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Dieselskandal Staatsanwaltschaft klagt Ex-VW-Chef Winterkorn wegen Falschaussage an

Dem Ex-Manager droht im Dieselskandal ein weiterer Strafprozess. Winterkorn soll im Untersuchungsausschuss des Bundestags falsch ausgesagt haben.
09.06.2021 Update: 09.06.2021 - 14:41 Uhr Kommentieren
Der ehemalige VW-Chef hatte dort bestritten, vor September 2015 von den Dieselmanipulationen im VW-Konzern gewusst zu haben. Quelle: Reuters
Martin Winterkorn 2017 im Untersuchungsausschuss

Der ehemalige VW-Chef hatte dort bestritten, vor September 2015 von den Dieselmanipulationen im VW-Konzern gewusst zu haben.

(Foto: Reuters)

Düsseldorf Dem früheren VW-Vorstandschef Martin Winterkorn droht ein zweiter Strafprozess: Auch die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage gegen den 74-Jährigen erhoben, wie am Mittwoch bekannt wurde. Sie wirft Winterkorn uneidliche Falschaussage vor.

Winterkorn hatte am 19. Januar 2017 im Abgas-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags bestritten, vor September 2015 von den Dieselmanipulationen im VW-Konzern gewusst zu haben. Zunächst hatte die „Bild“-Zeitung über die Anklage berichtet.

Der Fall liegt nun beim Landgericht Berlin, das entscheiden muss, ob es die Anklage zulässt und es damit zum Prozess kommt. Es wäre der zweite Prozess gegen Winterkorn, der sich voraussichtlich ab September vor dem Landgericht Braunschweig verantworten muss.

„Es gibt bereits ein Braunschweiger Verfahren. Dort wird die Frage behandelt, wann Herr Winterkorn was wusste. Es macht überhaupt keinen Sinn, dazu nun ein gesondertes Verfahren aufzumachen. Das ist überflüssig und unfair“, sagte ein Sprecher Winterkorns dem Handelsblatt am Mittwoch. Man habe im Untersuchungsausschuss immer klargemacht, dass man sich zu Inhalten des in Braunschweig laufenden Strafverfahrens nicht äußern könne.

Zusammen mit vier weiteren Managern ist Winterkorn dort wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs im Zusammenhang mit den Abgas-Manipulationen an Millionen Autos angeklagt. Zuletzt musste der ursprünglich für Februar 2021 angesetzte Prozess bereits zweimal verschoben werden. Grund war die unsichere Corona-Lage, die Präsenztermine im Saal mit vielen Teilnehmern und dem erwarteten großen öffentlichen Interesse schwierig gemacht hätte.

Aus diesem Verfahren drohen Winterkorn weit härtere Konsequenzen als aus einem möglichen Prozess in Berlin. Sollte Winterkorn in Braunschweig verurteilt werden, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Der Strafrahmen für eine uneidliche Falschaussage bewegt sich zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

Winterkorn war kurz nach Bekanntwerden des Dieselskandals im September 2015 als Vorstandschef zurückgetreten, hatte aber betont, von den Manipulationen nichts gewusst zu haben. Dies wiederholte er auch vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags, vor dem er als Zeuge geladen war.

Grünen-Abgeordneter hat Winterkorn angezeigt

Aus dieser Befragung fällt ihm nun laut Informationen des Handelsblatts vor allem eine Aussage auf die Füße, die er kurz vor Ende seiner knapp zweistündigen Befragung tätigte. Auf die Frage, wann er das erste Mal von einem „Defeat Device“ erfahren habe, gab Winterkorn den September 2015 an. Als „Defeat Device“ wird jene Abschalteinrichtung bezeichnet, die dafür sorgt, dass die vorgeschriebene Abgasminderung auf dem Prüfstand funktionierte, im normalen Fahrbetrieb aber keine Rolle spielte.

Daran, dass dem tatsächlich so war, gibt es erhebliche Zweifel. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig etwa wirft Winterkorn vor, bereits ab Mai 2014 Kenntnis von den Manipulationen gehabt und diese nicht gestoppt zu haben.

Den Anstoß für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin soll laut Recherchen des Handelsblatts eine Anzeige des Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer gegeben haben. „Wir halten das nun eröffnete Verfahren für ein rein politisches Manöver. Es ist Wahlkampf“, sagte der Winterkorn-Sprecher dazu.

Dass es selbst bei einer Zulassung der Anklage tatsächlich zu einem Prozess kommen wird, erscheint ungewiss. Als wahrscheinlich gilt, dass auch in diesem Fall erst einmal der Ausgang des Verfahrens in Braunschweig abgewartet wird.

Winterkorn und drei weitere Ex-Topmanager zahlen wegen der Abgasaffäre auch Rekord-Entschädigungen an Volkswagen. Der Aufsichtsrat des Konzerns gab am Mittwoch bekannt, sich mit ihnen und den Versicherern auf eine Summe von rund 288 Millionen Euro geeinigt zu haben.

Winterkorn soll 11,2 Millionen Euro an VW zahlen

Der langjährige Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns soll persönlich 11,2 Millionen Euro Schadensersatz leisten. So tief musste bis dato kein anderer Manager in die Tasche greifen. Zum Vergleich: Der frühere Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer zahlte im Kirch-Fall 3,2 Millionen Euro, Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer nach dem Korruptionsskandal im Konzern fünf Millionen Euro.

Ex-Audi-Chef Rupert Stadler steuert jetzt 4,1 Millionen Euro bei. Von dem Konsortium der Managerhaftpflichtversicherer – führend sind hier Zurich und die Allianz – erhält der Autobauer 270 Millionen Euro. Das ist die mit Abstand höchste Summe, die sogenannte D&O-Versicherer in Deutschland je für Pflichtverletzungen von Managern gezahlt haben. Formell muss der Deal noch auf der bevorstehenden Hauptversammlung abgesegnet werden.

Volkswagen hat den Fall von der Kanzlei Gleiss Lutz umfassend prüfen lassen. „Es war die mit Abstand umfangreichste und aufwendigste Untersuchung in einem Unternehmen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte“, teilte der Konzern mit.

Das Ergebnis: Winterkorn und Stadler müssen sich die Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten vorwerfen lassen. Winterkorn habe es als damaliger Vorstandsvorsitzender ab dem 27. Juli 2015 unterlassen, über die Manipulation der Dieselmotoren unverzüglich und umfassend aufzuklären. Außerdem hätte Winterkorn laut VW-Aufsichtsrat dafür sorgen müssen, dass die Fragen der US-Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden.

Auch der frühere Audi-Chef Rupert Stadler habe seine Sorgfaltspflichten verletzt. Ihm wirft der Aufsichtsrat vor, die von Audi entwickelten Drei-Liter- und 4,2-Liter-Dieselmotoren nicht ausreichend auf eine unzulässige Softwarefunktion untersucht zu haben.

Der ehemalige Audi-Vorstand Stefan Knirsch steuert eine Million Euro bei, der frühere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz 1,5 Millionen Euro. Lediglich Ex-Audi-Vorstand Ulrich Hackenberg sei nicht zu einer Einigung bereit gewesen. Laut Insidern soll er maximal zu einer symbolischen Zahlung bereit gewesen sein. Gegen ihn bereitet Volkswagen rechtliche Schritte vor.

Mehr: Vergleich zum Schadensersatz von Managern im VW-Dieselskandal steht, Aufsichtsratschef Pötsch verlängert.

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