Dieselskandal Mithilfe des Kraftfahrtbundesamtes kann Daimler wichtige Dokumente unter Verschluss halten
Dafür bremst das KBA die Justiz nun in Zivilverfahren – dabei könnte es die Aufarbeitung ungemein beschleunigen. Das Oberlandesgericht Koblenz erklärte jüngst in einem Verfahren gegen Volkswagen, dass ein Bescheid des KBA über das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem bestimmtem Motorenmodell ausreiche, um die sittenwidrige Schädigung des Kunden durch den Hersteller als belegt anzunehmen. Es sei dann „unerheblich“, was VW dem entgegenstelle.
Bislang bekommen Richter solche KBA-Dokumente aber nur selten zu sehen. Die Autokonzerne selbst legen sie in der Regel nicht oder umfassend geschwärzt vor. Das KBA rückt sie gar nicht heraus. Zu denGründen antwortet das Amt auf Nachfrage sehr zögerlich. Zu den durch das Geschäftsgeheimnis geschützten Informationen zählten alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich seien und an deren Nichtverbreitung der Konzern ein berechtigtes Interesse habe, heißt es aus Flensburg. Dazu zählten auch „detaillierte Angaben zur technischen Funktionsweise des Emissionskontrollsystems und des Abgasrückführungssystems“.
Daimler schließt sich dieser Auffassung an. In den Bescheiden würden „unter anderem technische Details von Fahrzeugen und der Motorsteuerung“ beschrieben, heißt es auf Anfrage. Geschäftsgeheimnisse eben. Das Handelsblatt hat zahlreiche KBA-Bescheide in Sachen Dieselaffäre eingesehen, die Autos von Volkswagen betrafen. Dort waren allerdings keine Betriebsgeheimnisse erkennbar – nur die ausführliche Beschreibung der zahlreichen Schummel-Software-Varianten in Dieselmotoren.
Für Anwalt Philipp Niephaus, dessen Kölner Kanzlei Rogert & Ulbrich Tausende Dieselfahrer gegen Volkswagen und Daimler vertritt, offenbart das KBA ein offensichtliches Missverständnis seiner Befugnisse. „Das Kraftfahrt-Bundesamt stellt die Interessen der Industrie in bemerkenswerter Weise vor diejenigen der Judikative und Öffentlichkeit“, so Niephaus.
In Stuttgart wollen die Richter Ende Dezember entscheiden, wie sie mit der Haltung des KBA – und damit auch des Verkehrsministeriums – umgehen. Sie können die Behörde nicht zwingen, Dieselbescheide vorzulegen.
Die Richter können aber entscheiden, wem die Verweigerungshaltung des KBA schadet. Muss der Kunde trotzdem das Vorhandensein von Schummelsoftware beweisen, würde er gleich dreimal im Stich gelassen – vom KBA, dem Verkehrsministerium und der Justiz.
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