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BMW-Vorstand Klaus Fröhlich „Wir wollen führend beim autonomen Fahren sein“

BMW macht beim autonomen Fahren ernst. Im Interview erklärt Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, wie die Münchener bis 2021 ein Roboterauto auf die Straße bringen wollen – und sich gegen Google oder Uber wehren können.
03.07.2016 - 17:27 Uhr Kommentieren
„Derjenige, der als erster Ridesharing ohne Fahrer anbieten kann, hat die Chance, den Markt zu bestimmen.“ Quelle: BMW
BMW-Vorstand Klaus Fröhlich

„Derjenige, der als erster Ridesharing ohne Fahrer anbieten kann, hat die Chance, den Markt zu bestimmen.“

(Foto: BMW)

München Der Computer fährt und der Mensch hat Zeit für etwas anderes. Diese Vision hat BMW schon im März verkündet, doch jetzt wird es konkret. Der Konzern stellte am Freitag ein Bündnis mit dem weltgrößten Chiphersteller Intel und dem israelischen Softwareunternehmen Mobileye vor. Das Ziel: Bis 2021 ein hochautomatisiertes Auto auf die Straße zu bringen. BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich spricht im Interview über das Projekt.

Herr Fröhlich, Sie arbeiten intensiv an einem Projekt, dass Sie „iNext“ nennen. Wo wollen Sie hin?
Wir haben uns mit unserem Projekt „iNext“ den Durchbruch zum vollautonomen Fahren vorgenommen und wollen führend bei diesem Thema sein. Außerdem wird der iNext noch in anderen Innovationsfeldern wie der Vernetzung neue Maßstäbe setzen und weiterhin Leading Edge beim Elektroantrieb sein.

Roboterautos in Städten, das klingt noch sehr weit weg.
Ich bin sicher, dass es in bestimmten Regionen der Welt schneller gehen wird. Während in einigen Ländern, zum Beispiel in Europa, noch eine regulatorische Basis gesucht wird, werden meiner Einschätzung nach Länder wie China und die USA sehr schnell Standards setzen. Spätestens Ende des Jahrzehnts werden die ersten Dienste in einzelnen Städten starten, also in einem Zeithorizont von drei bis vier Jahren. Man wird mit einem relativ einfachen technischen Stand starten können, wenn das Umfeld eine geringe Komplexität und Dynamik hat. Und für absehbare Zeit wird der Fahrer nach wie vor hinter dem Steuer sitzen und eingreifen können.

BMW will 2021 so ein Auto vorstellen. Was brauchen Sie bis dahin?
Ich brauche vor allem die Industrialisierung einer völlig neuen Sensortechnologie, die teilweise noch entwickelt werden muss. Heutige Kamera- und Radarsysteme werden sicherlich noch besser werden. Was uns aber fehlt, ist die millimetergenaue Hochgeschwindigkeits-Vermessung, das Scannen aller Objekte, die das Auto umgeben und das Einschätzen des Umfeldes, um beispielsweise blitzschnell ein Ausweichmanöver einzuleiten. Um in einer europäischen Stadt mit viel Fußgängerverkehr autonom fahren zu können, muss ich mit Sinneswahrnehmungen und Auswertungen arbeiten, wie sie der Mensch entwickelt hat. Die Sensorik muss sozusagen wie das menschliche Gehirn arbeiten. Da wollen wir den Standard setzen.

BMW will auch Ridesharing anbieten, also Mitfahr- und Taxi- und Chauffeurdienste. Warum ist autonomes Fahren dabei so wichtig?
Die Kostenstrukturen beim Ridesharing hängen entscheidend davon ab, ob es fahrerlos oder mit Fahrer angeboten wird. Derjenige, der als erster Ridesharing ohne Fahrer anbieten kann, hat daher die Chance, den Markt zu bestimmen. Deshalb gibt es hier einen Technologiewettstreit, wer als erster fertig wird. Da geht es um Milliarden.

Sie wollen einen gemeinsamen Standard der Autohersteller, auch um sich gegen Aggressive Anbieter wie Google oder Uber schützen zu können.
Allein die Haftungsfrage bedingt einen herstellerübergreifenden Standard, wir müssen einen gemeinsamen „Stand der Technik“ festlegen. Das gilt heute bereits in vielen Bereichen, die für die Produkthaftung relevant sind, zum Beispiel für Kraftstoffanlage oder Bremsen. Ich persönlich sage: Wenn es um einen Standard zur Umfelderfassung geht, müssen wir in der Autoindustrie ein Stück weg vom Wettbewerbsansatz. Wenn wir an das „End Game“ beim autonomen Fahren denken, müssen Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller mit kompatiblen Systemen zur Informationsaufnahme und Verarbeitung ausgestattet sein. Wir wollen dieses Feld als BMW daher proaktiv und kooperativ mit gestalten und arbeiten bereits auf verschiedenen Ebenen mit anderen Firmen auch außerhalb der Automobilindustrie zusammen.

Das „End Game“ ist die Auseinandersetzung mit Google, Uber oder chinesischen Anbietern, die autonom fahrende Robotertaxis durch die Städte fahren lassen?
Das Robotertaxi und die damit verbundene Kostendegression sind zentral für das Geschäftsmodell dieser Industrie. Die ganze Denke der Tech-Industrie, „the winner takes it all“, wird sich auch bei den Mobilitätsdiensten wiederfinden. Dort sind aber auch Firmen, die sagen: Ich will spätestens nach sechs Monaten ein Ergebnis und spätestens nach zwei Jahren expandieren. Die gehen mit einer hohen Geschwindigkeit und einem gigantischen Ressourceneinsatz in dieses Feld. Und sie arbeiten eng mit zum Beispiel Universitäten zusammen. Viele Mitarbeiter der Fakultät für künstliche Intelligenz an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh arbeiten beispielsweise jetzt bei Uber am autonomen Fahren.

Dort arbeitet man an künstlicher Intelligenz.
Die Amerikaner haben ihre Forschungslandschaft genutzt und begonnen künstliche Intelligenz zu industrialisieren. Inzwischen sind „machine and deep learning“ dicht dran an der menschlichen Intelligenz. Die Rechenleistung ist der des menschlichen Gehirns eigentlich schon deutlich überlegen. Wir brauchen aber noch die passende Software. Denn noch ist das menschliche Gehirn effizienter darin, seine Rechenleistung zu nutzen.

Ein Feld, auf dem ist die Tech-Industrie deutlich besser ist als die Autohersteller.
Außerhalb der Autoindustrie wird eine gigantische Kompetenz aufgebaut, die auf den Mobilitätssektor abzielt. Der Fokus liegt dabei aber klar auf der Software. Die Hardware, sozusagen die „Blechschalen“, bleiben noch ein Stück außen vor, denn darum kann man sich aus deren Sicht später kümmern.

Wie kann ein etablierter Autohersteller wie BMW dagegenhalten?
Die Frage ist, ob die Schnittstelle zur Mobilität von Morgen von denen besetzt wird, die auf Milliarden Kundendaten sitzen, oder von denen, die wissen, wie man Autos baut. Wir haben die Felder, in denen, wir uns positionieren müssen klar definiert. Mit Here haben wir Zugriff auf die hoch auflösende Karte, neben der Sensorik im Auto die zweite wesentliche Grundvoraussetzung für autonomes Fahren. Jetzt arbeiten wir an der Industrialisierung der Sensortechnologie und der Informationsverarbeitung im Auto. Entscheidend sind dazu die richtigen Partner. Deshalb haben wir mit den Marktführern auf diesem Gebiet, Intel und Mobileye, eine Kooperation vereinbart, die bis 2021 hier den Durchbruch bis hin zum Serieneinsatz schaffen wird. Einzeln betrachtet sind wir jeweils führend in unseren Industrien. Gemeinsam werden wir Lösungen entwickeln, um neue Maßstäbe für hochautomatisiertes und autonomes Fahren zu setzen und das wie bei Here im Rahmen einer offenen Plattform.

Gibt es auch Felder, bei denen Sie der Tech-Industrie überlegen sind?
Ja, definitiv. Zum Beispiel bei der gesamten Auslegung und Steuerung des Fahrzeuges über Antrieb, Fahrwerk, Bremsen und den entsprechenden Regelsystemen – wir nennen das „motion control“. Je besser ich die Reaktion eines Autos in kritischen Situationen physikalisch beherrsche, je schneller mein Fahrzeug zum Beispiel bremst und je stabiler es auf der Fahrbahn liegt, desto mehr Rechenzeit habe ich in der Informationsaufnahme und Verarbeitung, um einen Unfall zu vermeiden. Da geht es um Millisekunden, aber die geben uns große Vorteile für das Gesamtsystem.

Herr Fröhlich, vielen Dank für das Interview.

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