Corona-Pandemie Impfkampagne für Kinder startet – Was Eltern wissen müssen

In Israel werden Kinder ab fünf Jahren bereits seit November geimpft: Die neunjährige Danae Vitkin erhält ihre erste Corona-Impfung mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech.
Frankfurt Ab heute kann der Biontech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty an Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren verimpft werden. Vergangenen Donnerstag hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) keine generelle Impfempfehlung für diese Altersgruppe ausgesprochen, sondern die Impfung für Kinder empfohlen, die Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf oder Angehörige mit hohem Risiko haben. Dennoch können Eltern nach individueller Aufklärung auch ihre gesunden Kinder impfen lassen.
Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Impfungen für Fünf- bis Elfjährige:
Was spricht für eine Impfung von Kindern?
Die Corona-Inzidenz ist unter Kindern und Jugendlichen derzeit am höchsten: Laut den aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts liegt sie in der Gruppe der Fünf- bis Neunjährigen bei mehr als 950 und bei Kindern im Alter von zehn bis 14 Jahren bei mehr als 1000.
Wie mehrere Studien gezeigt haben, spielen Kinder eine Rolle bei der Verbreitung der Viren, auch wenn sie selbst nur selten schwer an Corona erkranken. Virologen wie Martin Stürmer, Lehrbeauftragter an der Universität Frankfurt, argumentieren mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage, dass man mit einer Impfung das Übertragungsrisiko innerhalb der Familien reduzieren könne. Außerdem kann eine Impfung vor möglichen Folgeschäden wie Long Covid oder dem Pädiatrischen Inflammatorischen Multiorgan-Syndrom (PIMS) schützen. PIMS ist eine sehr seltene, aber gefährliche Spätfolge einer häufig symptomlosen Covid-19-Infektion. Die Erkrankung beginnt häufig mit Bauchschmerzen und Fieber und reicht bis zu schweren Herz-Kreislauf-Störungen und neurologischen Ausfällen.
Die Stiko empfiehlt Kindern ohne Vorerkrankung eine Impfung, wenn sich in ihrem Umfeld Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf befinden, die selbst nicht oder nur unzureichend durch eine Impfung geschützt werden können – etwa sehr alte Menschen oder solche mit geschwächtem Immunsystem.
Das am Donnerstag veröffentlichte Stiko-Papier ist noch keine finale Entscheidung, es läuft wie üblich noch ein Abstimmungsverfahren mit Fachgesellschaften und Ländern.
Was spricht gegen eine Impfung von Kindern?
Laut Stiko besteht für Kinder ohne Vorerkrankungen in dieser Altersgruppe nur ein geringes Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung, Hospitalisierung und Intensivbehandlung. Hinzu kommt, dass das Risiko seltener Nebenwirkungen der Impfung auf Grund der eingeschränkten Datenlage derzeit nicht eingeschätzt werden kann.
Auch nach Ansicht von Barbara Mühlfeld, Kinderärztin und hessische Sprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), lasse sich aus Verbandssicht bei der aktuellen Datenlage nicht rechtfertigen, die Gruppe der Fünf- bis Elfjährigen proaktiv zu impfen. Schwere Verläufe oder Erkrankungen wie PIMS seien extrem selten und Long Covid bei Kindern halte sie derzeit für noch nicht ausreichend erforscht, sagte sie dem Hessischen Rundfunk.
Und Peter Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, sagte dem Handelsblatt: „Auf keinen Fall dürfen wir Kinder nur aus gesellschaftlichen Gründen impfen, damit wir endlich die allgemeine Impfquote hochbringen.“ Kinder seien nicht dazu da, die Erwachsenen zu schützen – es müsse umgekehrt sein.
Welche Nebenwirkungen der Impfung sind bekannt?
Der Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer für Kinder von fünf bis elf Jahren enthält nur ein Drittel der Wirkstoffmenge, die Jugendlichen und Erwachsenen ab zwölf Jahren verabreicht wird. Er wurde am 25. November von der Europäischen Arzneimittelagentur Ema auf der Basis von klinischen Studien zugelassen, in deren Rahmen der Impfstoff an 2268 Kindern zwischen fünf und elf Jahren in verschiedenen Ländern getestet wurde. Die Schutzwirkung vor einer Covid-19-Erkrankung wird mit 91 Prozent angegeben.
Im „New England Journal of Medicine“ haben Experten die Daten evaluiert. Nach ihren Angaben sind keine schweren impfbedingten Nebenwirkungen zu beobachten gewesen, sondern nur die auch bei Jugendlichen und Erwachsenen auftretenden Beschwerden. Die seien mild und vorübergehend: Fieber, Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit oder Kopfschmerzen gehören dazu. Die Impfung sei sicher und effektiv, lautet das Fazit.
Die einzigen drei schwereren Schäden im Beobachtungszeitraum hatten nach Ansicht der Autoren keinen Zusammenhang mit der Impfung – in einem Fall war es ein gebrochener Arm. Herzmuskelentzündungen, wie sie nach breiterer Impfung von über Zwölfjährigen vereinzelt vorkamen, wurden nicht festgestellt.
Für die weitere Beurteilung des Impfstoffs werden die Erfahrungen aus der Impfpraxis wichtig werden: In den USA und Israel werden Kinder bereits seit November mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft. Sobald weitere Daten zur Sicherheit des Impfstoffs in dieser Altersgruppe oder andere relevante Erkenntnisse vorliegen, wird die Stiko nach eigener Aussage diese umgehend prüfen und ihre Empfehlung gegebenenfalls anpassen.
Wie viel Impfstoff für Kinder gibt es?
Laut Bundesgesundheitsministerium werden in einer ersten Tranche rund 2,4 Millionen Dosen des speziellen Impfstoffs für Kinder verteilt. 2,2 Millionen Dosen gehen über den Pharmazeutischen Großhandel, zusätzlich gibt es Länderkontingente, die zur Verfügung gestellt werden. Für diese Woche hatten Arztpraxen rund 800.000 Dosen angefordert. Neben Kinderarztpraxen sind mancherorts auch in öffentlichen Impfzentren Kinderimpfungen vorgesehen.
Wann es konkret losgeht, unterscheidet sich aber je nach Bundesland. Wer in dieser Woche bei der Impfung nicht zum Zuge kommt, hat im Januar erneut Gelegenheit dazu. Die Vertragsärzte müssen bis zum 4. Januar 2022 weitere Impfstoffdosen bestellen, um ab 10. Januar dann beliefert zu werden.
Von dem mRNA-Vakzin sollen laut Stiko zwei Dosen im Abstand von drei bis sechs Wochen gegeben werden. Für jüngere Kinder gibt es noch keinen zugelassenen Impfstoff.
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