Biotech-Unternehmen Mit Viren gegen Krebs: Abalos treibt seine Forschung an einer neuartigen Immuntherapie voran

Die Produktentwicklung befindet sich dabei insgesamt noch in einer frühen Phase mit vielen Ungewissheiten.
Frankfurt Im Kampf gegen die Coronapandemie sind Viren der große Feind. Gleichzeitig versuchen Forscher und Mediziner aber auch, solche Mikroorganismen als therapeutische Helfer einzusetzen – etwa als Vehikel für Impfstoffe oder Gentherapien. Auch in der Krebsbehandlung könnten Viren nach Einschätzung mancher Forscher neue Optionen eröffnen.
Für die Forschung an solchen virusbasierten Therapieansätzen konnte sich jetzt die Düsseldorfer Biotech-Firma Abalos mit einer relativ üppigen Serie-A-Finanzierung von 43 Millionen Euro rüsten. Die ursprünglich nur auf rund zehn Millionen Euro ausgelegte Finanzierungsrunde fiel damit deutlich größer aus als zunächst geplant, weil den primären Kapitalgebern – darunter der Boehringer Ingelheim Venture Fund (BIVF), der Gründerfonds Ruhr und der High-Tech-Gründerfonds – zusätzliche Investoren zur Seite traten.
Die Erweiterungsrunde wurde angeführt von dem französischen Finanzinvestor Seventure Partners. Mit dabei waren ferner die Venture-Fonds Coparion, Ventura Biomed und Hx Bio Ventures.
Die zusätzlichen Finanzmittel will das 2019 gegründete Unternehmen nun nutzen, um seine präklinischen Forschungsarbeiten voranzutreiben und das therapeutische Grundkonzept mit ersten klinischen Tests zu bestätigen.
Abalos zielt darauf, mithilfe von speziellen Viren das Immunsystem von Patienten gegen Tumorzellen zu aktivieren. Das Unternehmen folgt damit vom Grundprinzip her einer ähnlichen Strategie wie viele andere Akteure im Bereich der Immuntherapie gegen Krebs, darunter diverse Pharmakonzerne wie Merck & Co oder Roche und auch zum Beispiel auch die mRNA-Spezialisten Moderna und Biontech.
Speziell modifizierter Erreger
Anders als diese Firmen setzt das Start-up allerdings nicht auf Krebsvakzine, Zelltherapien oder Antikörper, sondern auf den Einsatz eines speziell modifizierten Erregers aus der Gruppe der Arenaviren, dem sogenannten lymphozytären Choriomeningitis-Virus (LCMV).
Dieses wurde nach Angaben des Unternehmens mithilfe eines von den Firmengründern Karl und Philipp Lang entwickelten Verfahrens speziell an Tumorzellen angepasst, sodass es unschädlich für gesundes Gewebe ist, sich aber in Tumorzellen besonders stark vermehrt. „Es ist dadurch in der Lage, sowohl das angeborene als auch das adaptive Immunsystem gegen Tumorzellen zu aktivieren und könnte damit ein besonders breites Wirkspektrum bieten“, so Firmenchef Marcus Kostka. Die Abalos-Forscher gehen dabei davon aus, dass die Immunreaktion sowohl gegen Primärtumore als auch gegen mögliche Metastasen gerichtet sein wird.
Die Produktentwicklung befindet sich dabei insgesamt noch in einer frühen Phase mit vielen Ungewissheiten. Dazu gehört auch die Frage, inwieweit schädliche Infektionen und Nebenwirkungen tatsächlich ausgeschlossen werden können. Immerhin gehören zur Gruppe der Arenaviren auch einige gefährliche Krankheitserreger.
Bisher wurden die Viren von Abalos nur im Tierversuch getestet. Kostka geht davon aus, dass die ersten klinischen Versuche mit dem am weitesten entwickelten Produktkandidaten im Jahr 2023 starten könnten.
Die Grundidee, Viren gegen Krebs einzusetzen, ist bereits mehr als 100 Jahre alt. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts beobachteten Mediziner, dass sich einzelne Krebspatienten nach durchgemachten Infektionskrankheiten auch von ihren Krebserkrankungen erholten.
Von verschiedenen Pharmafirmen, darunter zum Beispiel Boehringer Ingelheim, werden schon seit Längerem sogenannte onkolytische Viren als potenzielle Krebstherapie getestet, bisher allerdings nur mit mäßigem Erfolg.
Bei diesen Produkten besteht das Wirkprinzip in der Regel darin, dass die Viren selbst die Tumorzellen zerstören sollen. Abalos dagegen zielt mit seinen Produkten nicht darauf, die Tumorzellen direkt zu attackieren, sondern auf eine indirekte Wirkung. Die Viren töten die Tumorzelle nicht ab, sollen aber eine Immunreaktion gegen die Krebszellen auslösen.
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