsanwaltschaft nach Informationen des Handelsblatts dabei bei den Bonuszahlungen. Alleine eine mutmaßlich ungerechtfertigte Vergütung an Betriebsratschef Bernd Osterloh soll sich auf mehr als 3,1 Millionen Euro belaufen haben. Im November 2019 erhoben sie deshalb Anklage. Gegen Osterloh selbst wird in dem Komplex auch ermittelt, bei ihm lautet der Verdacht auf Beihilfe zur Untreue. Allerdings dürfte sich in dem Verfahren wenig bewegen, bis nicht in dem Hauptsacheverfahren gegen gegen die vier Personalmanager entschieden ist. Wie diese hat auch Osterloh die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

VW wollte das Thema schon zu den Akten legen

Das Thema Betriebsratsvergütung beschäftigt die niedersächsische Justiz und den Konzern, in dem Arbeitgeberseite und Betriebsrat traditionell eng verbandelt sind bereits seit 2016 – Volkswagen dachte, es auch mit Hilfe eines Schiedsverfahrens eigentlich schon beenden zu können. Im Mai 2019 schloss VW dann mit 15 Betriebsräten einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Braunschweig über die künftige Bezahlung.

VW hatte bei der Anklageerhebung im November 2019 eine Mitverantwortung zurückgewiesen. Man halte an der Auffassung fest, dass bei der Vergütung einzelner Betriebsratsmitglieder „kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten“ festgestellt werden könne, betonte ein Konzernsprecher damals. Die Anklage richte sich zudem nicht gegen Volkswagen, sondern gegen Einzelpersonen.

Übertarifliche Bezüge von hohen Betriebsratsmitgliedern sind in vielen Firmen nicht präzise festgelegt. Grundsätzliche Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes zur Vergütung gelten auch deshalb als reformbedürftig - so stellt sich die Frage, welche Gehaltskorridore für Leitungsaufgaben genau gelten sollen. Es geht also um allgemeine Rahmenbedingungen, die auch manche Juristen und Gewerkschafter für teils veraltet halten und die die Gehaltsfestsetzung erschweren.

Nach Interpretation der Staatsanwaltschaft wurde im Beispiel VW aber gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen - man habe „bewusst eine unzutreffende Vergleichsgruppe zugrunde gelegt“. „Die Vergleichsgruppen seien dabei so gewählt worden, dass ein höheres Gehalt gerechtfertigt erschien, obgleich die Angeschuldigten gewusst hätten, dass dies tatsächlich nicht der Fall war.“ Offenbar sei nur die Zugehörigkeit zum Betriebsrat dafür maßgeblich gewesen, vermuten die Ermittler. Darüber hinaus sehen sie einen Konflikt mit dem Aktiengesetz und dem „Deutschen Corporate Governance Kodex“.

Als Reaktion auf den Anfangsverdacht und entsprechende Durchsuchungen von Steuerfahndern hatte Volkswagen Ende 2017 die Gehälter führender Belegschaftsvertreter vorerst gedeckelt. Die Konzernspitze wollte angesichts strafrechtlicher Ermittlungen auf Nummer sicher gehen und ihr Leitungspersonal vor weiteren Risiken schützen. „Wir bedauern, dass Mitglieder unseres Betriebsrats und Vertreter des Unternehmens dieser Situation ausgesetzt sind“, sagte der frühere Vorstandschef Matthias Müller und kündigte damals an, eine grundsätzliche rechtliche Klärung anzustreben.

Mehr: Die Suche nach dem VW-Spitzel läuft – Neuer Höhepunkt im Wirtschaftskrimi mit Prevent

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