Bombardier-Transportation-Chef Laurent Troger: „Fusion von Alstom und Siemens ist keine Bedrohung“
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Bombardier-Transportation-Chef Laurent Troger„Fusion von Alstom und Siemens ist keine Bedrohung“
Der Chef von Bombardier Transportation, Laurent Troger, spricht im Interview über die Sanierung des Deutschlandgeschäfts, die Liaison zwischen Siemens und Alstom sowie seine Pläne mit dem chinesischen Bahngiganten CRRC.
BerlinNoch vor wenigen Jahren war Bombardier Transportation (BT) der weltgrößte Eisenbahnhersteller. Inzwischen führt der chinesische Konzern CRRC den Markt an. Siemens und Alstom haben kürzlich die Fusion der Bahntechnik beschlossen und würden auf Platz zwei rücken. Bombardier hatte selbst zwei Joint Ventures mit Siemens ausgehandelt, auch wenn das nie offiziell bestätigt wurde: eines für Signaltechnik unter Siemens-Führung, eines zum Bau von Zügen unter Bombardier-Regie. Doch dazu ist es nicht gekommen. Nun will es Laurent Troger, Chef der Transportsparte, ohne Mitgesellschafter schaffen und allenfalls Kooperationen eingehen. Zum Beispiel mit CRRC. Genug zu tun hat der Franzose auch in Deutschland. Das Geschäft ist seit Jahren defizitär. Troger muss sanieren.
Herr Troger, Airbus hat das neue Mittelstreckenflugzeug von Bombardier quasi durch Übernahme gerettet. Braucht die von Ihnen geführte Sparte Transportation auch so einen Retter? Die Verbindung von Bombardier mit Airbus wird den Erfolg der C-Serie langfristig absichern. Das ist ein spezielles Agreement für ein ganz spezielles Flugzeug-Programm. Bombardier Transportation ist in einer vollkommen anderen Situation. Wir haben kein solches Produkt mit einer derartigen Herausforderung. Wir sind in einer ganz anderen Industrie tätig und haben ein viel breiteres Produktportfolio.
Sie hatten ein eigenes Agreement mit Siemens ausgehandelt. Jetzt fusioniert Siemens Mobility mit Alstom. Enttäuscht? Noch ist der Siemens-Alstom-Deal eine Ankündigung. Die Unternehmen haben nun einen sehr schwierigen Fusionsprozess vor sich. Schon wegen der wettbewerbsrechtlichen Fragen. Das wird Zeit brauchen. Beide Unternehmen sind sich sehr ähnlich, und es wird deshalb eine große Herausforderung sein, Siemens Mobility und Alstom zusammenzuführen.
Nicht Ihr Problem. Richtig, das ist deren Herausforderung.
Also gab es nun eine Vereinbarung mit Siemens oder nicht? Das Thema wurde schon in der Vergangenheit nicht kommentiert. Es gibt auch jetzt keinen Grund dazu.
Werden Sie nun allein weitermachen? Bombardier ist gut für die Zukunft aufgestellt. Wir setzen weiterhin auf projektbezogene strategische Partnerschaften, wie wir sie beispielsweise seit vielen Jahren gemeinsam mit Alstom und Siemens realisieren. Mit beiden haben wir übrigens ein sehr gutes Verhältnis. Aber wir haben natürlich auch sehr gute Beziehungen zu anderen Partnern, etwa in China. In vielen Ländern arbeiten wir in Projekten mit Partnern zusammen, die wiederum bei anderen Projekten unsere Konkurrenten sind. Das eine schließt das andere nicht aus.
Bombardier Transportation ist bald nur noch die Nummer drei auf dem Weltmarkt. Größe ist nicht alles. Wir sehen deshalb den geplanten Zusammenschluss nicht als Bedrohung für uns. Alle reden vom Airbus auf Schienen, der da entstehen soll. Aber die Bahnindustrie ist im Gegensatz zur Flugzeugindustrie nicht so standardisiert. Unsere Kunden haben sehr unterschiedliche Wünsche. Züge in den USA, China oder Italien unterscheiden sich stark. Das können sie mit einem standardisierten Großserienprodukt wie dem A320 oder der C-Serie nicht vergleichen.
Das muss ja nicht auf ewig so sein. Solange die traditionell staatlichen Eisenbahngesellschaften nicht näher zusammenrücken, wird sich daran nicht viel ändern. Die Europäer haben mehr als 20 Jahre gebraucht, um einen einheitlichen Signalstandard einzuführen. Die nationalen Vorschriften und Regeln für Eisenbahnen sind sehr differenziert.
Bombardier arbeitet schon eng mit dem Bahntechnikgiganten CRRC zusammen. Unter anderem mit Joint Ventures in China. Ist CRRC der geborene Partner für einen Zusammenschluss? Wir haben maßgeblich am Aufbau der Bahnindustrie in China mitgewirkt. Wenn man Marktführer sein will, ist das auch vollkommen normal. Die Chinesen wiederum haben beschlossen, ihre Technologie und ihre Produkte verstärkt zu exportieren. Und dabei arbeiten wir mit unseren chinesischen Partnern zusammen, so wie wir beispielsweise in Kanada mit Alstom kooperieren.
CRRC ist also kein Fusionspartner für Sie? Das ist derzeit nicht in der Diskussion. Es bringt auch nichts, über theoretisch mögliche Konsolidierungen zu spekulieren. Entscheidend ist, dass es Sinn ergibt. Dies ist der Fall, wenn Werte für Eigentümer, Kunden und Mitarbeiter geschaffen werden.
Dass CRRC in Kaufverhandlungen mit Ihrem Wettbewerber Skoda Transport steht, stört Sie nicht? Es geht nicht allein um CRRC. Die asiatischen Wettbewerber allgemein haben einen starken Fokus auf Europa. Vor zwei Jahren hat das japanische Unternehmen Hitachi den großen italienischen Bahntechnikhersteller Ansaldo gekauft. Das zeigt, der Markt ist offen, nicht abgeschlossen. Die Frage ist daher eher, ob die Industrie hier im Westen im Gegenzug auf offene Märkte im Osten trifft. Das ist aber keine spezielle Frage der Eisenbahnindustrie, sondern eine generelle. Wir beobachten derzeit ja selbst in den USA protektionistische Tendenzen.
Das kann nur politisch gelöst werden. Wir sind in über 60 Ländern vertreten und damit ein sehr lokaler Spieler. Das ist die beste Antwort auf Protektionismus. Das macht uns auch resistent gegen regionale Nachfrageschwankungen.
Wobei die asiatischen Metropolen sicher die interessantesten Regionen für Eisenbahntechnik in den nächsten Jahren sein werden. Nicht unbedingt, denn auch die westliche Welt muss ihre bestehenden Verkehrssysteme optimieren und modernisieren. Die Straße ist keine Alternative, das wissen alle. Der europäische Eisenbahnmarkt macht immer noch rund 50 Prozent des Weltmarktes aus. In China gibt es natürlich besondere Projekte wie beispielsweise das in Wuhu, wo in fünf Jahren ein komplettes Monorail-System für diese Fünf-Millionen-Stadt gebaut werden soll.
Das heißt aber auch, Bombardier investiert dort, wo bestellt wird? Dazu gibt es keine Alternative.
Laurent Troger – zur Person
Laurent Troger arbeitet seit 13 Jahren für den kanadischen Konzern in verschiedenen Managementpositionen. Seit Dezember 2015 ist der 54-Jährige Präsident von Bombardier Transportation. Zuvor war der Absolvent der École nationale supérieure de techniques avancées (ENSTA) 15 Jahre beim Konkurrenten Alstom beschäftigt.
Der Zughersteller Bombardier mit Sitz in Berlin ist Teil des Bombardier-Konzerns, der auch Flugzeuge herstellt. 2016 wies der Konzern 16,4 Milliarden US-Dollar Umsatz bei einem Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 0,9 Milliarden US-Dollar aus. Transportation erwirtschaftete 7,6 Milliarden US-Dollar Umsatz bei einem Gewinn (Ebit) von 396 Millionen US-Dollar.
Und was bedeutet das für die europäische Eisenbahnindustrie mit einer Exportquote von 50 Prozent und mehr? Unsere Kunden verlangen lokale Wertschöpfung. Die meisten Züge in Deutschland, Frankreich oder den USA werden auch weitestgehend lokal produziert. Das ist verständlich, weil es mit dem bloßen Verkauf einer Lokomotive nicht getan ist. Diese Lok muss anschließend auch über 30 Jahre gewartet werden, und zwar vor Ort.
Keine guten Aussichten für die deutsche Bahnindustrie. Deutschland ist fantastisch in der Entwicklung von Eisenbahnfahrzeugen. Aber zu glauben, hier die Züge für Indien bauen zu können, ist ein Trugschluss. Das geht nicht mehr. Die Kunden verlangen, dass wir in ihrem Land produzieren. Das gilt für China, Australien und andere Länder genauso. Und daran muss die Beschäftigung in den Werken angepasst werden.
Konkret? Wir spezialisieren unsere Standorte, wobei wir allen sieben Werken eine Perspektive bieten. Unser weltweit wichtigstes Entwicklungszentrum für Lokomotiven sitzt künftig in Mannheim. Am Standort Hennigsdorf werden Stadtbahnen sowie Regional- und Fernverkehrszüge entwickelt. Zudem bleibt unsere Konzernzentrale in Berlin. Das ist ein ganz klares Bekenntnis zum Standort Deutschland.
Aber bleibt es bei dem angekündigten Abbau von 5.000 Arbeitsplätzen weltweit? Ja. Und es gibt keine weiteren Restrukturierungspläne. Nach Abschluss des Programms 2020 werden wir global rund 35 000 Mitarbeiter beschäftigen, in Deutschland etwa 6 500. Mit den Arbeitnehmervertretern in Deutschland haben wir eine Vereinbarung getroffen, bis 2019 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.
Herr Troger, Ihre Konzernholding dümpelt um einen Börsenwert von vier, fünf Milliarden US-Dollar. Bombardier Transportation wäre doch allein schon sechs bis sieben Milliarden Dollar wert. (Lacht) Auf diese Diskussion werde ich mich jetzt nicht einlassen. Aber je mehr Wert ich für Bombardier Transportation schaffe, desto mehr wird der Wert der gesamten Gruppe wachsen.
Eine Trennung von der Holding in Kanada würde diese Werte aber erst freisetzen. Das steht nicht zur Diskussion.
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