Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Biotech-Nachahmermedizin Patent läuft aus – Roche-Krebsmedikament bekommt Konkurrenz

Das Krebsmedikament Avastin verliert im Sommer seinen Patentschutz. Die ersten Nachahmer des Gewinnbringers stehen schon in den Startlöchern.
06.01.2020 - 15:26 Uhr Kommentieren
Das Krebsmedikament, das Roche derzeit noch Milliarden einbringt, verliert den Patentschutz. Quelle: Roche
Avastin

Das Krebsmedikament, das Roche derzeit noch Milliarden einbringt, verliert den Patentschutz.

(Foto: Roche)

Frankfurt Wichtige Biotechprodukte verlieren ihren Patentschutz. 2018 gab es einen vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung, als das weltgrößte Medikament Humira in Europa aus dem Patent lief. Im Sommer dieses Jahres trifft es das Topkrebsmittel Avastin von der Schweizer Firma Roche. Das Biopharmazeutikum mit dem Wirkstoff Bevacizumab ist für verschiedene fortgeschrittene Krebserkrankungen zugelassen und erzielte 2018 weltweit einen Umsatz von umgerechnet rund sechs Milliarden Euro.

Diverse Pharma- und Generikahersteller wollen sich mit günstigeren Nachahmermedikamenten ein Stück von diesem Markt sichern und haben bereits klinische Studien gestartet: Zu den weit fortgeschrittenen Projekten zählen unter anderem die vom Pharmakonzern Pfizer sowie von Samsung Bioepis, dem Joint Venture von Samsung Biologics und dem Biotechkonzern Biogen.

Biotechmedikamente wie Avastin werden mit gentechnisch veränderten Organismen wie Hefekulturen oder Zelllinien von Säugetieren im Bioreaktor hergestellt. Deshalb sind die Nachahmer keine identische Kopie des Originalprodukts, ihm aber sehr ähnlich. Die Nachahmer müssen für die Zulassung ihrer sogenannten Biosimilars die Sicherheit und Wirksamkeit nachweisen.

Laut Zahlen des Marktforschungsinstituts Insight Health verlieren in diesem Jahr in Deutschland Medikamente mit einem Gesamtumsatz von zusammen knapp 700 Millionen Euro ihren Patentschutz. Der größte Anteil davon entfällt auf Biopharmazeutika und in dieser Gruppe auf das Mittel Avastin. Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland gaben 2018 rund 393 Millionen Euro für das Mittel aus.

Biosimilars sind günstiger

Dabei geht eine Therapie mit Avastin schnell über 10.000 Euro hinaus. Nach Angaben von Roche kostet etwa die Behandlung von Darmkrebs in der ersten Therapielinie rund 2.700 Euro pro Monat. Biosimilars sind in der Regel deutlich günstiger als die Originalmedikamente – zum Marktstart werden sie laut Branchenverband Pro Generika meist mit einem Abschlag von 20 bis 25 Prozent zum ehemals patentgeschützten Biopharmazeutikum verkauft.

Der Avastin-Hersteller Roche hat in den vergangenen beiden Jahren bereits den Patentschutz für die beiden milliardenschweren Krebsmedikamente Mabthera/Rituxan sowie Herceptin verloren, was bei beiden Mitteln zweistellige Umsatzeinbußen in Europa zur Folge hatte. Allerdings konnte Roche die Umsatzverluste bisher durch innovative neue Medikamente auffangen.

Grafik

Auch in Deutschland haben Nachahmermedikamente der Roche-Mittel innerhalb weniger Monate schnell Marktanteile zulasten der Originale gewonnen. „Im Bereich der Onkologie stellen wir eine schnellere und höhere Durchdringung des Marktes mit Biosimilars fest“, sagt Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Verbands Pro Generika.

„Die bisher verfügbaren Biosimilars in diesem Segment erreichten binnen weniger Monate im Durchschnitt einen Versorgungsanteil von mehr als 60 Prozent.“ Das könnte laut Bretthauer daran liegen, dass diese Wirkstoffe als Infusionen von Fachpersonal in Kliniken und onkologischen Praxen verabreicht würden – Einrichtungen, die sehr kostenorientiert arbeiten.

Neue Medikamente sollen Umsatzverlust ausgleichen

Auch im Falle Avastin könnten die Nachfolger ähnlich schnell Marktanteile gewinnen. Denn Pro-Generika-Geschäftsführer Bretthauer sieht einen weiteren Grund für die hohen Versorgungsanteile von Biosimilars im Feld der Krebsmittel. Bei onkologischen Nachfolgeprodukten bleibe das Prozedere, wie die Infusion verabreicht wird, für den Patienten gleich. Bei Wirkstoffen dagegen, die sich Patienten selbst injizieren müssen, variieren die Spritzen oder Pens je nach Hersteller. Der Patient müsse sich also umgewöhnen, was manchen schwerfalle, so Bretthauer.

Roche selbst ist der Meinung, dass günstige Nachahmerpräparate einen Beitrag zur nachhaltigen Gesundheitsversorgung leisten können. Der Schweizer Konzern strebt weiter an, die Umsatzverluste durch Patentabläufe mit innovativen neuen Medikamenten zu kompensieren. Also mit Wirkstoffen, die eine bessere Wirkung zeigen als die Medikamente, deren Patent ausgelaufen ist. Unter anderem könnte Roche in diesem Jahr zwei Zulassungen für Wirkstoffe bekommen, die gegenüber einer bisherigen Therapie etwa mit Herceptin oder Rituxan überlegen sind.

Dem aufkommenden Wettbewerb bei Avastin will sich Roche mit einer breiten Aufklärung von Ärzten, Apothekern und Patienten stellen. Gerade weil Original und Biosimilar lediglich ähnlich, aber nicht gleich sind, so argumentiert Roche, sollten bei der Umstellung von einem Original auf ein Nachahmerpräparat oder Wechsel zwischen Nachahmerpräparaten weitere Überlegungen angestellt werden, etwa zur Rückverfolgbarkeit oder zu Haftungsfragen.

Mehr: Vor knapp einem Jahr ist das Patent von Humira ausgelaufen. Die günstigen Kopien des Medikaments haben mittlerweile rund die Hälfte des Marktes in Deutschland erobert.

Startseite
Mehr zu: Biotech-Nachahmermedizin - Patent läuft aus – Roche-Krebsmedikament bekommt Konkurrenz
0 Kommentare zu "Biotech-Nachahmermedizin: Patent läuft aus – Roche-Krebsmedikament bekommt Konkurrenz"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%