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Bieterwettbewerb Poker um Hella geht in letzte Runde: Wer jetzt den Zulieferer übernehmen könnte

Faurecia, Plastic Omnium und Mahle müssten sich massiv verschulden, um Hella übernehmen zu können. Die Entscheidung fällt in den nächsten Tagen.
12.08.2021 - 11:15 Uhr Kommentieren
Faurecia, Plastic Omnium und Mahle wollen den Zulieferer aus Lippstadt übernehmen. Quelle: Hella
Hella

Faurecia, Plastic Omnium und Mahle wollen den Zulieferer aus Lippstadt übernehmen.

(Foto: Hella)

Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart Es läuft auf einen Showdown am Wochenende hinaus. Dann will die Eigentümerfamilie des westfälischen Zulieferers Hella entscheiden, an wen sie ihre Anteile verkauft. Bereits länger bekannt war, dass die französischen Konkurrenten Faurecia und Plastic Omnium im Rennen sind. Dienstagabend tauchte dann ein neuer Bieter auf: der deutsche Zulieferer Mahle.

Am Mittwoch bestätigte eine in den Bieterprozess involvierte Person dem Handelsblatt, dass der Motorteile- und Klimatechnikspezialist aus Stuttgart einer der ersten Interessenten gewesen sei. Zuerst hatte die Nachrichtenagentur Reuters über das Hella-Angebot von Mahle berichtet.

Aus Finanzkreisen heißt es, dass bei der Eigentümerfamilie Hueck, die rund 60 Prozent an Hella hält, zahlreiche Interessenten angeklopft hätten. Unter anderem hatte der Samsung-Konzern, der 2017 bereits den Autozulieferer Harman übernommen hatte, Interesse. Auch zahlreiche Private-Equity-Gesellschaften und Unternehmen aus China seien an Hella interessiert gewesen.

Allerdings dürften die Vorbedingungen der Familie zahlreiche Interessenten abgeschreckt haben, noch bevor sie ein Angebot abgeben konnten. So fordert die Eigentümerfamilie Zugeständnisse hinsichtlich der Standort- und Arbeitsplatzsicherung. Es müsse die Bereitschaft bestehen, weiterhin große Summen in neue Technologien zu investieren. Die eigene Profitmaximierung stehe nicht im Vordergrund. Es sei zudem erkennbar, dass der Hueck-Clan eine europäische Lösung für Hella suche, heißt es aus Marktkreisen.

Sowohl Faurecia, Plastic Omnium als auch Mahle haben Konzepte für den Fall einer Übernahme vorgelegt. Für die französischen Zulieferer, die bereits Kooperationen mit Hella haben, stehe unter anderem im Vordergrund, einen besseren Zugang zu den deutschen Autoherstellern zu bekommen, wie eine informierte Person berichtet.

Für alle gilt: Sie könnten mit einer Übernahme ihren technologischen Rückstand in automobilen Zukunftsthemen, wie zum Beispiel der Sensorik, Elektronik und der Software – Bereiche, in denen Hella stark aufgestellt ist –, auf einen Schlag aufholen.

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Doch egal, wer am Ende einsteigen darf: Alle drei Unternehmen müssten bei einer Übernahme von Hella an ihre finanziellen Grenzen gehen. Alle haben ein schwieriges Corona-Jahr hinter sich, die Kapitalreserven sind nahezu aufgebraucht. Um Hella übernehmen zu können, müssten die Zulieferer massiv neue Schulden aufnehmen. Der Preis wird auf etwa 60 Euro pro Aktie geschätzt. Der Gesamtpreis für Hella läge somit bei etwa 6,5 Milliarden Euro.

Mahle, nach zwei schweren Jahren und einem historisch hohen Personalabbau von bislang 8000 Stellen, hat nur noch eine Eigenkapitalquote von 25,8 Prozent. Die Nettoverschuldung wurde in Corona-Zeiten zwar deutlich reduziert, beträgt aber immer noch stattliche 925 Millionen Euro. Der Umsatz liegt knapp unter zehn Milliarden Euro. Außerdem hat der Stiftungskonzern derzeit keinen CEO. Finanzchef Michael Frick führt die Geschäfte, nachdem der bisherige Mahle-Chef Jörg Stratmann überraschend Ende März das Unternehmen verlassen hat.

Schlüsselfigur beim nicht börsennotierten Zulieferer ist Aufsichtsratschef Heinz K. Junker. Insgesamt 18 Jahre lang stand er selbst an der operativen Unternehmensspitze, seit sechs Jahren ist er Vorsitzender des Aufsichtsrats. Er verfügt über ein unvergleichliches Netzwerk im Unternehmen und in der Industrie. Und die Stiftungskonstruktion verleiht dem 71-Jährigen eine Machtfülle, wie sie ein angestellter Manager in kaum einem Unternehmen erreichen kann. Bedeutet: Beim Angebot für Hella laufen alle Fäden bei Junker zusammen. Mit einem Zusammenschluss könnte Mahle gleichzeitig sein Chefproblem lösen. Hella hat mit Rolf Breidenbach einen erfolgreichen Unternehmenslenker, der auch den Gesamtkonzern führen könnte. Das dürfte auch die Arbeitnehmerseite von Hella begrüßen.

Mahle hat Erfahrungen mit Großübernahmen

Für Mahle würde sprechen, dass eine deutsche Lösung zustande käme – die letzte verbliebene, nachdem Knorr-Bremse vor einigen Wochen einen spektakulären Rückzieher gemacht hat. Hella würde sogar besser zu Mahle passen als zu Knorr-Bremse mit seinem Eisenbahn- und Lkw-Geschäft. Denn Mahle ist auf den gleichen Märkten mit den gleichen Kunden tätig, aber ohne Überschneidungen bei den Produkten. Mahle als Hersteller von Antriebskomponenten und Klimatechnik würde mit Hella Zugriff auf weitere vom Verbrennungsmotor unabhängige Zukunftstechnologien bekommen.

Für Mahle würde darüber hinaus eine gewisse Erfahrung bei der schwierigen Übernahme von Familienunternehmen sprechen. Vor elf Jahren stieg Mahle beim Kühlerspezialisten Behr ein. Im Nachhinein ein genialer Schachzug, um besser durch die Transformation zu kommen.

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Ein vielleicht nicht zu unterschätzendes Detail: Bis heute hat Mahle nicht alle Anteile von Behr übernommen. Die Alteigentümer halten immer noch rund ein Drittel der Anteile. Aus Finanzkreisen wiederum heißt es, dass die Hueck-Familie auch nach einer Transaktion an Hella beteiligt bleiben könnte. Ausschlaggebend hierfür dürften die finanziellen Möglichkeiten des Übernehmers sein. Sollten diese begrenzt sein, könnte die Familie den Preis senken, indem sie eine Minderheitsbeteiligung an Hella hält.

Es könnte also auch bei Hella einen schrittweisen Einstieg geben. „Vom Umsatz her sind wir kein Mittelstand, aber unser Denken ist mittelständisch geprägt“, sagte Mahle-Interimschef Frick zuletzt bei der Bilanzvorstellung. „Wir denken unternehmerisch langfristig.“ Auch das könnte Pluspunkte bei den Hella-Eignern geben.

Burelle-Familie steht hinter Plastic Omnium

Faurecia ist mit 114.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 14,7 Milliarden Euro der größte der drei Bieter. Der Zulieferer mit Sitz in Nanterre, nordwestlich von Paris, leidet allerdings bereits jetzt unter einer hohen Verschuldung von über drei Milliarden Euro und einer schwachen Eigenkapitalausstattung von nur 18,2 Prozent. Werte unter 25 Prozent gelten bei finanzierenden Banken als kritisch. Doch auf die wäre Faurecia im Falle einer Übernahme angewiesen. „Faurecia müsste einen erheblichen Schuldenbetrag auf sich nehmen“, erklärt Tom Narayan, Analyst bei der Royal Bank of Canada.

Plastic Omnium ist in etwa so groß wie Hella. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei knapp 7,1 Milliarden Euro. Aber auch hier lasten hohe Schulden von über 800 Millionen Euro auf dem Unternehmen. Plastic Omnium ist zudem auf dem chinesischen Markt – dem automobilen Wachstumsmarkt schlechthin – nur sehr schwach vertreten. Lediglich elf Prozent des Umsatzes werden in China generiert. Bei den Kunden dominiert Volkswagen mit einem Umsatzanteil von knapp 26 Prozent, gefolgt von Stellantis mit etwa 17 Prozent.

Ein Vorteil von Plastic Omnium könnte die Eigentümerstruktur sein. Wie Hella wird auch Plastic Omnium von einer Familie kontrolliert, in diesem Fall der französischen Industriellenfamilie Burelle. Sie hält, ebenfalls wie die Huecks bei Hella, 60 Prozent der Anteile des Zulieferers aus Levallois-Perret, das direkt an Nanterre grenzt. Die Burelle-Familie könnte im Falle einer Übernahme Plastic Omnium finanziell unter die Arme greifen.

Dass alle drei Zulieferer trotz der immensen finanziellen Belastung nicht vor einer Übernahme zurückschrecken, hat nicht nur mit der Attraktivität von Hella selbst zu tun. Die zunehmende Konsolidierung des Zulieferermarktes sorge ebenfalls für eine Kaufdynamik, erklärt Arno Fuchs, CEO der auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Investmentbank FCF Fox Corporate Finance.

„Bei vielen Zulieferern dürfte die Angst groß sein, dass durch die Übernahme von Hella ein direkter Konkurrent technologisch und größentechnisch auf Jahre enteilt oder entsteht“, sagt Fuchs. „Auch deswegen sind derzeit viele Zulieferer zu hohen finanziellen Risiken bereit.“

Mehr: Chipriese Qualcomm bietet 4,6 Milliarden Dollar für die schwedische Firma. Der Zulieferer Magna hat wohl das Nachsehen – kein Einzelfall in der Autoindustrie.

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