Chinesische Übernahmen in Deutschland Firmenkäufe folgen einem Masterplan

Die Übernahme des Spezialmaschinenbauers ist mit einem Preis von 925 Millionen Euro die bisher größte in Deutschland durch chinesische Unternehmen.
Peking Chinas Appetit auf deutsche Firmen wächst und wächst. Das neue Jahr ist erst vier Wochen alt, aber schon stellen chinesische Investoren Rekorde auf. Die Übernahme des Spezialmaschinenbauers Krauss-Maffei ist mit einem Preis von 925 Millionen Euro die bisher größte in Deutschland durch chinesische Unternehmen. Gleichzeitig buhlen chinesische Investoren um den Abfallentsorger EEW. Kommen die Asiaten zum Zug, könnte fast doppelt so viel Geld fließen wie bei Krauss-Maffei.
Auf den ersten Blick erscheinen die Beteiligungen und Übernahmen chinesischer Firmen in Deutschland willkürlich. Beim genauen Hinsehen lassen sich jedoch zwei große Trends identifizieren. Erstens setzen chinesische Käufer auf Firmen, die sich mit Industrie 4.0 auskennen, also der Digitalisierung und Vernetzung der Produktion in der Industrie. Zweitens ist der Bereich des grünen Wachstums ein klarer Schwerpunkt des Interesses. Dazu zählen etwa Recycling, Wasseraufbereitung und erneuerbare Energien. Das ist kein Wunder. Denn die Regierung hat gerade diese Branchen zu künftigen Wachstumsfeldern erklärt.
Seit die chinesische Führung die Firmen des Landes Ende der 1990er-Jahre aufgefordert hat, in die Welt hinauszugehen, verfeinern die Unternehmen ihre Strategien. Die ersten Gehversuche in Deutschland endeten teilweise mit großen Fehlschlägen. Im Jahr 2002 stieg der chinesische Elektronikriese TCL beim angeschlagenen Fernsehhersteller Schneider ein. Aber schon zwei Jahre später war Schluss in Deutschland.
Die Industrie 4.0 ist wichtig für China
Das hat sich mittlerweile geändert. Chinesische Unternehmen gehen behutsamer vor. Die deutschen Manager werden an der langen Leine gelassen. Die Übernahme des deutschen Betonpumpenherstellers Putzmeister durch Chinas größten Maschinenbauer Sany gilt als Erfolgsmodell. Ähnlich reibungslos lief die Übernahme des Gabelstaplerherstellers Kion durch den chinesischen Dieselmotorhersteller Weichai Power.
Aber nicht nur die chinesischen Unternehmen machten einen Wandel durch. Auch chinesische Behörden stellten ihre Strategie um. Etliche Übernahmen mussten sich Staatsunternehmen vorher genehmigen lassen. In Strategiepapieren versuchte das Handelsministerium, Investitionsempfehlungen zu geben. Aber das bloße Benennen von interessanten Branchen brachte viele chinesische Firmen nicht wirklich weiter.
Heute legt das Handelsministerium umfassende Studien über fast alle strategisch wichtigen Länder der Welt auf. Der aktuelle Ministeriumsplan für Deutschland umfasst 139 Seiten und listet neben gesetzlichen Rahmenbedingungen spezifische Details zu Branchen und herausragenden Unternehmen auf.
Auf dem Einkaufszettel des Ministeriums tauchen gerade Branchen wie Maschinenbau und Automobilzulieferer auf, die für Chinas wirtschaftliche Erneuerung nach dem Vorbild von Industrie 4.0 wichtig sind. Aber auch Firmen, die sich mit Umwelttechnik, Recycling und erneuerbaren Energien auskennen, werden in der Zusammenstellung genannt.
In Zukunft dürfte es noch größere Übernahmen geben
All das ist aus chinesischer Sicht durchaus sinnvoll. Mit dem Strategieplan „Made in China 2025“ hat Peking einen Fahrplan vorgelegt. Flankiert wird die Strategie vom neuen Fünfjahresplan, der die Automatisierung und intelligente Vernetzung von Produktionsprozessen ebenso wie grünes Wachstum zu Schwerpunkten der chinesischen Wirtschaftspolitik bis zum Jahr 2020 erklärt hat. Damit könnte die Regierung die Branchen zu staatlich gestützten Wachstumsfeldern machen.
Investitionen und Beteiligungen chinesischer Firmen folgen dieser Logik. Krauss-Maffei soll nach der Übernahme durch ein Konsortium um Chinas größten Chemiekonzern Chem-China zum Premiumanbieter von Kunststoffmaschinen ausgebaut werden. Die Deutschen könnten damit zu einem Mosaikstein im Gesamtkonzept des chinesischen Riesen werden, der die Produktion mit intelligenten Produktionsprozessen justieren will.
Ähnliche Strategien könnten auch beim Abfallentsorger EEW eine Rolle spielen. Der Umgang mit Chinas Müllbergen ist eine gewaltige Herausforderung, die jetzt angegangen werden soll. Unter anderem ist Chinas Branchenführer in der Abfallverbrennung, Everbright International, an den Deutschen interessiert.
Krauss-Maffei, Putzmeister und Kion sind erst der Anfang. In Zukunft dürfte es deutlich mehr und auch größere chinesische Übernahmen in Deutschland geben. Wer immer hierzulande Kompetenz bei Industrie 4.0 und grüner Technologie zu bieten hat, sollte sehr aufmerksam sein.
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