Bosch-Finanzchef Asenkerschbaumer: „Wir müssen auch in der Führung einfacher und klarer werden“
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Bosch-Finanzchef Asenkerschbaumer„Wir müssen auch in der Führung einfacher und klarer werden“
Der Bosch-Finanzchef spricht im Interview über sein Verhältnis zu CEO Denner, die Kriegskasse, seine Vision von einer total vernetzten Produktion – und die Frage, warum alle Mitarbeiter modernste Smartphones bekommen.
„Das Risiko des Scheiterns gibt es immer“, sagt der Bosch-Finanzchef.
(Foto: Andy Ridder für Handelsblatt)
Wer mit dem Finanzchef von Bosch sprechen will, muss in die altehrwürdige Zentrale auf der Schillerhöhe. Der Besprechungsraum ist so nüchtern wie die Mineralwasserflasche auf dem Tisch. Aber Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer kommt ohne Krawatte und zeigt, warum er nicht nur der Mann im Schatten des obersten Geschäftsführers Volkmar Denner ist, sondern als IT-Chef eine Schlüsselrolle im Konzernumbau spielt.
Herr Asenkerschbaumer, bei Ihnen laufen die Zahlen des Bosch-Konzerns mit über 70 Milliarden Euro Umsatz zusammen. Wie fühlen sie sich als Aufpasser von Herrn Denner? Sie sprechen meine Stellvertreterfunktion an. Die hat bei Bosch eine lange und bewährte Tradition.
Der Finanzchef war bislang aber nicht gleichzeitig Stellvertreter. Nein, nicht immer. Es gab schon ein Beispiel. Aber generell ist die Geschäftsführung immer komplementär besetzt mit technischer Kompetenz und kaufmännischem Know-how. Und es ist immer so, dass die Geschäftsführer sehr eng und konstruktiv zusammenarbeiten, ganz im Sinne des Gründers.
Inwiefern? Robert Bosch gab seinen Nachfahren die kraftvolle Weiterentwicklung des Unternehmens unter der Maxime der finanziellen Unabhängigkeit mit auf den Weg. Da ist die Kombination aus Techniker und Kaufmann optimal.
Und gibt Herr Denner zu viel Geld für Zukunftsprojekte aus, wie beispielsweise eine halbe Milliarde jährlich für neue Geschäftsmodelle und 400 Millionen für E-Mobilität? Wir geben gemeinsam Geld aus, und nur wenn wir überzeugt sind, dass es im Interesse des Unternehmens ist.
Mussten Sie den Bosch-Chef schon mal bremsen? Wir bremsen uns auch mal gegenseitig, vor allem aber beschleunigen wir gemeinsam. Es gibt bei Bosch Themen, für die wir hohe Vorleistungen erbringen müssen. Wir überlegen dabei immer gut, ob wir uns das leisten können und wollen.
Und wie kam es, dass Sie Stellvertreter wurden? Das ist bei Bosch von den Personen und den Aufgaben abhängig. Finanzen und Controlling sind ein Schwerpunkt meiner Arbeit, aber ich bin von meinem Werdegang her nicht nur der Kaufmann und Bilanzierungsspezialist, sondern habe während meiner Laufbahn auch andere Aufgaben übernommen.
Der Bosch-Chef bleibt bei guter Gesundheit zehn Jahre. An ihm kommen Sie nicht mehr vorbei. Das ist auch nicht mein Ziel. Wir haben in der Geschäftsführung eine tolle Art der Zusammenarbeit. In der Sache diskutieren wir extrem klar und auch kontrovers. Aber auf der persönlichen Ebene wird die gegenseitige Wertschätzung immer deutlich.
Ist der Finanzchef bei Bosch nicht ausgelastet, dass er gleich noch Einkauf und Logistik sowie IT unter sich hat? Während meiner ganzen Ausbildung habe ich mich bewusst nicht spezialisiert. Ich habe zweimal studiert, zunächst Wirtschaftspädagogik. Dieses Studium beinhaltete neben Pädagogik auch Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie.
Klingt etwas exotisch ... Mir ging es darum, ein besseres Verständnis für den sozial- und gesellschaftspolitischen Rahmen, in dem Unternehmen wirken, zu bekommen. Wirtschaftspädagogik konnte mir das bieten. Der Schwerpunkt meines Zweitstudiums war jedoch Wirtschaft. Bereits damals habe ich mich intensiv mit Fragen der industriellen Produktion auseinandergesetzt. Meine Promotion beschäftigte sich mit der „Analyse und Beurteilung von technischem Know-how.“ Mir ging es immer um die Kombination aus Gesellschaft, Wirtschaft und Technik.
Vita
Der 60-jährige gebürtige Burghausener ist seit Juli 2013 als zweiter Mann bei Bosch GmbH zuständig für die Finanzen, IT Einkauf und Logistik. Der Bayer mit Doppelstudium in Wirtschaftspädagogik und BWL promovierte zum Thema betriebliches Innovationsmanagement. Im Boschkonzern durchlief er ab 1987 eine breite und vielfältige Konzernkarriere: Er war unter anderem Werksleiter, war zuständig für das Controlling und leitete die Akquisitionsabteilung. Stefan Asenkerschbaumer ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Bosch ist als Stiftungsunternehmen nicht börsennotiert, aber inzwischen mit über 70 Milliarden Euro Umsatz fast so groß wie das Dax-Schwergewicht Siemens. Der Konzern stellt neben Autoteilen Elektrowerkzeuge, Hausgeräte und Industrietechnik her. Gemeinsam mit Vorstandschef Volkmar Denner richtet Asenkerschbaumer den Konzern seit drei Jahren auf die vernetzte Welt aus. Das 130 Jahre alte Traditionsunternehmen wird dabei zum Konkurrenten von Internetgiganten wie Google, Apple und Facebook.
Dann sind Sie ja bei Bosch richtig… Bosch bot mir die Chance, mich breit weiterzuentwickeln. Ich war Logistiker, Werkleiter, Arbeitsdirektor, Konzerncontroller und habe unsere M&A-Aktivitäten verantwortet. Schließlich wurde ich Geschäftsführer für Finanzen und Controlling, dann kamen die anderen Themen hinzu wie IT, Einkauf, Logistik.
Und woher kommt Ihre IT-Kompetenz? Meine erste Diplomarbeit drehte sich bereits um IT und Ausbildung. Während meiner beruflichen Laufbahn hatte ich immer einen engen Bezug zur IT und Prozessgestaltung. Und heute, in Zeiten der Vernetzung und Transformation, ist IT ein entscheidender Hebel zum wirtschaftlichen Erfolg.
Konkret? IT war früher vor allem ein auftragsorientierter Dienstleister im Unternehmen. Heute muss IT viel proaktiver sein und die Zukunft im Unternehmen mitgestalten, z. B. Produktions- und Logistikabläufe. Ein wesentlicher Punkt ist auch, welche Arbeitsmittel wir unseren Mitarbeitern zur Verfügung stellen.
Natürlich nur die modernsten, oder? Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten weltweit 180.000 Arbeitsplätze mit modernster Soft- und Hardware ausgestattet. Bis Ende 2016 wollen wir 280.000 geschafft haben. Dafür investieren wir insgesamt rund 800 Millionen Euro. Es ist ein Riesenschritt, wenn jeder mobil und flexibel arbeiten kann. Ort und Zeit werden entkoppelt. Auch für Smartphones haben wir jetzt Sicherheitslösungen, damit unsere Mitarbeiter nicht mit zwei Smartphones herumlaufen müssen, sondern das Geschäftstelefon sowohl für private Gespräche und Daten als auch für sensible dienstliche Zwecke verwenden können.
Und jetzt ist Bosch so „agil“, wie es Herr Denner immer fordert? Die Welt verändert sich. Sie wird komplexer, schneller und vernetzter. Auch Bosch wandelt sich. Dies ist nicht nur eine Frage der Technologie. Wir müssen auch in der Führung einfacher und klarer werden. Wir brauchen Unternehmertum auf allen Ebenen.
Das hört sich etwas plakativ an? Das sind nicht nur Schlagworte. Ich nenne ein Beispiel: unsere Wirtschaftsplanung. Früher dauerte die Planung ein Drittel des Jahres. Heute sind es nur noch wenige Wochen. Das eine ist der Prozess selbst, wesentlich aber ist das Neue des Mindsets, das dahinter steckt.
Das heißt? Wir haben nicht nur den Zeitaufwand halbiert, vor allem haben wir die Zahl der Steuerungskennzahlen um zwei Drittel reduziert. Die Geschäftsführung schaut nicht mehr auf die Details, sondern die Zielsetzung und die Maßnahmen eines Bereichs, um hoch wettbewerbsfähig zu bleiben.
Und was ist vom straffen Zahlenkorsett übrig geblieben? Drei Werte stehen im Fokus: Wachstum, Profitabilität und eine interne Kapitalkennziffer. Wir geben den Bereichen und verantwortlichen Mitarbeitern unternehmerische Freiräume und akzeptieren entsprechende Risiken.
Bosch gilt aber nicht gerade als waghalsig. Wir sind bereit unternehmerische Risiken einzugehen, aber eben nicht blind.
Ob die neuen Geschäftsfelder auch ertragreich werden, ist noch nicht raus? Das Risiko des Scheiterns gibt es immer. Aber tun Sie nichts, wissen Sie sicher, dass Sie Chancen nicht genutzt haben. Natürlich haben wir Mechanismen, damit Risiken nicht ausufern. Wenn beispielsweise Meilensteine nicht erreicht werden, schauen wir sehr genau, ob wir noch Zuversicht haben – andernfalls treffen wir auch eine Entscheidung zum Abbruch eines Projekts.