Dieselskandal Renata Jungo Brüngger ist Daimlers Frau für die harten Fälle

2016 stieg die ausgebildete Anwältin in den Vorstand des Autobauers auf.
München Abgründe, Steilwände, Grenzfälle: Renata Jungo Brüngger ist häufig auf schwierigem Terrain unterwegs. Privat zieht es die Rechtsvorständin des Autobauers Daimler hoch hinaus in die Berge ihrer Schweizer Heimat. Beruflich muss sich die 59-Jährige dagegen mit den tiefgreifenden Verfehlungen des Mercedes-Herstellers beschäftigen.
Nun steht in den USA ihr bislang wichtigster Deal kurz vor dem Abschluss. Für 1,9 Milliarden Euro will sich Daimler mit den amerikanischen Behörden und Sammelklägern vergleichen, um den Dieselskandal in Übersee weitgehend ad acta zu legen. Reden kann und will Jungo Brüngger darüber nicht. Ihr Team hat zwar eine Grundsatzeinigung erzielt, doch diese steht noch unter Vorbehalt. Frühestens im Herbst dürfte die finale Zustimmung von Behörden und Gerichten folgen.
Kommt die Einigung wie geplant zustande, wäre Daimler sein größtes finanzielles Risiko los. Damit kämen die Stuttgarter wohl weit glimpflicher davon als Volkswagen. Das ist vor allem das Verdienst von Jungo Brüngger, heißt es in Daimler-Konzernkreisen. „Es gibt keine Bessere für den Job“, lobt ein hochrangiger Kollege.
Die kinderlose Eidgenössin gilt als pflichtbewusste Perfektionistin. Obwohl sie seit neun Jahren in Stuttgart arbeitet, hat sie noch nie einen Volksentscheid in ihrer Heimat ausgelassen, erzählen Weggefährten. Ihre Leidenschaft, das Klavierspielen, gab Jungo Brüngger irgendwann auf, als ihr die Zeit zum Üben fehlte. Sie ist einfach nicht der Typ für halbe Sachen.
Bei Daimler startete Jungo Brüngger 2001 als Leiterin des Bereichs Legal. 2016 stieg die ausgebildete Anwältin, die in Fribourg und Zürich studiert hat, in den Vorstand des Autobauers auf. Seither ist sie die oberste Risikomanagerin. Nichts fordert sie mehr als der Dieselskandal. Vom Aufsichtsrat hat die Managerin dazu einen klaren Auftrag erhalten: Sie soll einen Schlussstrich unter die Misere ziehen – so schnell, geräuschlos und kostengünstig wie möglich.
Zumindest Letzteres scheint ihr nun in den USA zu gelingen. 1,9 Milliarden Euro für Vergleiche sind zwar schmerzhaft, aber VW musste in den Staaten mehr als das Vierfache dessen an Schadensersatz zahlen. „Der Befreiungsschlag bei Daimler fällt im direkten Vergleich mit Volkswagen zunächst moderat aus“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Auf der anderen Seite sind 1,9 Milliarden Euro ein hoher Preis, wenn bisher behauptet wurde, man habe alles richtig gemacht.“
Tatsächlich kommt bei Mercedes niemandem ein Schuldeingeständnis über die Lippen. Während etwa das Kraftfahrt-Bundesamt in Hunderttausenden Dieselfahrzeugen mit Stern unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sieht, berufen sich die Schwaben gerne auf den Motorenschutz. „Daimler wird seine Technologie jedenfalls weiter auch vor Gericht verteidigen“, sagte Jungo Brüngger jüngst der „Neuen Zürcher Zeitung“.
Pragmatischer Kurs
Dabei setzt die Chefjuristin des Fahrzeugherstellers im Dieselskandal prinzipiell auf einen pragmatischen Kurs. Mit den US-Behörden kooperiert Daimler vollumfänglich. Anders als VW oder Fiat Chrysler blieb den Stuttgartern dadurch bislang die Zustellung einer sogenannten „Notice of Violation“ erspart, die den Beginn eines streitigen Rechtsverfahrens markiert.
Auch im Umgang mit Staatsanwälten verzichtet Daimler auf jegliche Scharmützel: Als Stuttgarter Strafverfolger im vergangenen Jahr den Konzern zu einer Geldbuße von 870 Millionen Euro verdonnerten, akzeptierte das Jungo Brüngger ohne Murren. Kein amtierender oder ehemaliger Vorstand von Daimler saß wegen des Abgasskandals bisher auf der Anklagebank.
So konziliant sich Daimler gegenüber der Justiz zeigt, so unerbittlich verteidigt der Autobauer seine Interessen gegenüber Kunden, die sich betrogen fühlen. Deutsche Gerichte werden mit Kundenklagen gegen Daimler überschwemmt. Von mehr als 3300 Fällen vor den Landgerichten wurden bislang aber nur etwa 130 Urteile gegen Daimler gefällt. Doch erste Entscheidungen vorm Bundesgerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof stehen noch aus.
Offen ist auch das Strafverfahren in den USA. Hier droht abermals eine hohe Geldbuße. Jungo Brüngger soll auch hier das Schlimmste verhindern.
Mehr: Zetsches teures Erbe: Daimler zahlt Milliarden im Dieselskandal.
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Dass das erst 3.300 Prozesse sein sollen, wundert mich etwas. Schließlich ist praktisch die ganze Modellpalette betroffen: https://rechtecheck.de/daimler-mercedes-benz-dieselskandal/#betroffen
Oh weh, Daimler AG
Die Not in der Autobranche ist groß und Daimler steckt mitten drin. Eine Herkuklesaufgabe fürwahr. Daimler schießt zurück.Es vergeht kein Tag, an dem der stolze Konzern seinen Aktionären, den Finanzmärkten und wohl sich selbst Hoffnung "injiziert", so dass sogar bei 90 Cent Mini-Dividende pro Aktie fast Freuden-Tränen fließen.
Daimler's Medien-Experten haben es wohl satt, dass ihr Konzern als "Veraltet, lahm und
inzestuös" bezeichnet wird und ihm die Bedeutungslosikeit -keine Führungsrolle mehr-
prophezeit wird. Geführt nach Aktiengesetz vom Vorstand, überwacht vom Aufsichtsrat,
kämpfen Ola Källenius (CEO) und Harald Wilhelm (CFO), letzterer als Retter der Finanzen
und Sanierer der von Dieter Zetsche und Kollegen hinterlassenen finanziellen Schlag- löcher einen Kampf auf Biegen und Brechen, letztlich um das Fortbestehen ihres Konzerns. Aber Freunde des Sterns, zuviel ist zuviel und jeden Tag neue Hoffnungsmeldungen könnten auch darauf hindeuten, dass "getroffene Hund bellen."
Nun hören Aktionäre und die Finanzmärkte, dass die Rechtsvorständin (so das Handelsblatt) Frau Renata Jungo Brügger kurz vor dem Abschluss des USA-Deals in Sachen Dieselskandal steht, der unter allen Vorbehalten Daimler rd. 2,2 Mrd.Euro kosten wird. Und natürlich: Erlangte Rechtssicherheit und das X.fache weniger an Geldabfluss
als VW zahlen müsste, wobei doch Daimler bisher behauptete, "alles richtig gemacht zu haben." Der zarte Hinweis -kein Schuldanerkenntnis- und Risikovorsorge in der Bilanz bereits berücksichtigt, der "Free Cash Flow" auf drei Jahre wohl belastend , soll mildern, obwohl man hier in Stuttgart erst 870 Millionen quasi als Ablass für die Daimler Unschuld zahlte.
Über 300.000 Mitarbeiter schauen mit Sorgen und Ängsten in die Zukunft. Ein Daimler Video dieser Tage, ein Clips des Vorstands, der die Meinung von Frau Prof.Dr.Marianne Reeb u.a. zum Inhalt hatte, dass Menschen in Zukunft nicht mehr vorrangig für Geld arbeiten, traf sie ins Herz.
KH