Carbon Disclosure Project Deutsche Unternehmen sichern sich Bestnoten beim Klimaschutz

Der Konzern wurde in Sachen Transparenz beim Klimaschutz ausgezeichnet.
Düsseldorf Eine Aufnahme in die „A-Liste“ des Carbon Disclosure Projects (CDP) gilt als Ritterschlag für Unternehmen, die sich um den Klimaschutz bemühen. Am Dienstag legte die Londoner Non-Profit-Organisation die aktuelle Auflage ihrer viel beachteten Liste vor. Dabei schneiden deutsche Konzerne in diesem Jahr überraschend gut ab.
Wie das CDP mitteilte, werden in der A-Liste für das Jahr 2020, die 317 Unternehmen weltweit umfasst, insgesamt 19 deutsche Unternehmen geführt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung von 90 Prozent. In keinem anderen europäischen Land haben es mehr Unternehmen auf die Liste geschafft.
Die vor 20 Jahren in London gegründete Non-Profit-Organisation CDP gilt inzwischen als eine der größten Umweltorganisationen weltweit. Ihr Ziel: dafür zu sorgen, dass Betriebe und Kommunen ihre Umweltdaten veröffentlichen. Mittlerweile berichten über 9600 Unternehmen und die Mehrzahl der Dax-Konzerne ihre Daten an den Verein – Tendenz steigend.
Rund 515 Großinvestoren sind mit dem CDP verbunden. Gemeinsam verwalten sie ein Vermögen von rund 106 Billionen Dollar und sind an einigen der umsatzstärksten Konzerne der Welt beteiligt. Immer mehr Geldgeber wählen ihre Investitionen nach dem Klimafußabdruck der Wertschöpfungskette eines Unternehmens aus, und das Carbon Disclosure Project bietet dafür die passende Datengrundlage.
Wie wichtig dabei die Daten aus dem CDP sind, erklärt Ingo Speich, Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Fondsgesellschaft Deka Investment. „Die Daten des CDP tragen zur Erhöhung der Transparenz bei. Eine Offenlegung solcher Daten hilft, die Debatte voranzutreiben“, sagte der Fondsmanager dem Handelsblatt. Dabei seien die CDP-Daten in die Investmententscheidungen der Deka integriert.
Auch Henrik Pontzen, Leiter des Bereichs ESG bei der Fondsgesellschaft Union Investment, hebt die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien für professionelle Investoren hervor. „Nachhaltigkeit spielt eine ganz entscheidende Rolle, wenn es darum geht, ein Unternehmen fundamental zu bewerten.“
Das habe damit zu tun, dass sich Investitionsentscheidungen an den Gewinnerwartungen orientieren, die sich aus der Differenz von zukünftig erwartetem Umsatz minus Kosten ergeben, so Pontzen. „Beide Faktoren werden wesentlich durch die Regulatorik beeinflusst, beispielsweise durch CO2-Steuern oder staatliche Förderungen für nachhaltige Produkte.“
Das CDP bewertet vor allem die Offenlegung von Auswirkungen, Risiken, Chancen und Maßnahmen in Bezug auf die Umwelt. Auf die A-Liste schafft es nur, wer in Sachen Transparenz und Klimaschutzmaßnahmen in einer der drei Kategorien Klimawandel, Wälder und Wassersicherheit besonders gut abschneidet.
Das heißt allerdings auch: Konzerne, die aktuell noch zu den größten Verursachern von Emissionen zählen, können eine gute Note erhalten, wenn sie transparent sind und sich anspruchsvolle Ziele für die Zukunft gesetzt haben.
Deutsche Firmen haben aufgeholt
So gehören zu den nun ausgezeichneten Unternehmen unter anderem Industriegrößen wie Thyssen-Krupp und Bosch, aber auch Chemiekonzerne wie BASF oder Symrise und Einzelhändler wie Metro und Zalando.
Die meisten von ihnen kommen allerdings nur beim Thema Klimaschutz auf die Bestnote, nur ein einziges deutsches Unternehmen erhält zusätzlich in der Kategorie Waldschutz die Bewertung A, bei Wassersicherheit geben sich laut CDP immerhin BASF, Bayer, Symrise, die GEA-Gruppe und Volkswagen besondere Mühe. Der Wolfsburger Autokonzern muss sich beim Klimaschutz mit einem A– zufriedengeben, beim Thema Waldschutz allerdings fällt VW mit der schlechtesten Bewertung (F) durch, weil das Unternehmen schlicht keine Daten eingereicht hat. Der Reiseveranstalter TUI ist gar komplett von der A-Liste verschwunden. Spezielle Gründe, warum ein bestimmtes Unternehmen aus dem Ranking fällt, teile CDP allerdings nicht mit. „So etwas kann sehr viele verschiedene Gründe haben – besonders in einem so herausfordernden Jahr“, sagt CDP-Kommunikationschef Joshua Snodin auf Anfrage. So könnte ein Unternehmen noch Verbesserungsbedarf haben oder aber nicht genug Nachweise und Beispiele für seine Maßnahmen vorgelegt haben, um die entsprechende Punktzahl zu erreichen.
Klassenbester ist der Duft- und Aromenhersteller Symrise, der in allen drei Kategorien die Bestnote erzielt, was weltweit nur zehn der befragten Unternehmen gelingt. Als Beispiel zur Begründung für den gleich dreifachen A-Score für den deutschen Konzern nennt CDP ein Programm des Unternehmens, das das benötigte Palmöl zu 100 Prozent aus nachhaltigen Quellen bezieht und dafür seinen Lieferanten entsprechende Schulungen und finanzielle Anreize bietet.
Neben Symrise ist die Leverkusener Bayer AG das einzige deutsche Unternehmen in der CDP-Liste, das mehrfach mit A geratet wurde: bei Klima und Wasser. Die Leverkusener haben im vergangenen Jahr eine neue Nachhaltigkeitsinitiative gestartet. Zuvor hatte es Kritik wegen des nach der Monsanto-Übernahme sprunghaft gestiegenen CO2-Ausstoßes gegeben.
Nun will Bayer bis 2029 seine Emissionen um 42 Prozent gegenüber 2019 reduzieren. Das soll zum einen über die Umstellung auf grünen Strom geschehen, in Spanien und Mexiko sind die Stromverträge bereits umgestellt. Zum anderen hat Bayer ein Konzept entwickelt, mit dem Landwirte Einnahmen erzielen können, wenn sie klimaschonende Praktiken bei sich einführen. Bei der Bewertung der Aktivitäten zur Wiederherstellung von Wäldern und Ökosystemen erreichte Bayer hingegen nur die B-Note.
Insgesamt gilt: Noch zu Beginn dieses Jahres hatten deutsche Unternehmen bei demselben Ranking im internationalen Vergleich deutlich schlechter abgeschnitten. Damals erhielten nur neun die Bestnote.
In den vergangenen Monaten hat sich in Sachen Klimaschutz und Umweltbewusstsein allerdings viel getan. Vor allem die Industrie investierte trotz Pandemie Milliarden in umweltfreundliche Technologien.
So gab etwa der Chemiehersteller Covestro mitten in der Krise bekannt, für 1,6 Milliarden Euro das Geschäft mit Beschichtungsharzen vom niederländischen Konkurrenten DSM zu übernehmen – und damit in die Herstellung von ölfreien Lackstoffen einzusteigen, die beispielsweise für die Produktion von nachhaltigen Solarzellen benötigt werden. Selbst die Zementindustrie legte als einer der größten CO2-Emittenten weltweit jüngst eine Strategie auf dem Weg zur Klimaneutralität vor.
Experten sehen den Grund für das Umdenken vieler Unternehmen vor allem in dem zunehmenden Druck aus Politik, Gesellschaft und von Investoren. Damit die Klimavorgaben von Deutschland und der EU eingehalten werden können, müssen vor allem CO2-intensive Industrien ihre Anstrengungen massiv beschleunigen. Die Einführung eines nationalen CO2-Preises setzt die deutsche Wirtschaft zusätzlich unter Druck.
Insgesamt legten 9600 Unternehmen ihre Daten im laufenden Jahr gegenüber dem CDP offen. „Genau fünf Jahre nach dem Handschlag der Staats- und Regierungschefs auf das Pariser Abkommen ist es ermutigend zu sehen, dass 70 Prozent mehr Unternehmen über ihre Umweltaktivitäten berichten und dass in diesem Jahr über 300 Unternehmen auf der A-Liste stehen“, sagte Maxfield Weiss, Direktor für Corporate Engagement bei CDP in Europa.
Der weltweite Anstieg der mit der Note A bewerteten Unternehmen lasse auf ein wachsendes Umweltbewusstsein schließen, heißt es in der Mitteilung. Etwa die Hälfte der Unternehmen der A-Liste, über 150 Unternehmen, sind entweder neu oder wieder dabei, was zeige, dass konkrete Umweltaktionen trotz der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen auch in diesem Jahr fortgesetzt werden.
Europa in der Führungsrolle
Als konkrete Beispiele für vorbildlichen Umweltschutz nennt das CDP beispielsweise auch den Baustoffhersteller Heidelberg Cement – obwohl die Zementherstellung mit zu den CO2-intensivsten Industriezweigen zählt. Zur Begründung heißt es, das Unternehmen wende 80 Prozent seiner Forschungs- und Entwicklungsausgaben für die Entwicklung nachhaltiger Produkte auf. Mehr als 150 Millionen Euro fließen dabei in mehrere Projekte zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) in Norwegen, Osteuropa und Kanada.
CDP-Direktor Weiss sieht die europäische Wirtschaft in einer Führungsrolle beim Klimaschutz. So hätten im September mehr als 150 Unternehmen die EU aufgefordert, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren.
„Es werden europäische Unternehmen sein, die diese Emissionssenkungen erbringen“, so Weiss. „Wir brauchen diese Pioniere jetzt, um mehr Unternehmen zu inspirieren, sich auch in den Bereichen Klimawandel, Wälder und Wassersicherheit zu engagieren, und um sicherzustellen, dass der Privatsektor eine Führungsrolle übernimmt, wenn die Umweltziele der EU in die Höhe schnellen.“
Obwohl die Anzahl der Unternehmen, die ihre Daten gegenüber CDP offenlegen, stetig wächst, stellt die A-Liste nach wie vor nur eine Minderheit dar. Die meisten der vom CDP bewerteten Unternehmen schafften es nur auf ein C- oder D-Rating. Fast 12.000 Unternehmen wurden sogar mit der schlechtesten Note, F, bewertet – sie legten ihre Daten erst gar nicht offen.
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