Biontech, Moderna, J&J Wie die zugelassenen Corona-Impfstoffe schützen – und was sie unterscheidet

Der vierte Impfstoff eines westlichen Herstellers steht vor dem Start.
Frankfurt Mit dem Impfstoff des amerikanischen Pharmakonzerns Johnson & Johnson (J&J) hat das vierte Covid-19-Vakzin eines westlichen Herstellers eine Zulassung erhalten. Ein mit externen Experten besetztes Beratergremium der US-Arzneimittelbehörde FDA stufte den von der J&J-Tochter Janssen entwickelten Impfstoff Ad26.COV2.S zuvor als sicher und wirksam ein und hat einstimmig für eine Zulassung votiert. In Europa dürfte der Impfstoff Mitte März zugelassen werden.
Ein Blick auf die bisherigen Studienresultate und Praxiserfahrungen zeigt: An die hohen generellen Wirksamkeitsgrade, wie sie für die beiden mRNA-basierten Impfstoffe von Biontech und Moderna ermittelt wurden, kommen die beiden vektorbasierten Impfstoffe von Janssen und Astra-Zeneca nicht heran.
Doch was die Schutzwirkung gegenüber schweren Covid-Erkrankungen angeht, bewegen sich letztlich alle vier Impfstoffe offenbar auf einem relativ vergleichbaren, sehr hohen Niveau. Sie bieten die Aussicht, die Krankheitslast und die Zahl der Corona-bedingten Todesfälle stark zu reduzieren. Hier die wichtigsten Fakten im Überblick:
Comirnaty von Biontech und Pfizer
Der vom Mainzer Biotech-Aufsteiger Biontech und seinem US-Partner Pfizer entwickelte Impfstoff hat Anfang Dezember als erstes Covid-Vakzin eine Zulassung erhalten. Der Impfstoff besteht aus einem in Lipide verpackten Messenger-RNA-Abschnitt (mRNA), der den Bauplan für das Spike-Protein des Covid-Erregers enthält. Er dürfte inzwischen bei mehr als 50 Millionen Menschen zum Einsatz gekommen sein.
Wirksamkeit: In der entscheidenden klinischen Studie konnte das Vakzin das Risiko für symptomatische Covid-Infektionen insgesamt um 95 Prozent senken. Die Wirksamkeit war dabei über alle Altersgruppen relativ einheitlich. Berechnet wird dabei die Wirksamkeit aus dem Verhältnis der Infektionsquoten bei Geimpften und bei Nichtgeimpften.
Praxiserfahrungen: Vor allem aus Israel und Großbritannien liegen inzwischen die ersten Beobachtungsstudien vor, die das Wirksamkeitsprofil aus der klinischen Studien weitgehend bestätigen. Eine vor wenigen Tagen im „New England Journal of Medicine“ (NEJM) publizierte Analyse der israelischen Gesundheitsorganisation Clalit bescheinigte dem Impfstoff eine Wirksamkeit von 92 Prozent gegenüber Infektionen insgesamt. Bei symptomatischen Infektionen lag der Wert sogar bei 94 Prozent, darüber hinaus schützt er zu 92 Prozent gegen schwere Covid-Erkrankungen.

Daten der israelischen Behörden geben Anlass zur Hoffnung.
Ähnliche Resultate ermittelte eine Beobachtungsstudie des israelischen Gesundheitsministeriums. Eine schottische Beobachtungsstudie kam zu dem Ergebnis, dass der Impfstoff nach nur einer Impfung das Risiko einer Einlieferung ins Krankenhaus um 85 Prozent verringert.
Während der Phase-3-Studie mit dem Vakzin spielten Mutationen zwar noch keine große Rolle. Die Praxiserfahrungen aus Israel sprechen indessen dafür, dass der Impfstoff auch gegen die britische Virusvariante B1.1.7 sehr gut wirkt. Laboruntersuchungen zeigten allerdings, dass die vom Impfstoff erzeugten Antikörper gegen die südafrikanische Variante schwächer wirken. Sie dürften nach Einschätzung des Unternehmens trotzdem noch ausreichend Schutz bieten.
Sicherheit: Das Sicherheitsprofil des Impfstoffs gilt als günstig. Unerwünschte Nebenwirkungen bezogen sich im Wesentlichen auf typische und vorübergehende Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, kurzzeitiges Fieber (bei 15,8 Prozent der Geimpften), Muskelschmerzen (37 Prozent) und Müdigkeit (59,4 Prozent).
Aufgefallen sind in den klinischen Studien einige Fälle von vorübergehenden Gesichtslähmungen. In der Praxis beobachtete man zudem vereinzelte schwere allergische Reaktionen. Sie traten nach letzten Daten der US-Infektionsschutzbehörde CDC mit einer Häufigkeit von 4,7 Fällen pro eine Million Impfungen auf, was als nicht problematisch eingestuft wird. Zwischenzeitliche Sicherheits-Updates der amerikanischen und europäischen Arzneimittelbehörden haben bisher keine neuen Sicherheitsrisiken offenbart.
mRNA-1273 von Moderna
Der Impfstoff des amerikanischen Biotech-Unternehmens ist neben dem Produkt von Biontech und Pfizer das zweite Vakzin auf Basis von mRNA. Weltweit mehr als 30 Millionen Dosen des Impfstoffs dürften bisher verabreicht worden sein.
Wirksamkeit: In der entscheidenden Phase-3-Studie zeigte der Moderna-Impfstoff einen Wirkungsgrad von 94,1 Prozent und lag damit auf dem Niveau des Biontech-Vakzins. Auch beim Moderna-Impfstoff zeigte sich eine relativ einheitliche Wirksamkeit bei verschiedenen Gruppen von Studienteilnehmern.
Die Studiendaten sprechen zudem für eine starke Schutzwirkung gegenüber schweren Covid-Erkrankungen. 30 solcher Fälle wurden in der Placebo-Gruppe registriert, kein einziger bei den Geimpften. Größere Beobachtungsstudien aus der Praxis wurden für den Moderna-Impfstoff bisher noch nicht publiziert.
Sicherheit: Auch bei dem Impfstoff von Moderna konzentrierten sich Nebenwirkungen vor allem auf impftypische Reaktionen wie vorübergehende Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit (68 Prozent), Kopfschmerzen (63 Prozent), Fieber (17 Prozent). Schwere allergische Reaktionen traten ebenfalls vereinzelt auf, waren nach letzten Daten der CDC mit 2,5 Fällen pro einer Million Impfungen aber noch seltener als beim Biontech-Impfstoff.
Ebenso wie im Falle Biontech liefert die Phase-3-Studie von Moderna keine Daten zur Effektivität gegenüber Virusmutationen. Labortests sprechen dafür, dass der Impfstoff des US-Unternehmens gegenüber der britischen Virusvariation eine starke Immunantwort generiert. Die Antikörper-Reaktion gegenüber der südafrikanischen Mutation erwies sich im Labor als schwächer, gilt aber ebenfalls noch als ausreichend.
ChAdOx1-S von Astra-Zeneca
Der Sars-Cov-2-Impfstoff von Astra-Zeneca ist ein sogenannter Vektor-Impfstoff. Er besteht aus einem Adenovirus eines Schimpansen, bei dem das Gen für das Spike-Protein des Sars-CoV-2 eingebaut wurde. Der Impfstoff muss zweimal verabreicht werden, wobei die zweite Dosis im Abstand von vier bis zwölf Wochen gespritzt werden sollte.
Wirksamkeit: Gemessen an den Studiendaten, die der EU-Zulassung Ende Januar zugrunde liegen, reduzierte der Impfstoff des britischen Konzerns das Risiko für symptomatische Covid-19-Infektionen um 59,5 Prozent. Die Europäische Arzneimittel-Agentur stützte ihre Berechnung dabei auf die Ergebnisse von zwei Studien mit zusammen etwa 11.000 Teilnehmern, die im Vereinigten Königreich und in Brasilien durchgeführt wurden.
Da der Anteil älterer Probanden in den bisherigen Studien noch vergleichsweise gering war, gelten die Daten für diesen Personenkreis als statistisch nicht aussagefähig. Das wiederum hat mehrere Länder veranlasst, den Einsatz des Impfstoffs nur für Personen bis zum Alter von 65 Jahren zu empfehlen. Im Assessment-Report der Ema wird auf Basis der begrenzten Daten für Personen ab 65 eine Wirksamkeit von 44,8 Prozent errechnet.
Jüngst publizierte Praxisdaten aus einer größeren Beobachtungsstudie in Schottland deuten indes darauf, dass die Schutzwirkung insbesondere gegenüber schweren Covid-Erkrankungen auch bei älteren Personen deutlich höher ist. So wurde das Risiko für Covid-19-bedingte Krankenhausbehandlungen bei älteren Personen nach den schottischen Daten durch den Astra-Zeneca-Impfstoff um 94 Prozent gesenkt.

Der Impfstoff wirkt offenbar nur schwach gegen die südafrikanische Virusmutation, verhindert aber viele schwere Erkrankungen.
Die Analyse spricht damit auch dafür, dass der Impfstoff relativ guten Schutz gegen die britische Virusvariante bietet. Dagegen ist er laut einer Studie der Johannesburger Witwatersrand-Universität von Anfang Februar kaum wirksam gegen die südafrikanische Variante von Sars-CoV-2, weswegen Südafrika den Einsatz des Impfstoffs erst einmal gestoppt hat.
Laut der Untersuchung schützt das Vakzin nicht vor milden bis moderaten Covid-19-Verläufen, die durch die südafrikanische Virusvariante B.1.351 verursacht werden. Unklar ist, ob der Impfstoff vor schwerer Covid-19-Erkrankung schützt.
Sicherheit: In klinischen Prüfungen mit dem Covid-19-Impfstoff von Astra-Zeneca waren die am häufigsten berichteten Impfreaktionen bei den Geimpften Druckempfindlichkeit an der Injektionsstelle (mehr als 60 Prozent), Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen und Ermüdung (mehr als 50 Prozent), Muskelschmerzen und Krankheitsgefühl (mehr als 40 Prozent), Fiebrigkeitsgefühl und Schüttelfrost (mehr als 30 Prozent).
Diese Reaktionen treten in der Regel kurz nach der Impfung auf und waren nicht mit schwereren oder länger andauernden Erkrankungen verbunden. Die Häufigkeit von Fieber über 38 Grad lag bei knapp acht Prozent.
In weniger als einem Prozent der Fälle wurden schwere Nebenwirkungen beobachtet, in der Gruppe der Geimpften betraf das insgesamt drei Probanden. In einem Fall wurde eine Transverse Myelitis festgestellt; die neurologische Erkrankung hatte im September dazu geführt, dass die Astra-Zeneca-Studie zeitweise unterbrochen wurde.
Ad26.COV2.S von J&J
Bei dem Produkt von J&J handelt es sich ebenfalls um einen Vektor-Impfstoff auf Basis eines Adenovirus. Im Gegensatz zu dem Vakzin von Astra-Zeneca und den beiden mRNA-Impfstoffen wird in diesem Fall nur eine Dosis geimpft statt zwei.
Wirksamkeit: Ende Januar hatte J&J ein Zwischenergebnis seiner Phase-3-Studie bekannt gegeben, wonach der Impfstoff bei Erwachsenen ab 18 Jahren vier Wochen nach Verabreichung einen 66-prozentigen Schutz vor moderaten bis starken Covid-19-Krankheitsverläufen biete.
Johnson & Johnson hatte das Vakzin in klinischen Studien mit insgesamt rund 43.800 Patienten in den USA, Südafrika und Südamerika getestet. In den USA war das Vakzin zu 72 Prozent effektiv, in Südafrika zu 57 Prozent. Allerdings gab es auch in Südafrika laut Studie keine Covid-Toten in der Gruppe der Geimpften.
Vor schweren bis kritischen Covid-19-Erkrankungen zeigte der Impfstoff einen 85-prozentigen Schutz. Auch in der Gruppe der über 60-Jährigen, die in der Studie zu rund 34 Prozent vertreten war, zeigte der Impfstoff eine vergleichbare Wirkung.
Sicherheit: Das J&J-Vakzin erwies sich laut dem Briefing-Dokument der FDA vom 26. Februar insgesamt als sicher und gut verträglich. Bei rund 6700 Studienteilnehmern wurde genauer untersucht, wie sie auf den Impfstoff reagieren. Die häufigsten berichteten Reaktionen waren Schmerzen an der Injektionsstelle (49 Prozent), Kopfschmerzen (39 Prozent), Müdigkeit (38 Prozent) und Muskelschmerzen (33 Prozent). Die meisten dieser Symptome seien überwiegend leicht und moderat gewesen und ein bis zwei Tage nach der Impfung abgeklungen.
Ferner gab es auch einige Fälle von Nesselsucht, Thromboembolien und Tinnitus, die in der Gruppe der Geimpften häufiger auftraten als in der Placebogruppe. Laut FDA sind die Daten zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausreichend, um einen kausalen Zusammenhang zwischen den Ereignissen und dem Impfstoff herzustellen.
J&J berichtet über eine schwerwiegende Überreaktion, die zwei Tage nach der Impfstoffgabe beobachtet wurde und wahrscheinlich auf Ad26.COV2.S zurückzuführen ist. Tödliche, schwerwiegende, unerwünschte Ereignisse, die nicht im Zusammenhang mit Covid-19 stehen, seien selten und in beiden Studiengruppen mit einer Rate von 0,4 Prozent vertreten gewesen.
Mehr: Wie hoch ist aktuell die Corona-Impfquote in Deutschland?
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