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Dieselskandal Anlegerschützer wollen Beschlüsse der VW-Aktionäre zum Winterkorn-Vergleich kippen

Der Autobauer wollte mit einem Vergleich den Rechtsstreit mit seinen ehemaligen Topmanagern beilegen. Die SdK hält das für nicht vertretbar.
27.08.2021 Update: 27.08.2021 - 12:52 Uhr Kommentieren
Der ehemalige Konzernchef von Volkswagen soll im Dieselskandal persönlich haften. Quelle: Reuters
Ex-VW-Chef Martin Winterkorn

Der ehemalige Konzernchef von Volkswagen soll im Dieselskandal persönlich haften.

(Foto: Reuters)

Köln Gegen den von den VW-Aktionären im Dieselskandal beschlossenen Vergleich mit dem ehemaligen Vorstandschef Martin Winterkorn und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler formiert sich juristischer Widerstand. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ficht die Beschlüsse der Hauptversammlung dazu an und reichte Klage beim Landgericht Hannover ein, wie sie am Freitag mitteilte.

Volkswagen wollte mit dem Vergleich mit den beiden früheren Spitzenmanagern einen Schlussstrich unter die zivilrechtliche Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern in dem Skandal um millionenfache Abgasmanipulation ziehen. Der Autobauer zeigte sich am Freitag überzeugt, dass die Beschlüsse vor Gericht Bestand haben werden. Die von der SdK genannten Anfechtungsgründe entbehrten jeder Grundlage.

Die Schutzgemeinschaft hielt dem entgegen, weder sei der Dieselskandal abschließend ermittelt noch sei der genaue Schaden absehbar. So könnten etwa in den USA noch weitere Sanktionen auf Volkswagen und seine früheren Organmitglieder zukommen. Sie kritisiert außerdem, dass Winterkorn und Stadler zwar zur Kasse gebeten wurden, zum großen Teil allerdings durch den Verzicht auf ausstehende Boni.

Bereits vor der Hauptversammlung hatte es Kritik an dem Deal gegeben. „Aus Sicht der Aktionäre ist es nicht hinnehmbar, dass Volkswagen den Fall jetzt abschließt“, sagt Christian Strenger, selbst langjähriger VW-Aktionär und einer von Deutschlands profiliertesten Corporate-Governance-Experten. Auch er argumentiert, dass die Schuldfrage, also das Fundament für den Vergleich, noch gar nicht geklärt sei.

Die SdK-Anwälte nahmen auch den mit der Management-Haftpflichtversicherung (D&O) ausgehandelten Vergleich ins Visier. Rund 30 Versicherungsgesellschaften wie Zurich, Allianz Global Corporate & Specialty oder die XL Insurance Company stimmten einer Zahlung von 270 Millionen Euro an den Autohersteller zu. Aus dem Konsortium scherte nur US-Versicherer Berkshire Hathaway aus dem Reich von Warren Buffett aus.

Mit dem Deal sollten nicht nur die Ansprüche gegen die Versicherungen geregelt werden, sondern auch alle anderen amtierenden und früheren Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder von Ansprüchen freigestellt werden.

VW verwies darauf, dass sämtliche Beschlüsse der Hauptversammlung mit je mehr als 99 Prozent der Stimmen beschlossen seien worden. Man werde die von der SdK erhobenen Vorwürfe nun im Einzelnen prüfen.

SdK nennt Manager-Haftung eine Farce

Ihre Klage verband die Anlegergemeinschaft mit der grundsätzlichen Kritik an solchen Vergleichsvereinbarungen mit Managern. Vorstände erhielten eine außerordentlich hohe Vergütung, mit der auch Haftungsrisiken abgegolten werden sollten. „Leider ist immer wieder zu beobachten, dass diese Haftung nur theoretischer Natur ist“, sagte SdK-Rechtsvorstand Markus Kienle. In der Praxis greife diese auch bei eindeutigen Fällen so gut wie nie. Im Falle von Volkswagen werde das Ganze ad absurdum geführt.

Unterstützung erhielt die SdK von der Bürgerbewegung Finanzwende. „Hohe Managergehälter werden immer mit der hohen Verantwortung gerechtfertigt. Doch die Beispiele Winterkorn und Stadler zeigen erneut, dass im Ernstfall häufig keine Verantwortung übernommen wird“, sagte Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick.

Die Summe, mit der sich die Top-Manager von jeder weiteren Schadenersatzforderung freikaufen könnten, sei lächerlich gering – sowohl im Vergleich zu den erhaltenen Gehältern als auch im Vergleich zum Schaden für VW und Audi, den sie mitzuverantworten haben. „Ein Erfolg der SdK wäre auch ein Zeichen an andere Manager, die Unternehmen und teils auch der Gesellschaft Schaden zufügen“, sagte Schick.

Sonderprüfung steht noch aus

Aus Sicht der SdK greifen die HV-Beschlüsse auch deshalb nicht, weil das Oberlandesgericht Celle vor längerem bereits eine externe Prüfung der Vorgänge um den Dieselskandal angeordnet hat. „Es kann doch wohl nicht sein, dass eine rechtskräftig angeordnete Sonderprüfung durch einen Vergleich von hinten aus den Angeln gehoben wird“, sagte Anwalt Oliver Wilken, dessen Kanzlei die Klage führt. Volkswagen wehrt sich seit Jahren mit Händen und Füßen gegen eine solche Prüfung.

Initiiert wurde die Sonderprüfung durch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Sie hält den Vergleich ebenfalls für inakzeptabel. VW müsse die von den Aktionärsvertretern durchgesetzte Sonderprüfung abwarten. Die DSW hatte ebenfalls rechtliche Schritte angekündigt.

Die Aktionäre hatten auf der Hauptversammlung im Juli den mit Winterkorn, Stadler und zwei weiteren Ex-Vorständen ausgehandelten Vergleich trotz Kritik von Investoren und Aktionärsvereinigungen durchgewunken. Demnach zahlt Winterkorn 11,2 Millionen Euro, auf Stadler entfallen 4,1 Millionen. 270 Millionen fließen von der D&O-Versicherung, die Volkswagen für das Management abgeschlossen hat.

Mehr als 90 Prozent der Stammaktien liegen in den Händen der Familienholding Porsche SE, dem Land Niedersachsen und dem Emirat Katar. Die Aufarbeitung des Abgasskandals kostete den Wolfsburger Autokonzern bisher mehr als 32 Milliarden Euro. Der VW-Haupteigner Porsche SE ist im Zusammenhang mit dem Dieselskandal auch mit einer Aktionärsklage in den USA konfrontiert.
Mit Agenturmaterial.

Mehr: Winterkorns heikle Doppelrolle im Abgasskandal

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