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Dekarbonisierung Klöckner & Co. sichert sich grünen Stahl aus Schweden

Der Duisburger Stahlhändler kooperiert mit dem schwedischen Start-up H2 Green Steel – und kauft dort ab 2025 rund eine Viertelmillion Tonnen grünen Stahl pro Jahr ein.
07.10.2021 - 12:00 Uhr Kommentieren
Der Stahlhändler will seinen Kunden ab 2025 grünen Stahl aus schwedischer Produktion anbieten. Quelle: dpa
Klöckner & Co

Der Stahlhändler will seinen Kunden ab 2025 grünen Stahl aus schwedischer Produktion anbieten.

(Foto: dpa)

San Francisco, Berlin Der europäische Stahlmarkt ist weiter in Bewegung: Während sich die Hersteller gegenseitig mit ihren Terminen für den Marktstart von grünem Stahl unterbieten, sichern sich einige Abnehmer bereits die ersten Mengen aus der erst noch aufzubauenden wasserstoffbasierten Produktion – und das schon auf Jahre im Voraus.

Nach dem Autobauer Daimler, der sich ab 2026 unter anderem von SSAB mit klimaneutralem Stahl versorgen lassen will, wagt sich nun auch Klöckner & Co. hervor. Am Donnerstag hat der Duisburger Stahlhändler eine Kooperation mit der schwedischen Neugründung H2 Green Steel (H2GS) geschlossen, die eine Lieferung von bis zu 250.000 Tonnen grünem Stahl pro Jahr vorsieht.

Klöckner-Chef Guido Kerkhoff sagte dem Handelsblatt, mit dem Schritt wolle der Stahlhändler seinen Kunden ab 2025 einen sicheren Zugang zu dem zunächst knappen Rohstoff sichern. „Nicht nur Großabnehmer wie die Autoindustrie, sondern auch kleinere Verbraucher wie Hersteller von Möbeln oder Haushaltsgeräten haben einen dringenden Bedarf an klimaneutralen Werkstoffen.“

95 Prozent weniger Emissionen

So soll die Produktion des Flachstahls, den H2GS ab 2025 im schwedischen Lulea in einem komplett neu gebauten Werk herstellen will, um 95 Prozent weniger CO2-Emissionen verursachen als bisherige Verfahren. Dafür setzt das Unternehmen auf mithilfe von grünem Strom produzierten Wasserstoff. Die übrigen Emissionen fallen beim Erzabbau sowie beim Transport an.

Insgesamt ist die geplante Anlage auf eine Gesamtkapazität von fünf Millionen Tonnen ausgelegt. Davon gehen perspektivisch also fünf Prozent an Klöckner. „Wir verfügen über die Vertriebsstrukturen, um grünen Stahl breit in den Markt zu bringen“, so Kerkhoff. Vornehmlich soll der Stahl in den Service-Centern des SDax-Konzerns verarbeitet werden.

Die Kunden werden sich dabei wohl zunächst auf höhere Preise einstellen müssen. Genaue Angaben zu etwaigen Mehrkosten wollen weder Klöckner noch H2GS machen. Experten rechnen allerdings damit, dass sich die Tonne Stahl durch den Umstieg auf Wasserstoff um zwischen 100 und 300 Euro verteuern dürfte.

Jedoch gibt Kerkhoff zu bedenken: „Selbst die Verdopplung des Stahlpreises in jüngerer Vergangenheit hat nicht zu einer wesentlichen Verteuerung der Endprodukte geführt.“ In den meisten Fällen machten Werkstoffe nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus, die dementsprechend nur in kleinerem Maße ansteigen.

Kosten nähern sich an

Der Vorstandschef von H2GS und frühere Chef des Lkw-Herstellers Scania, Henrik Henriksson, zeigte sich im Gespräch mit dem Handelsblatt zudem überzeugt, dass sich die Wasserstoffproduktion den klassischen Verfahren kostenseitig immer weiter annähern werden. „Ein wichtiger Faktor ist dabei die Entwicklung des CO2-Preises“, so der Manager.

Denn durch den europäischen Emissionsrechtehandel wird sich im Hochofen produzierter Stahl in absehbarer Zeit deutlich verteuern. Derzeit bekommen die Stahlhersteller noch etwa 80 Prozent ihrer benötigten Zertifikate kostenlos zugeteilt. Doch die Freimenge wird bis 2045 kontinuierlich auf null sinken, während die Preise für die Zertifikate steigen.

Die beiden schwedischen Hersteller SSAB und H2GS sind dabei gegenüber vielen deutschen Produzenten im Vorteil. Denn das Land deckt schon heute den weit überwiegenden Teil seines Strombedarfs aus klimaneutralen Energiequellen – während die Stahlbranche in Deutschland hier noch vor einem erheblichen Versorgungsproblem steht.

Wollten die deutschen Hersteller allesamt ihre Produktion von Kohle auf Wasserstoff umstellen, bräuchten sie dafür mehr als 12.000 zusätzliche Windräder der Fünf-Megawatt-Klasse. Sowohl SSAB als auch H2GS setzen hingegen auf Wasserkraft. Die ist, zumindest in Nordschweden, in ausreichender Menge verfügbar.

Viele verschiedene Definitionen

Dabei erhält insbesondere H2GS als relativ junges Unternehmen viel Rückendeckung aus der etablierten Industrie. Neben Klöckner zählen zu den Partnern auch der Stahlwerksausrüster SMS, der Autobauer Volvo, der Kaltbandhersteller Bilstein und Mercedes-Benz. In einer ersten Finanzierungsrunde sammelte H2GS im Sommer um die 105 Millionen US-Dollar ein.

Von allen europäischen Herstellern verfolgen die Schweden bislang die ambitioniertesten Pläne für eine dekarbonisierte Produktion. Zahlreiche Konkurrenten hingegen wollen ihre Emissionen zunächst nur schrittweise senken – und dann die Einsparungen auf bestimmte Stahlmengen umrechnen, die dann als klimaneutral deklariert werden.

Viele Experten sehen darin den derzeit praktikabelsten Weg, schnell mit grünem Stahl in den Markt zu starten. Allerdings ist fraglich, inwieweit der Markt diese Rechnung akzeptiert. Klöckner-Chef Kerkhoff hofft auf eine klare Regulierung: „Hier muss der Gesetzgeber für eine einheitliche Definition sorgen.“

Mehr: Clevere Klimasünder: Auch die Stahlbranche hat sich gegen die CO2-Preis-Rally abgesichert

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